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Der Sommer, der nur uns gehoerte

Titel: Der Sommer, der nur uns gehoerte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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deinen Ring mitzubringen.«
    Â»Bestimmt nicht.«
    Nachdem wir uns eine gute Nacht gewünscht hatten, konnte ich lange nicht einschlafen. Vermutlich, weil ich Angst hatte. Angst, er könnte kommen, Angst, er könnte nicht kommen.

19
    Ich war schon auf, bevor der Wecker klingelte, und noch bevor Steven auch nur wach war, hatte ich geduscht und mein neues Kleid angezogen. Ich saß als Erste im Wagen.
    Mein Kleid war aus lavendelfarbenem Seidenchiffon. Das Oberteil war eng anliegend mit schmalen Trägern, der Rock fiel fließend, man konnte damit herumwirbeln wie ein Mädchen in einem Musical. Kim MacAfee könnte so etwas tragen. Ich hatte das Kleid im Februar in einem Schaufenster gesehen, als es noch zu kalt war, um ohne Strümpfe herumzulaufen. Aber Strümpfe zu diesem Kleid – das ging gar nicht, das würde den ganzen Eindruck kaputt machen. Um es zu bezahlen, hatte ich zum allerersten Mal die Kreditkarte meines Vaters benutzt, die für Notfälle bestimmt war. Seither hatte das Kleid im Schrank gehangen, sogar noch in der Plastikhülle.
    Als meine Mutter mich sah, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. »Du siehst wunderschön aus. Beck wäre hingerissen.«
    Steven kommentierte: »Nicht schlecht«, und ich machte vor beiden einen kleinen Knicks. Das passte einfach zu diesem Kleid.
    Meine Mutter fuhr, und ich saß vorn, während Steven mit offenem Mund auf der Rückbank schlief. Er trug ein Oberhemd und Chinos. Auch meine Mutter sah schick aus in ihrem marineblauen Hosenanzug und cremefarbenen Pumps.
    Â»Sag mal, Schätzchen, Conrad kommt doch ganz sicher heute, oder?«, fragte sie mich.
    Â»Du bist doch die, die manchmal mit ihm telefoniert, nicht ich«, sagte ich und legte die nackten Füße aufs Armaturenbrett. Meine High Heels lagen unordentlich am Boden.
    Nach einem Blick in den Rückspiegel antwortete Mom: »Ich habe Conrad schon seit ein paar Wochen nicht mehr gesprochen, aber ich bin mir ganz sicher, dass er kommt. Er würde doch niemals bei einem so wichtigen Anlass fehlen.«
    Als ich schwieg, warf sie mir einen kurzen Blick zu. »Oder siehst du das anders?«
    Â»Tut mir leid, Mom, aber allzu große Hoffnungen würde ich mir an deiner Stelle nicht machen.« Ich wusste selbst nicht, wieso ich ihr nicht einfach zustimmen konnte. Wieso sich da etwas in mir sträubte.
    Denn in Wirklichkeit war ich fest davon überzeugt, dass er kommen würde. Wenn nicht, wieso hätte ich mir sonst am Morgen solche Mühe mit meinen Haaren gegeben? Wieso hätte ich meine Beine beim Duschen nicht nur einmal, sondern vorsichtshalber zweimal rasiert? Hätte ich das neue Kleid angezogen und die High Heels, obwohl mir darin die Füße wehtaten, wenn ich im Ernst nicht geglaubt hätte, dass er kommen würde?
    Nein – tief in meinem Innersten glaubte ich es nicht nur. Ich wusste es.
    Â 
    Â»Hast du was von Conrad gehört, Laurel?«, fragte Mr. Fisher meine Mutter. Wir standen auf dem Parkplatz vor dem Frauenhaus – Mr. Fisher, Jere, Steven, meine Mutter und ich. Immer mehr Leute gingen ins Haus. Mr. Fisher hatte bereits zweimal nachgesehen, doch Conrad war nicht da.
    Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Ich weiß nichts Neues. Als ich letzten Monat mit ihm sprach, sagte er, er werde kommen.«
    Â»Falls er sich verspätet, halten wir ihm einfach einen Platz frei«, schlug ich vor.
    Â»Ich sollte mal hineingehen«, sagte Jeremiah. Er war derjenige, der die Plakette an Susannahs Stelle entgegennehmen sollte.
    Wir schauten ihm nach – sonst gab es ja für uns auch nichts zu tun. Nach einer Weile sagte Mr. Fisher: »Vielleicht sollten wir auch hineingehen.« Er sah sehr niedergeschlagen aus. Mir fiel auf, dass er sich beim Rasieren geschnitten hatte, sein Kinn sah ganz wund aus.
    Â»Ja, gehen wir«, sagte meine Mutter und richtete sich auf. »Belly, magst du vielleicht noch einen Moment lang hier draußen warten?«
    Â»Sicher«, antwortete ich. »Geht schon voraus, ich warte.«
    Als die drei im Haus waren, setzte ich mich auf die Bordsteinkante. Die Füße taten mir jetzt schon weh. Ich wartete noch zehn Minuten, als er dann immer noch nicht da war, stand ich auf. Er kam also doch nicht.

20
    Conrad
    Â 
    Â 
    Ich sah sie, bevor sie mich sah. Sie saß in der ersten Reihe, mit meinem Dad und Laurel und Steven. Sie hatte die Haare aus dem Gesicht gekämmt und

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