Der Sommer der lachenden Kühe
Agronom und der Forstwirt betrachteten die Landschaft. Sie sah aus wie nach einem Krieg: Der Wald war verbrannt, die Felder verwüstet, die Gebäude lagen in Schutt und Asche. Alles war dem Erdboden gleichge macht worden. Im ehemaligen Wohnhaus stand kein Stein mehr auf dem anderen, somit gab es auch keinen Sitzplatz für die Herren Beamten.
»Gründlich ist er ja, dieser Mäkitalo«, äußerte Agro-nom Laaksonen mit einem anerkennenden Ton in der Stimme.
»Man muss direkt an Forstrat Osara denken, wenn man sich das hier ansieht«, lobte auch Forstwirt Huuskonen.
Die zweiköpfige Untersuchungskommission hatte für ihre Arbeit drei Tage eingeplant. Der erste Tag war be reits vorbei: Die Herren waren mit dem Dienstwagen nach Seinäjoki gefahren, wo sie ihre Spesen im Hotel Lakeuden Esi-Kartano ausgegeben hatten. Das Geld hätte kaum gereicht, wenn den Herren nicht eingefallen wäre, dass sie ihre anspruchsvolle Dienstreise eigentlich schon vor zwei Tagen angetreten hatten und ihnen dementsprechend mehr Spesen zustanden. Über die richtige Form der Spesenabrechnung hatten sie sich in der Bar des Hotels geeinigt. Dort hatten sie zwei bärtige Männer vom Balkan getroffen, mit denen sie über die europäische Integration und die Politik Jugoslawiens und Albaniens diskutiert hatten. In derselben Bar hatte auch ein durchgeknallter Vermessungsrat mit Leibwäch ter herumkrakeelt. Seltsame Leute gab es in dieser Gegend.
Forstwirt Tapio Huuskonen holte aus den Tiefen sei nes Aktenkoffers eine Flasche heraus, die an ein Stück Balken erinnerte: Es handelte sich um Ballantines-Whisky. Bevor sich die Herren an die Arbeit machten, öffneten sie die Flasche und genehmigten sich jeder einen tüchtigen Schluck, auf ihr Spezielles, wie sie es formulierten.
Als sie den Whisky intus hatten, hielten sie zunächst fest, dass dies eine offizielle Untersuchung sei, und zwar auf der Grundlage des Gesetzes von 1921, in dem die Beschädigung von Nationaleigentum untersagt wurde, der Verordnung von 1922 mit einem entsprechenden Passus über das vorsätzliche Niederbrennen von Scheu nen, Darren, Viehställen und damit vergleichbaren landwirtschaftlichen Gebäuden sowie einzelner Zusatz bestimmungen von 1931, das Sprengen von Erdkellern und Brunnen betreffend. Der Kommissar von Lestijärvi hatte ihnen die entsprechenden Gesetzesauszüge vorab zugeschickt.
Bevor sie sich an die eigentliche Untersuchung mach-ten, gab Forstwirt Huuskonen zu bedenken, dass diese Gesetze eigentlich weder auf Waldgebiete noch auf Brandrodung oder Tiefpflügen zutrafen. Agronom Laak sonen sagte, er sei seinerseits zu der Erkenntnis ge langt, dass das Verbot, landwirtschaftliche Gebäude zu zerstören, den Besitzer nicht verpflichtete, von der Zer störung Abstand zu nehmen, wenn diese volkswirt schaftlich vernünftig war und durch sie die Gesamt menge der staatlichen Subventionen für die Landwirt schaft entsprechend verringert werden konnte.
Nach diesen ersten Schlussfolgerungen schickten sich die Experten an, den zerstörten Bauernhof mithilfe der Flurkarten in Augenschein zu nehmen.
Überall stießen sie auf die Spuren unbeschreiblicher Verwüstung. Es schien undenkbar, dass auf dem Ge lände noch irgendetwas von Wert zu finden sei, aber ein finnischer besserer Herr hat einen scharfen Blick. Forstwirt Huuskonen entdeckte in den Trümmern der Maschinenhalle nämlich einige Metallteile von alten Arbeitsgeräten: die Schneide eines Beils, ein vom Dorf schmied angefertigtes Schloss, ein Locheisen, eine Schmiedezange und den Zylinder einer Glühzündma schine. Huuskonen klopfte die Asche von den Gegens tänden und sagte erfreut, er wolle sie mit nach Hause nehmen. Es sei sein Hobby, alte bäuerliche Gerätschaf ten zu sammeln. Locheisen besitze er zwar schon meh rere, doch diesen neuesten Fund könnte er zum Beispiel für einen guten Preis an ein Antiquitätengeschäft ver kaufen.
Nach einigen Stunden fleißiger Untersuchung kehrten die Herren zu der zerstörten Brücke zurück, wateten ans andere Ufer des Baches und setzten sich in ihr Auto, um ein vorläufiges Protokoll über den Stand der Dinge anzu fertigen.
Als Anhang zum Protokoll diente die Flurkarte des Neusiedlerhofes. Forstwirt Huuskonen notierte die fest gestellten Waldschäden. Agronom Laaksonen wiederum listete die Zerstörungen auf den Feldern und an den Gebäuden auf.
Laaksonen formulierte, dass aus seiner Sicht der Neusiedlerhof Mäkitalo hundertprozentig
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