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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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geworfen. Ich sah mich schon, wie ich ihn meiner Freundin Taylor vorführte. Ach, den? Den hat Conrad Fisher für mich gewonnen.
    Mit zwei Bissen hatte ich den Rest meines Apfels verschlungen. »Okay«, sagte ich und wischte mir mit dem Handrücken über den Mund. »Gehen wir.«
    Conrad steuerte mit großen Schritten auf die Wurfbude zu, und ich musste direkt rennen, um hinterherzukommen. Wie immer war er ziemlich schweigsam, dafür redete ich umso mehr. »Wenn wir wieder zu Hause sind, kriegen wir vielleicht endlich Kabelfernsehen. Steven und mein Dad und ich haben schon seit Ewigkeiten versucht, Mom zu überreden. Angeblich ist sie ja total gegen Fernsehen, aber seit wir hier sind, glotzt sie die ganze Zeit Filme auf A&E TV. Echt scheinheilig.« Meine Stimme wurde immer leiser, als ich merkte, dass Conrad mir überhaupt nicht zuhörte. Er beobachtete das Mädchen in der Wurfbude.
    Ich schätzte sie auf vierzehn oder fünfzehn. Das Erste, was mir an ihr auffiel, waren ihre Shorts. Sie waren kanariengelb und richtig, richtig knapp. Genau die Art Shorts, weswegen die Jungs sich erst vor zwei Tagen über mich lustig gemacht hatten. Ich hatte sie zusammen mit Susannah gekauft und fand sie so toll, aber dann hatten die Jungs mich deswegen ausgelacht. An diesem Mädchen sahen sie sehr viel besser aus.
    Ihre Beine waren dünn und sommersprossig, und die Arme genauso. Alles an ihr war dünn, selbst die Lippen. Ihr welliges langes Haar war rot, aber ganz hell, fast pfirsichfarben. Ich glaube, sie hatte das tollste Haar, das ich je gesehen hatte. Sie trug es seitlich gescheitelt, und weil es so lang war, warf sie jedes Mal den Kopf nach hinten, wenn sie Ringe ausgab.
    Ihretwegen war Conrad also an den Strand gekommen. Mich hatte er nur mitgenommen, weil er nicht allein gehen wollte, und Steven und Jeremiah hätten ihn bloß aufgezogen. Das war’s. Das war der ganze Grund. Ich sah es an den Blicken, mit denen er sie ansah, daran, wie ihm fast die Luft wegblieb.
    »Kennst du sie?«, fragte ich.
    Er sah mich überrascht an, so als hätte er ganz vergessen, dass ich da war. »Das Mädchen? Nein, nicht wirklich.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. »Ja und, willst du?«
    »Will ich was?« Conrad war verwirrt, und das ärgerte mich.
    »Willst du sie kennenlernen?«, fragte ich ungeduldig.
    »Schon.«
    Ich packte ihn am Ärmel und zog ihn direkt an den Stand. Das Mädchen lächelte uns an, und ich lächelte zurück, allerdings war es ein aufgesetztes Lächeln. Ich spielte Theater. »Wie viele Ringe?«, fragte sie. Sie trug eine Zahnspange, aber an ihr sah sogar das interessant aus, eher nach Piercing als nach Kieferorthopädie.
    »Wir nehmen drei«, sagte ich. »Coole Shorts!«
    »Danke«, sagte sie.
    Conrad räusperte sich. »Ja, sehen gut aus.«
    »Als ich genau die gleichen vor zwei Tagen anhatte, fandest du sie doch noch zu kurz, oder?« Ich sah wieder das Mädchen an. »Conrad ist so übertrieben fürsorglich. Hast du einen großen Bruder?«
    Sie lachte. »Nein.« Dann fragte sie Conrad: »Findest du sie zu kurz?«
    Er lief rot an. Solange ich ihn kannte, war das noch nie passiert. Und vermutlich war dieses erste auch das letzte Mal. Ich blickte auffällig auf die Uhr und sagte: »Con, ich will noch schnell eine Runde Riesenrad fahren, bevor wir gehen müssen. Sieh zu, dass du was für mich gewinnst, okay?«
    Conrad nickte kurz, und ich sagte dem Mädchen Tschüss und ging mit großen Schritten in Richtung Riesenrad. Sie mussten nicht sehen, dass ich weinte.
    Das Mädchen hieß Angie, wie ich später herausfand. Conrad brachte mir tatsächlich den Eisbären mit dem Schal und der Drahtbrille mit. Es sei ihr bester Preis, habe Angie gesagt. Und er selbst habe auch gemeint, er könnte mir gefallen. Ich hätte lieber die Giraffe gehabt, antwortete ich. »Aber trotzdem danke.« Ich nannte den Bären Junior Mint und ließ ihn da, wo er hingehörte, im Sommerhaus.

3
    Als ich ausgepackt hatte, ging ich runter zum Pool. Ich wusste, dass ich die Jungs da finden würde. Sie lümmelten sich in den Liegestühlen, die dreckigen nackten Füße ließen sie seitlich runterbaumeln. Sobald Jeremiah mich sah, sprang er auf. »Meine Daaamen und Herrren«, begann er theatralisch und verbeugte sich wie ein Zirkusdirektor. »Der große Moment ist gekommen für … den ersten Bauchklatscher der Saison.«
    Angespannt bewegte ich mich zentimeterweise rückwärts. Eine schnelle Bewegung, und es wäre vorbei – dann würden sie mich jagen. »Kommt nicht

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