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Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Titel: Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Und es war auch egal, dass sie das dritte Foto eines Tages in einer Schublade entdeckte, offenbar hatte es Robert nie verschickt. Sie war da, und er war da, und das war alles, was zählte. Außerdem wurde kurz darauf Michael Francis geboren, und er war das schönste Baby auf der Welt und kerngesund und außerdem so lieb, er schrie fast gar nicht, sondern konnte stundenlang auf der Decke in der Küche sitzen und war mit allem zufrieden. Und sie, Gretta, fuhr ihn stolz in dem quietschenden Kinderwagen in Highbury spazieren, und irgendwie wurde von da an über das Thema nicht mehr gesprochen, außerdem war schon das zweite unterwegs, und Robert bekam eine Stelle bei einer größeren Bank und hatte viel zu tun, war aber nicht unglücklich darüber. Insgesamt ging es ihnen gut, fast zu gut, um wahr zu sein.
    »Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade …« Gretta war wieder am Anfang des Rosenkranzes, dieser endlosen Wiederkehr der Wörter, und hielt die Hand des Bruders ihres Mannes. »Der Herr ist mit dir.«
    Derweil steht Claire immer noch über ihm, und einmal mehr darf er sich ihre Füße ansehen, diesmal nur mit Sand.
    »Natürlich habe ich nicht mit einem anderen geschlafen, wo denkst du hin?«, sagt sie von oben. »Was für eine alberne Idee? Und mit wem eigentlich?«
    »Ich weiß nicht. Mit jemandem von deinen Mitstudenten oder …«
    »Mit jemandem von meinen Mitstudenten?« Die Füße drehen sich auf der Stelle, gehen ein paar Schritte, bleiben stehen. »Das glaubst du wirklich? Aber das sind meine Freunde, Michael. Das sind die interessantesten Leute seit … ach, ich weiß auch nicht.« Sie entfernt sich noch ein Stück, ehe sie wieder zurückkehrt. »Ehrlich, dazu fällt mir nichts ein.« Sie klingt eher verwirrt als verärgert.
    »Tut mir leid«, murmelt er. »Tut mir leid. Du bist die meiste Zeit weg, und ich weiß nicht einmal, wo. Und immer ist irgendetwas, aber ich erfahre nie, worum es geht. Da kann einem schon der Gedanke kommen, dass du … ich weiß auch nicht …«
    »Dass ich was?«, sagt Claire und steht erneut über ihm.
    Er antwortet nicht, aber sein Herz rast.
    »Dass ich was?«
    Er kann ihr nicht ins Gesicht sehen, denn er will den Geist von Gina Mayhew nicht beschwören, der sich selbst hier am Strand zwischen sie drängen würde. Das kann er nicht zulassen. Nicht hier, nicht jetzt.
    »Dass du dich rächen willst«, sagt er endlich.
    Er ist sicher, ihr Geist ist irgendwo in der Nähe, in ihrem Hosenrock und den bequemen Sandalen.
    Claire bleibt merkwürdig still. Ihm fällt auf, dass sie zum ersten Mal seit Frankreich das Problem (Gina) beim Namen nennen. Denn nachdem sie am Abend seiner Rückkehr die Kinder ins Bett gebracht hatte, fragte sie nur: Wo warst du, als ich anrief? Und da er darauf keine Antwort hatte, wurde die Frage wieder gestellt. Und wieder und wieder, die ganze Nacht lang bis zum Morgengrauen und in den nächsten Tag hinein. Bis diese Frage ihr ganzes gemeinsames Leben verdüstert hatte. Und es nutzte überhaupt nichts, dass er dabei die Hände vors Gesicht schlug und sie, die Vertreterin der An klage, nicht ansehen konnte.
    »Weißt du, was ich dir an dem Abend am liebsten gesagt hätte?«, fragt Claire, und abermals klingt sie erstaunlich ruhig. »Dass du von mir aus abhauen kannst.«
    Er blickt auf. »Aber wohin?«
    Doch sie bleibt ungerührt. Der auffrischende Wind zerrt an ihnen, und von fern dringen die spitzen Schreie ihrer Kinder zu ihnen. Erst in diesem Moment merkt er, dass die wahre Gefahr nicht mehr von Gina Mayhew ausgeht, sondern dass das Ende ihrer Ehe selber konkrete Gestalt annimmt, dass es plötzlich vor ihnen steht wie ein ungebetener Dritter.
    »Du meinst …«, sagt er und bricht ab. Er kann nicht fassen, dass es tatsächlich so weit ist, dass es dazu kommen konnte. Er hat das Ende so lange kommen sehen, dass es ihn sprachlos macht, dass es ausgerechnet hier an der Mannin Bay Realität wird. Abgesehen davon kann ihn aber nichts mehr überraschen, denn die Rollen sind vergeben, der Text seit Langem bekannt. »Du meinst, ich soll gehen?«
    »Ja. Aber wenn’s geht, sollten wir uns wie zivilisierte Menschen verhalten, wäre das möglich? Denn dann kriegen wir auch das hin, ohne Streit. Und die Kinder kannst du sehen, wann du willst. Ich bin nur so müde. Ich bin müde, mich ständig um dich zu bemühen. Ich will mich nicht permanent fragen, welche Art Mensch du denn gern an deiner Seite hättest. Ich will mich nicht dauernd schuldig fühlen oder um

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