Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

Titel: Der Sommer der Lady Jane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
Vom Netzwerk:
Jason sie hinterlassen hatte – für den Fall, dass ihn die Erleuchtung traf, wenn er an ihnen vorbeiging.
    Jane tat also sehr viele Dinge, nur nicht das, wonach sie sich am meisten sehnte: sich aus dem Haus zu flüchten, den Waldpfad am Seeufer entlangzulaufen und Byrne Worth zu besuchen.
    Was hätte sie ihm sagen sollen? Sie hatte keine Ahnung. Zwar hatte er das Leben eines Kindes gerettet, aber sie glaubte zu wissen, dass er von ihr keine Dankbezeugungen annehmen würde. Würde er sie zurückweisen, weil sie Zeugin seiner Schwäche gewesen war? Das war eine zusätzliche Belastung für ihre ohnehin schon niedergedrückte Stimmung.
    Aber vor jenem Morgen hatte es jenen Abend gegeben. Jenen Abend, als er sie unter dem Sternenhimmel geküsst hatte. Er hatte es einfach getan. Ohne Zögern. Ohne sich wie sie zu fragen, wie es ihre Freundschaft beeinflussen würde. Er hatte einfach seinen Mund auf ihren gepresst, für diesen kurzen, berauschenden Augenblick, der sie bis ins Herz erschüttert hatte.
    Und was hatte er auf ihre Frage geantwortet, warum er das getan habe? »Weil es das wert war.« Als gehörte es zu seinem Alltag, zufällig und unbeabsichtigt Küsse zu verteilen! Jane war ratlos, wie sie Byrne nach diesem Kuss begegnen sollte und wie er ihr begegnen würde. Und deshalb ging sie ihm aus dem Weg.
    So lange, bis es nicht länger möglich war.
    Es war nach dem Abendessen. Im Haus war es still geworden, draußen dunkelte es bereits, und die Sterne standen schon am Himmel, als es klopfte. Jane stand soeben im Begriff, die zwanzigste Partie Schach gegen ihren Vater zu verlieren, während Schwester Nancy mit einer Stickarbeit am Fenster saß.
    »Wer kann das jetzt noch sein?«, fragte ihr Vater irritiert. »Macht jemand seine Aufwartung?«
    »Vater, dazu ist es zu spät.« Jane legte ihren König aufs Brett (in sechs Zügen hätte ihr Vater sie ohnehin matt gesetzt), ging zur Salontür und schaute in die Eingangshalle – und erblickte eine beunruhigend große Gruppe Gentlemen, die soeben vom Butler hereingelassen worden war.
    »Es ist schändlich!«, rief einer der Männer. Als er seinen Hut zog, und sein ergrautes Haupthaar und sein kahler werdender Schädel sichtbar wurden, erkannte Jane in ihm Mr Hale, den Verwalter von Crow Castle.
    »Entsetzlich!«, stimmte Mr Thorndike ihm zu, der sich um das Haus in London kümmerte. Sein näselnder Akzent war unverkennbar. Offenbar hatten die Verwalter Jasons Briefe erhalten … zusammen mit Janes Einladung, sie doch im Cottage zu besuchen.
    Und sie waren nicht allein gekommen.
    »Uuuhhuuuhuu«, mokierte sich Nevill, die eine Hälfte des teuflischen Duos Charles und Nevill Quincy-Frosham, über die beiden älteren Herren, »hat der garstige Straßenräuber Ihnen etwa Angst eingejagt?«
    »Hihi«, kicherte die andere Duo-Hälfte, »glauben Sie wirklich, es war der Butzemann? Vergessen Sie nicht, dass ich betrübter als Sie sein sollte! Schließlich ist der Mann mit meiner Uhr auf und davon. Ihnen hat er nur das Köfferchen gestohlen!«
    »Aber in diesem Köfferchen befand sich meine gesamte Reisekleidung!«, entgegnete Mr Thorndike. Sein Schnauzbart bebte vor Zorn.
    Kaum hatte er zu Ende gesprochen, ließen Charles und Nevill den Blick an ihm herunter und wieder hinauf schweifen. »Der Kerl hat Ihnen damit einen Gefallen getan, alter Mann«, spottete Nevill und brachte Charles damit derart zum Lachen, dass sie beide Gefahr liefen, zu Boden zu gehen.
    Rasch schloss Jane die Tür.
    »Nancy«, wandte sie sich leise an die Schwester, »vielleicht wäre es das Beste, wenn mein Vater sich jetzt zurückziehen würde?«
    Nancy nickte. Sanft ergriff sie den Arm ihres Patienten, der sich verwirrt umschaute. Der Lärm aus der Halle störte seine gewohnte abendliche Ruhe. Nancy führte ihn klugerweise zu der Tür hinaus, die zur Küche führte, und versprach ihm noch ein Glas Wein, bevor er sich zu Bett begeben würde.
    Jane atmete tief durch und betrat die Halle.
    »Hast du gesehen, wie er mit seinem Gewehr herumgefuchtelt hat?«, stieß Nevill zwischen zwei Lachsalven aus. »Dieser Eierkopf hier hätte beinahe den Verstand verloren!«
    »Gentlemen!«, rief Jane. Sofort wurde es still im Foyer, wenn man von Charles’ gelegentlichen Kicheranfällen absah, die Jane darauf zurückführte, dass er auf der Reise mindestens eine halbe Flasche Brandy getrunken hatte.
    »Selbstverständlich ist es ein Vergnügen, Sie zu sehen, Mr Thorndike und Mr Hale, ich habe Sie erwartet. Aber Charles und

Weitere Kostenlose Bücher