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Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

Titel: Der Sommer der Lady Jane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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musste eine Ewigkeit zurückliegen, dass Jane bei ihnen gewesen war oder eine Einladung ins Cottage ausgesprochen hatte …
    Hin und wieder schaute Dr. Berridge vorbei, um ihren Vater zu besuchen. Mit ihr sprach er kaum noch, was sie sich nicht erklären konnte. Sie wusste nicht, was sie getan haben könnte. Er kontrollierte Joshuas Fortschritte und verschwand wieder. Vielleicht hatte er eine junge Lady gefunden, der er den Hof machen konnte; das wäre entsetzlich , denn ihr wollte einfach nicht einfallen, wer in Reston in entsprechendem Alter war, weshalb er also nach Windermere oder Ambleside gefahren sein musste … und wann würde sie ihn dann wiedersehen?
    Oh nein. Was, wenn er Sylvia Prescott aus Derwett den Hof machte, einer Witwe, die mindestens schon dreißig Jahre alt sein musste? Mit Sylvia hatte Victoria so gar nichts gemein, und niemals würde sie in der Lage sein, sich mit ihr zu unterhalten. Aber wenn sie sich nicht mit der Frau unterhalten konnte, die Andrew heiraten würde, wie um alles in der Welt sollte sie dann seine Freundin bleiben?
    Und all dieses Elend konzentrierte sich jetzt unglücklicherweise auf die Plünderer des Nähkästchens.
    »Es reicht!«, schrie Victoria. »Raus jetzt! Raus aus dem Haus, und zwar sofort!«
    »Aber … Vicky«, stammelte Joshua, während er von seinem Bruder zur Tür gezogen wurde, die in den Garten führte. Wenigstens einer der beiden schien zu wissen, dass das, was sie getan hatten, nicht in Ordnung war.
    »Raus, raus, raus!«, kreischte sie und scheuchte sie in den Garten. Kaum waren die Jungen draußen, atmete Victoria tief durch und ließ sich von der Stille einhüllen.
    Friede wollte sich trotzdem nicht einstellen, weil sie ihren Temperamentsausbruch bereits bedauerte. Ihr Blick fiel auf das Durcheinander im Salon. Um Himmels willen, dachte sie, es sind doch nur zwei kleine Jungen, die angeln wollen. Sie sollte nach oben gehen, sich hinlegen und darüber nachdenken, wie sie sich bei Michael und Joshua entschuldigen könnte. Ja, ich brauche einfach nur einen Moment Ruhe , dachte sie, als sie durch das Zimmer ging, und ihre Ruhe würde sie bekommen, wenn sie …
    Leider war es Victoria nicht vergönnt, den Gedanken zu Ende zu denken. Denn genau in diesem Moment trat sie auf eine Garnrolle. Überrascht schrie sie auf, rutschte aus, landete flach auf dem Rücken und riss den Tisch mit sich, an dem sie sich hatte festhalten wollen.
    »Autsch«, stöhnte Victoria, die lang hingestreckt am Boden lag.
    »Das kann man wohl sagen«, ertönte eine raue Stimme in der Tür. »Was um alles in der Welt ist denn hier geschehen? Miss Victoria?«
    »Dr. Berridge«, seufzte Victoria, als der Arzt sich über sie beugte.
    »Victoria, ist alles in Ordnung?«, fragte er mit besorgter Miene. Sie spürte, wie seine Hand sich unter ihren Kopf schob und er ihn sanft auf Verletzungen abtastete.
    »Michael und Joshua … mein Nähkästchen … ich bin ausgerutscht … auf der Garnrolle.
    »Glücklicherweise sind Sie auf dem Teppich gelandet. Wo sind Bridget und Minnie?«
    »Bridget begleitet meine Mutter und die Mädchen beim Einkaufen. Minnie ist wohl im Garten«, gab Victoria zurück.
    »Es deutet nichts auf eine ernste Verletzung hin. Aber Sie werden wohl eine Beule bekommen.« Sein freundlich-höflicher Blick begegnete ihrem. »Können Sie aufstehen?«
    Sie nickte, und er half ihr hoch. Fürsorglich fasste er sie an den Armen und verlagerte den größten Teil ihres Gewichts auf sich, als er ihr half, stehen zu bleiben. Was ein Glück war, denn ihr Knöchel hatte beschlossen, seinen Dienst aufzukündigen.
    »Oh!« rief sie, als sie gegen ihn fiel.
    Sofort schlang er den Arm um sie. Es war schockierend für Victoria, wie warm seine Umarmung sich anfühlte. Er führte sie zum Sofa, trug sie fast, und zwar so mühelos, als wöge sie nicht mehr als ein Staubkörnchen.
    »Ihr Knöchel, nehme ich an?«, erkundigte er sich, während sie sich setzte. Er kniete sich vor sie und sah sie an. Victoria nickte und versuchte, nicht vor Schmerz zu weinen. Sein Gesicht wurde weich, als er sie gegen die Tränen kämpfen sah, und es schien, als wollte er etwas sagen. Doch dann senkte er rasch den Kopf und legte behutsam die Hand um ihren Fuß.
    »Darf ich?«, fragte er und zeigte auf ihren Stiefel. »Die Verletzung ist besser zu untersuchen, wenn ich Ihnen den Schuh …« Die Worte verklangen, während seine Wangen sich für jemanden, der täglich Patienten untersuchte, überraschend rot färbten.

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