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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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gehe schneller. So wie ich ihn kenne, wird er garantiert versuchen, mich von meinem Vorhaben abzuhalten und eventuell sogar einen Streit vom Zaun brechen, doch weit gefehlt: Er holt mich ein, hält Schritt und sagt kein Wort.
    Gemeinsam streifen wir durch diesen steinernen Irrgarten. Manche Mauern sind hoch genug, um sich dahinter zu verstecken. Je näher wir dem Turm kommen, desto besser erhalten und dicker sind die Wände. Bald stoßen wir auf eingebaute Tische, Bänke, Feuerstellen und können uns ein Bild davon machen, wie die Menschen früher hier gelebt haben.
    Ich zwänge mich durch den schmalen Turmeingang. In dem Rundbau ist es angenehm kühl. Seit Jahrhunderten hat kein Sonnenlicht diese Steine gewärmt. Ich bleibe stehen und warte, bis Mac aufschließt. Ein Stück weiter vorn bemerke ich am Boden eine helle Stelle, dahinter wieder Schatten und in der Ferne ein bernsteinfarbenes Licht.
    «Komm.» Ich greife nach Macs Hand und führe ihn durch einen engen Tunnel. Wir gelangen in einen kreisrunden Raum mit massiven Steinwänden und einer Öffnung in der hohen Decke, durch die Luft und Licht dringen. Unfassbar, dass diese Anlage von Menschenhand gebaut wurde.
    «Lass uns weitergehen», drängt mich Mac auf einmal. Wir begeben uns in den nächsten Tunnel, der so eng ist, dass mir die Ohren zufallen und ich leicht klaustrophobisch werde. Tunnel folgt auf Tunnel, Raum auf Raum. Hie und da gibt es ein Fenster, eine Öffnung in der Decke, eine Nische, aber keinen Ort, wo sich vier Menschen verstecken könnten.
    Schließlich landen wir in einem Innenhof im Herzen der Nuraghe, der früher wahrscheinlich als Versammlungsstätte fungiert hat. In der Mitte umrandet eine kleine Steinmauer ein tiefes Loch, das mit einem schweren, verrosteten Gitter abgedeckt ist.
    «Das muss der Brunnen sein.» Mac stellt sich neben mich und späht in die Tiefe. «Die Wasserversorgung hatte damals sicherlich oberste Priorität.» Er zieht an dem mit Schrauben befestigten Gitter und ruft: «Hallo?» Seine Stimme schallt durch den Schacht, wird von den Brunnenwänden zurückgeworfen, verhallt dann in der Tiefe.
    «Diese Festung ist nur ein Labyrinth mit zig leeren Steinkammern», beklage ich. «Sie sind hier nicht. Du hattest recht.»
     
    Wir nehmen die Straße, die wir gekommen sind. Mac fährt vorsichtig und entwickelt langsam ein Gefühl, bei welcher Geschwindigkeit die Kupplung mitspielt. Mittlerweile nimmt er die Kurven mit mehr Zuversicht, aber ich bin zu deprimiert, um mich über diese positive Entwicklung freuen zu können.
    In der Nähe von Capitana habe ich wieder Empfang. Auf meinem Blackberry gehen gleich mehrere Mails ein. Aber keine Nachrichten von Giulia, Enzio Greco oder einem seiner Mitarbeiter.
    «Ich wüsste zu gern, was der Mann vom Carrefour-Schlüsseldienst gesagt hat.»
    Mac nickt. «Versuch, Greco anzurufen.»
    Die Empfangsdame redet ohne Punkt und Komma auf Italienisch auf mich ein. Zu dumm, dass ich kein Wort von dem verstehe, was sie da sagt. «Bitten Sie ihn, uns anzurufen. Karin Schaeffer, Mac MacLeary», sage ich, bevor sie auflegt.
    «Wir könnten mal bei Giulia vorbeifahren», schlägt Mac vor.
    Aus den Informationen der Rossis suche ich ihre Adresse heraus und gebe sie in das Navi ein.
    Die verschlafene Straße, in der Giulia wohnt, ist von weiß getünchten Häusern gesäumt. Überall blühen Bougainvilleen; schilfgedeckte Veranden spenden Schatten. Ein paar Kinder kommen uns auf Fahrrädern entgegen, bleiben stehen und starren uns neugierig an, als wir vorbeifahren.
    «Hausnummer  37 existiert nicht», sage ich und überprüfe noch einmal Giulias Adresse. «Nur 36 und 38 .» Gegenüber den Häusern mit den geraden Nummern liegt eine mehrere Hektar große Obstplantage. «Den Rossis muss da ein Fehler unterlaufen sein.»
    «Googel sie, Karin.» Macs leicht gereizter Tonfall deutet darauf hin, dass ihm irgendetwas unangenehm aufstößt. «Google ihren Namen.»
    Ich tippe auf das Browser-Icon, logge mich in ein nicht gesichertes Netzwerk ein, google Giulia Porcu und lande mehrere Treffer. Bedauerlicherweise wohnt keine der Frauen in Capitana oder überhaupt auf Sardinien. Wir fahren noch einmal die Straße in beide Richtungen ab. Keine Nummer  37 . Anschließend kontrollieren wir jeden einzelnen Briefkasten. Auf keinem der Schilder steht der Name Giulia Porcu.
    «Vielleicht gehört das Haus ihrem Mann oder ihrem Lebensgefährten?», gebe ich zu bedenken.
    «Oder ihrer Freundin», murrt Mac.

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