Der Sommer der Lady Jane (German Edition)
einer störrischen rotgoldenen Locke, die er ihr hinter das Ohr zurückschob. »Anstatt immer nur anders herum.«
Aber Victoria hörte schon gar nicht mehr zu. Denn plötzlich war ihr glasklar bewusst geworden, wie nah Andrew neben ihr saß. Und wie dunkel seine Augen waren, obwohl auch in ihnen diese goldenen Flecken zu sehen waren, die mit dem Licht zu tanzen schienen. Wann hatte sie sie das erste Mal bemerkt? Wann hatte sie aufgehört, gleichmäßig zu atmen?
»Victoria«, sagte Andrew leise. Seine Stimme klang werbend. »Ich habe lange … Ich will sagen, dass ich …«
Noch bevor Andrew seinen Satz zu Ende bringen … oder Victoria erraten konnte, was er wohl sagen wollte, erklangen Schritte im Foyer.
»Hallo?«, rief eine männliche Stimme. »Die Tür steht weit offen, ich möchte nicht …«
Und schon stand Jason Cummings, der Marquis of Vessey, in der Tür zum Salon.
»Miss Victoria, was für ein Glück!« Er verbeugte sich flüchtig und betrat das Zimmer. »Guten Tag, Doktor.« Er streckte Andrew zur Begrüßung die Hand entgegen.
Aus Gewohnheit wollte Victoria aufspringen, um Jason mit dem erforderlichen Knicks zu begrüßen, wurde aber von Andrews Hand auf ihrer Schulter daran gehindert.
»Sie werden Miss Victoria verzeihen, dass sie nicht aufsteht«, sagte Dr. Berridge steif, während er sich erhob und Jasons Hand ergriff. »Sie hat sich böse den Knöchel verletzt.«
»Böse?«, fragte Jason.
»Böse?«, fragte Victoria zur selben Zeit. »Aber gerade sagten Sie noch, ich hätte mir den Knöchel nur leicht verdreht.«
Die Wangen des Doktors röteten sich zwar ein wenig, aber er widersprach ihr nicht.
»Oh, dann bin ich wirklich sehr erleichtert, Miss Victoria«, sagte Jason, als Victoria ihm mit einer Handbewegung Platz anbot. Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber, während der Arzt sich wieder neben ihr auf dem Sofa niederließ. Jason schaute sich zwar im Zimmer um, schien das Durcheinander aber gar nicht zu bemerken. »Darf ich fragen, ob Ihre Eltern zu Hause sind?«
»Sie sind leider nicht anwesend«, antwortete Victoria. »Mein Vater hat eine geschäftliche Verabredung, und meine Mutter und meine Schwester sind einkaufen.«
»Nun, das spielt eigentlich auch gar keine Rolle«, sagte Jason lächelnd. Dieses unglaublich charmante Lächeln. »Ich bin ohnehin hergekommen, um mit Ihnen zu sprechen.«
In Victorias Magen rumorte es. »Mit mir?«, quiekte sie. Nicht mit Penelope?, hätte sie am liebsten entzückt ausgerufen, konnte sich aber zum Glück beherrschen.
»Ja. Ich fürchte, ich muss Sie um einen schrecklich großen Gefallen bitten. Und Gott sei Dank ist Ihr Fuß nur leicht verletzt, wie Sie sagen. Andernfalls hätte ich ein sehr schlechtes Gewissen, mich Ihnen aufzudrängen.«
»Oh, Sie müssen ganz und gar kein schlechtes Gewissen haben!«, rief Victoria mit geröteten Wangen. »Ich … ich würde mich freuen, Ihnen in jeder Hinsicht helfen zu können!«
Jasons Lächeln kehrte zurück. »Ich komme als Bote meiner Schwester. Sie hat beschlossen, einen Ball zu geben …«
»Oh, das ist ja wundervoll!«, rief Victoria, »Andr… äh, Dr. Berridge, stellen Sie sich doch nur vor, ich habe noch nie einen großen Ball besucht!« Verunsichert verzog sie das Gesicht. »Daher kann ich wohl nicht von Nutzen sein.«
»Doch, das können Sie!«, versicherte Jason ihr. »Jane braucht jemanden, der sie unterstützt, und sie hat sofort an Sie gedacht. Sie kennen alle Leute in der Gegend, die eingeladen werden müssen, alle Läden, in denen wir einkaufen können … ich bin überzeugt, dass es jede Menge Einzelheiten gibt, die bei der Planung eines Balls berücksichtigt werden müssen. Aber ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte. Es ist wohl immer das Beste, wenn wir Männer einfach nur hingehen, nicht wahr, Berridge?«
»Mag sein«, stieß Dr. Berridge zwischen zusammengebissenen Zähnen aus.
»Auf jeden Fall müssten Sie einen großen Teil Ihrer Zeit im Cottage verbringen. Mehr oder weniger jede Minute, und das mit meiner Schwester, bis der Ball stattfindet.«
»Mit Lady Jane«, wiederholte Victoria dumpf, »und … und Sie?«
Er zuckte die Schultern. »Natürlich halte ich mich auch im Haus auf. Aber ich fürchte, dass ich wohl doch zu viel von Ihnen verlange …« Er ließ die Worte verklingen. Besorgnis huschte über sein Gesicht.
»Aber nein!«, rief Victoria. Aufregung schoss ihr wie ein Blitz durch den Körper. »Es wäre mir eine Ehre, wenn ich helfen dürfte.«
»Aber
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