Der Sommer der Frauen
zurück zu ihrer egozentrischen Mutter ziehen muss, selbst ein berühmter ehemaliger Filmstar, mit der sie nur schwer zurechtkommt.
«Shirley MacLaine ist absolut unausstehlich – in dieser Rolle, meine ich», sagte Kat. «Ihre Tochter kommt gerade aus der Therapie zurück. Sie gibt sich wirklich Mühe, und Shirley MacLaine macht sie ständig nieder, redet nur von sich und versucht auch noch andauernd, ihre Tochter auszustechen.»
«O mein Gott, das ist doch nicht zu fassen! Hat sie eben wirklich gesagt, sie hätte vielleicht nicht mehr lange zu leben, weil sie Myome in der Gebärmutter hat?» June schüttelte lächelnd den Kopf. «Man kann gar nicht anders. Man muss sie einfach mögen, trotz ihrer Melodramatik.»
Lolly lachte mit. Nur Kat machte ein ernstes Gesicht. Vor allem, als Shirley Meryl sagt, sie möchte, dass Meryl sich darauf gefasst macht, dass sie vielleicht bald sterben wird.
«Geht das jetzt ständig so weiter?», fragte Kat. «Ich glaube nicht, dass ich das aushalte. Ja, ich weiß, es soll witzig sein, aber –»
Lolly pickte an ihrem Cupcake herum. «Weißt du, was ich an diesem Film so liebe, Kat? Dass zwischen Meryl und Shirley am Anfang wirklich Welten liegen – in jeder Hinsicht. Aber dann finden sie langsam zueinander zurück. Man muss mit dem Negativen beginnen, um irgendwann zum Positiven zu gelangen. Aber es ist die Mühe wert, das darfst du mir glauben.»
Kat sah Lolly überrascht an. «Ich bin schon still!», sagte sie, schenkte ihrer Mutter ein warmes Lächeln und biss in ihren Cupcake.
Isabel musste furchtbar lachen, als Dennis Quaid, jung und umwerfend sexy, Meryl mit den Worten: «Ich glaube, ich liebe dich», seine Gefühle gesteht und sie ihm antwortet: «Und wann weißt du’s mit Sicherheit?»
«Ach du lieber Gott, hoffentlich fällt sie darauf nicht rein!», sagte Kat. «Dennis Quaid erzählt ihr, sie wäre die einzige echte Persönlichkeit in dieser Scheinwelt, sie sei seine Phantasie, die wahr werden muss? Glaubt ihr, das gibt’s? Dass Menschen Beziehungen mit jemandem aus ihrer Phantasie eingehen?»
«Am Anfang, vielleicht», sagte Lolly. «Aber die Phantasie ist relativ schnell dahin. Danach bleibt nur die Realität.»
Isabel fiel auf, dass Griffin für sie gleichzeitig Phantasie und Wirklichkeit war.
«Wow! Ist das nicht Annette Bening?», fragte June. «Unglaublich. Kein Wunder, dass eine so große Schauspielerin aus ihr wurde. Tja, Kat, da hast du deine Antwort. Dennis Quaid betrügt sie alle.»
Als der Film sich dem Ende näherte, musste Kat nach den Taschentüchern greifen. «Du hattest recht, Mom», sagte sie. «Ich finde es schön, wie Meryl und Shirley am Ende merken, was in ihrer Beziehung wirklich zählt – einander zu haben, füreinander da zu sein. Sie haben beide noch einen weiten Weg vor sich, trotzdem traut man ihnen am Ende zu, dass sie noch einmal von vorne anfangen können.»
«Ich wünschte, meine Mom und ich hätten auch die Chance dazu gehabt. Ich leide furchtbar darunter, dass ich so gemein zu ihr war», sagte Isabel. «Ich habe sie immer behandelt, als hätte sie mir nichts zu sagen, als hätte sie ständig nur versucht, mir in mein Leben reinzupfuschen. Ich wünschte, ich hätte öfter auf sie gehört.»
«Aber Mom hat sich von deiner Fassade nie täuschen lassen, Izzy. Das zeigen doch die Briefe, die wir gefunden haben, und das ist das Einzige, was zählt.»
«Du hast recht», sagte Isabel. «Das hat mir tatsächlich sehr geholfen. Zu wissen, dass sie meine dumme Anti-Haltung durchschaut hat. Aber wenn ich mehr auf sie gehört hätte, hätte ich mich vielleicht nie auf diesen albernen Pakt eingelassen. Ich wäre stärker gewesen, selbstbewusster, hätte mehr an mich geglaubt.»
«Was für ein Pakt?», wollte June wissen.
Isabel blickte in die Gesichter, die sie umgaben. Sie hatte nie jemandem von ihrem Pakt erzählt. Auf die Frage, ob sie und Edward planten, Kinder zu kriegen, eine Familie zu gründen, hatte sie immer nur mit den Schultern gezuckt.
«Edward und ich haben damals, als wir uns kennenlernten, einen Pakt geschlossen. Wir haben einander versprochen, keine Kinder in die Welt zu setzen, damit die niemals einen solchen Verlust erleiden müssten wie wir.»
«Oh, Isabel!», sagte Lolly.
«Irgendwann hat Edward mal zu mir gesagt, dass ich wahrscheinlich sowieso keine gute Mutter wäre. Es war schwer, ihm nicht zu glauben, auch wenn ich tief in mir immer das Gefühl hatte, dass ich eine gute Mutter sein würde. Wisst ihr, ich
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