Der Sohn des Verräters - 21
ist, denn der Ärger mit der Föderation reicht uns fürs Erste. Ich vermute, der Geheimdienst der Föderation hat versucht, diese Söhne zu infiltrieren, und dann beschlossen, dass er mit dem Fahrenden Volk doch besser dran ist. Aber wer weiß – ich könnte mir hundert Möglichkeiten denken.
Ich auch – und ich bin sehr erleichtert, dass alles nur Unsinn ist, Onkel Ian.
Es ist nicht alles Unsinn, Tomas. Es gibt tatsächlich ein Komplott, ein sehr gefährliches, auch wenn die Leute, die es schmieden, nicht besonders fähig sind. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir zufällig daraufgestoßen sind – dass du ein unartiger Junge warst, der einen klugen Kopf auf den Schultern trägt –, bevor es zu einem Massaker kam. Selbst wenn die Söhne Darkovers und das Fahrende Volk ausgeschaltet sind, bleibt noch die Föderation. Wieso habe ich mir meine Rückkehr nach Darkover eigentlich immer angenehm und friedlich vorgestellt?
Ja, ich weiß. Was sollen wir wegen Vancof unternehmen?
Da er anscheinend verschwunden ist, wüsste ich nicht, was wir tun könnten, es sei denn, dir fällt eine Möglichkeit ein, seinen Aufenthaltsort herauszufinden.
„ Sag, Istvan, glaubst du, diese Söhne stellen eine echte Bedrohung für den Comyn dar?“ „Das kann ich nicht sagen, Dom, aber nach allem, was ich von meinem Bruder weiß, reden sie mehr, als dass sie handeln.“ „Könntest du dir vorstellen, dass sie den Tod von Regis Hastur möglicherweise als Vorwand benutzen, um einen Aufstand anzuzetteln?“ Istvan sah entsetzt aus. „Nein, aber ich kann mich irren.“ Warum ist das wichtig, Onkel Ian?
Es ist nur so eine Idee und wahrscheinlich keine sehr brauchbare. Falls die Föderation versucht, mit Hilfe der Söhne oder des Fahrenden Volks Darkover zu destabilisieren, dann wäre es gut möglich, dass sie eine Lage herbeiführen, die den Einsatz von Gewalt bei uns rechtfertigt. Sie müssten niemanden ermorden, sondern nur behaupten, sie würden den Frieden aufrechterhalten. Durchaus denkbar, dass sie so etwas schon länger vorhaben, aber nach der Auflösung der Legislative und dem geplanten Abzug in ein paar Wochen müssten sie sich beeilen. Unter solchen Umständen würden sie im Normalfall einfach den Ausnahmezustand erklären und offen Gewalt anwenden. Hast du irgendwelche Anzeichen für eine solche Möglichkeit bei unserem Gefangenen wahrgenommen?
Er hat ein wenig über die Kennworte nachgedacht, und ich hatte den Eindruck, es gibt außerdem gewisse Handzeichen.
Vancof kannte genügend von ihnen, um Mathias davon zu überzeugen, dass er zu ihrer Bruderschaft gehört. Aber wie Mathias mit einer anderen Gruppe Kontakt aufnehmen will, weiß ich nicht. Ich meine, sich auf den Marktplatz zu stellen und den kleinen Finger ins Ohr zu stecken, bis jemand daherkommt, der sich an der Nase kratzt, scheint mir keine sehr vernünftige Methode zu sein. Ich glaube, seine Hoffnung, mit ihnen Kontakt aufnehmen zu können, ist nicht mehr als der Wunsch eines Verzweifelten. Und selbst wenn er es schafft, wie sollten sie ihn retten, wenn sie der lächerliche Haufen sind, als den Istvan sie hinstellt?
Unterschätze nie deine Gegner, Tomas. Wenn ich eine Geheimgesellschaft leiten würde, ich würde dafür sorgen, dass sich niemand von ihr bedroht fühlt, bis die Zeit reif ist. Ich würde sie so schwach und lächerlich aussehen lassen, dass ihr niemand auch nur die geringste Beachtung schenkt.
Großvater hatte Recht – er sagte, er sei froh, dass du auf unserer Seite bist und nicht auf der unserer Gegner. Ich erzähle Lew, was wir gerade herausgefunden haben, er kann dann alles Nötige veranlassen. Domenic zögerte benommen.
Glaubst du, dein Vater ist in die Sache verwickelt?
Ich weiß es nicht, aber Geheimgesellschaften sind eigentlich nicht sein Stil – dafür ist er zu ungeduldig. Außerdem, wenn sie tatsächlich den Comyn stürzen wollen, dann wären sie kaum die richtigen Verbündeten für ihn, denn sein Ziel ist es ja, den Comyn zu führen und Darkover nach seiner Fasson zu regieren, nicht nach der einer Bande revolutionärer Grünschnäbel.
Istvan hielt sie größtenteils für Händler … Den Eindruck hatte ich jedenfalls bei seiner Erzählung.
Ha! Mein alter Herr im Bund mit Kaufleuten und Webern!
Das glaube ich nicht. Dafür ist er zu stolz.
Eine plötzliche Müdigkeit ergriff Domenic, seine Knie zitterten. Er holte tief Luft und machte sich auf den Weg zur Treppe. Als er den Treppenabsatz erreicht hatte, hörte er die
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