Der Sommer der Frauen
Entschuldigungsbrief zu schreiben, in dem genau das stehen musste, was Alexa ihr so hölzern geschrieben hatte.
Sie konnte es nicht erwarten, sie alle wiederzusehen. Inklusive Alexa D.
*****
Als Isabel am Freitagabend das Popcorn in Lollys Zimmer brachte, war ihre Tante in eines der Fotoalben vertieft, die June aus dem Keller geholt hatte. Es war ein altes Familienalbum mit Bildern von Lolly und ihrer Schwester Allie aus Kindertagen.
«Wie schön, diese Bilder zu sehen!», sagte Lolly lachend und deutete auf ein Foto von Isabels Mutter im Alter von höchstens zehn, wie sie heimlich zwei Finger hinter Lollys Kopf hochhält und dabei eine Grimasse schneidet.
Isabel lächelte. Sie bekam immer noch nicht genug von Fotos wie diesem, auf dem ihre ach so stoische Tante Lolly als freche Achtjährige die Zunge in die Kamera streckt. «June und ich haben uns die Alben auch angesehen. Was für wunderbare Sachen wir in diesen Koffern gefunden haben! Alte Briefe und winzige Andenken. Man würde nie glauben, dass solche Kleinigkeiten die Macht haben, derart lebendige Erinnerungen wachzurufen. Nur die Tagebücher habe ich immer noch nicht gefunden. Vielleicht sind sie ja doch irgendwo anders hingeraten.»
«Vielleicht», sagte Lolly, ohne zu zögern, und schlug die nächste Seite auf.
Isabel sah ihre Tante forschend an. «Sag mal, Tante Lolly, gibt es diese Tagebücher überhaupt?», fragte sie mit einem Lächeln.
«Ich war mir ganz, ganz sicher, aber vielleicht habe ich mich ja auch geirrt?» Lolly gähnte vernehmlich, ein Zeichen für Isabel, nicht allzu sehr nachzubohren.
Isabel setzte sich auf die Bettkante und nahm Lollys Hand. «Danke jedenfalls, dass du mich auf die Suche geschickt hast. Ich bin auf viele unerwartete Schätze gestoßen.»
Und dich habe ich völlig falsch eingeschätzt.
«Das dachte ich mir.»
«June haben die Koffer auch geholfen», flüsterte Isabel. «Wir haben ein paar Briefe gefunden, die Mom uns ins Ferienlager geschickt hat – das war für June genau die richtige Medizin. Und ein paar Kopien von Briefen, die du an unsere Lehrer geschrieben hast. Danke!»
Lolly lächelte und drückte ganz leicht Isabels Hand.
Dann kam June mit der DVD des Abends ins Zimmer –
Grüße aus Hollywood
, den bis jetzt noch keine von ihnen gesehen hatte, bis auf Lolly, aber das war auch schon eine ganze Weile her. Kat folgte ihrer Cousine dicht auf den Fersen, beladen mit vier Schoko-Cupcakes mit weißer Glasur. Es war ein Wunder, dass sie seit dem ersten Kinoabend nicht alle zehn Kilo zugenommen hatten. Lolly hatte im Gegenteil viel zu viel abgenommen.
«Ach, beinahe hätte ich’s vergessen», sagte Lolly. «Pearl und ich waren noch mal bei dem Brautausstatter, wo wir Kats Kleid entdeckt haben, und ich habe ein paar Fotos gemacht.» Sie kramte in ihrer Nachttischschublade nach der Kamera, drückte ein paar Knöpfe und reichte Isabel den Apparat.
«Wow, es ist wirklich wunderschön!», sagte Isabel und gab die Kamera an June weiter.
«O ja, zauberhaft!», stimmte June ihr zu.
Kat kam nicht mit dazu, um ihr eigenes Brautkleid zu bewundern, wie es für eine aufgeregte zukünftige Braut vielleicht normal gewesen wäre. Sie stimmte auch nicht ein in die Verzückung über die feine Perlenstickerei und den hübschen Ausschnitt. Sie sagte gar nichts. Sie lächelte nur höflich. Isabel legte den Fotoapparat zurück in die Schublade.
«Alle bereit?», fragte Kat, die Hand auf dem Lichtschalter. Sie hatte es offensichtlich eilig, das Thema zu wechseln. War sie sich vielleicht doch unsicher mit der Hochzeit? Gab es zwischen ihr und Oliver Probleme? Oder sorgte sie sich so sehr um ihre Mutter, dass es ihr schwerfiel, sich auf die Hochzeit zu konzentrieren? Vielleicht sollten sie und June heute Abend vor dem Schlafengehen noch mal versuchen, mit Kat zu reden, dachte Isabel. Bis jetzt hatte Kat sämtliche Anläufe zu einem Gespräch abgeblockt und so getan, als wäre alles in Ordnung.
Lolly startete den Film. «Ich bin mir sicher, der wird euch allen gefallen. So wunderbare Schauspieler! Meryl und Shirley MacLaine. Und Dennis Quaid. Meine Güte, sieht der gut aus!»
Meryl spielt eine Schauspielerin mit ernsthaftem Drogenproblem. Nach erfolgter Entzugstherapie kehrt sie aus der Klinik zurück, und nun weigert sich die Versicherung der Produktionsfirma ihres neuen Films, Meryls Ausfall zu versichern, es sei denn, jemand übernimmt während der Dreharbeiten persönlich die Haftung für sie. Was bedeutet, dass Meryl
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