Der Sommer der Lady Jane (German Edition)
sie eingeladen.«
»Ich würde gern nach dem Grund fragen, aber ich fürchte, die Antwort wird mir nicht gefallen.«
»Ich wollte dir helfen.« Sie kniff die Augen zusammen. »Ich würde dich auch gern fragen, warum Charles und Nevill hier sind, aber auch ich fürchte die Antwort.«
»Weil ich dich ärgern wollte, Jane«, entgegnete Jason schnippisch. »Was sonst? Du scheinst es ja für ausgeschlosssen zu halten, dass ich mich einfach nur einsam gefühlt und meine Freunde vermisst habe …«
Jane war kurz davor, ihm eine hitzige Antwort zu geben. Aber fürs Erste musste sie die Schlacht verschieben, denn Sir Wilton traf ein, und er befand sich in heller Aufregung.
»Diesmal ist er zu weit gegangen!«, rief er. Die Männer, die er zu solch später Stunde zu seiner Begleitung noch hatte auftreiben können, nickten heftig: Mr Cutler, der höchstwahrscheinlich glücklich war, sein überfülltes Haus verlassen zu dürfen, zwei seiner Pächter und der Schmied Big Jim. Letzterer war vermutlich mitgenommen worden, weil er so groß und stark war und einen Verdächtigen einschüchtern konnte, sollte denn einer geschnappt werden. Obwohl er selbst etwas eingeschüchtert wirkte, als er im Foyer des Cottages stand und sich mit großen Augen umschaute.
»Das sehe ich auch so«, erwiderte Lady Jane und trat vor, um nach Tee zu läuten. Sie hatte plötzlich eine bemerkenswert große Schar Gäste, mit denen sie fertig werden musste. »Deshalb habe ich …«
»Diesmal wird Sir Wilton es nicht dulden!« Mr Cutler spie die Worte förmlich aus. »Worth kann sich einer Befragung nicht länger entziehen. Wir werden der Sache ein Ende setzen. Ein für alle Mal!«
Jane blickte Mr Cutler direkt ins Gesicht. »Was?«, rief sie und wandte sich an Sir Wilton. »Sie können doch nicht ernsthaft annehmen, dass Byrne Worth irgendetwas damit zu tun hat!«
Aber Sir Wilton blieb stumm.
»Warum?«, fuhr Jane fort, »weil Sie ihn nicht mögen? Wie kann es überhaupt sein, dass Sie ihn immer noch nicht ausstehen können – angesichts der großen Dienste, die er Ihrem Sohn erwiesen hat?«
»Jane …« Jason trat vor und wollte sich einmischen, aber sie hielt ihn zurück.
»Lass sie ausreden«, wisperte Nevill ihm zu, aber doch so laut, dass es Jane ärgerte. »Ich finde deine Schwester amüsant, wenn ihr vor Zorn die Röte ins Gesicht steigt.«
Jane weigerte sich, diese Bemerkung einer Antwort zu würdigen, und konzentrierte sich stattdessen auf das Hier und Jetzt – insbesondere darauf, wie hoch die Röte bereits in Sir Wiltons Wangen gestiegen war.
»Was er getan hat, ist bewundernswert, hat aber mit dem vorliegenden Fall rein gar nichts zu tun«, sagte der mittlerweile pflaumenfarbene Gentleman, während Cutler nickte. »Es ist eine Tatsache, dass niemand weiß, wo er sich herumgetrieben hat.«
»Haben Sie Mr Worth denn gefragt, was er heute Abend getan hat?«
»Nein. Das wollten wir als Nächstes tun.«
Jane neigte den Kopf und musterte ihren Gegner. »Vor wenigen Minuten wusste auch noch niemand, wo mein Bruder steckt. Vielleicht ist er der Straßenräuber.«
»Das halte ich für wenig wahrscheinlich, Mylady«, mischte Charles sich ein. »Ich bin mir sicher, dass wir Jase erkannt hätten, selbst mit ein oder zwei Schlückchen intus.«
»Oder zwölf«, glaubte Jane Mr Thorndike sagen zu hören.
»Madam, es ist nun mal eine Tatsache, dass Mr Worth für keinen der Überfälle belegen kann, wo er sich zu dem Zeitpunkt aufgehalten hat«, wandte Sir Wilton ein. »Jedenfalls nicht mir gegenüber.«
»Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte, Madam«, warf Mr Hale ruhig ein und das keinen Augenblick zu früh, denn Jane spürte, wie die Röte in ihren Wangen ungeahnte Intensität annahm. »Vielleicht wäre es das Beste, sich diesen Mr Worth einmal anzusehen.«
Alle Blicke richteten sich auf Mr Hale. »Wie der da ganz richtig bemerkt hat«, er deutete auf Charles, »hätten wir Ihren Bruder erkannt. Vielleicht können wir ja diesen Mr Worth als Angreifer identifizieren.« An Jane gewandt, fuhr er umsichtiger fort: »Oder ausschließen.«
Jane musterte Sir Wilton. Der Vorschlag schien seinen Drang zu mäßigen, Mr Worth auf der Stelle zu kreuzigen, denn er erinnerte sich an die Gebote von Sitte und Anstand und murmelte: »Nun ja, selbstverständlich. Sie müssten ihn identifizieren, Mr Hale.«
»Das ist alles schön und gut«, sagte Nevill, »aber ich würde mich gern ausruhen, bevor ich irgendwen identifiziere.«
»Ganz genau, ich
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