Der Sommer, der nur uns gehoerte
»Dad« nennen müssen, wenn Jeremiah und ich verheiratet waren? Darüber musste ich unbedingt mit Jeremiah sprechen.
»Ich versuchâs mal«, antwortete ich, und als Mr. Fisher mich erwartungsvoll ansah, fügte ich hinzu: »Adam.«
Steven fragte Conrad: »Wieso kommst du eigentlich so gut wie nie her von Kalifornien?«
»Ich bin doch da, oder?«
»Schon, aber praktisch zum ersten Mal, seit du da hingezogen bist.« Steven stieà Conrad leicht in die Seite und fragte mit gesenkter Stimme: »Da gibtâs wohl ein Mädchen da drüben, wie?«
»Nein«, sagte Conrad, »kein Mädchen.«
In dem Moment wurde der Champagner gebracht, und als eingeschenkt war, klopfte Mr. Fisher mit seinem Messer ans Glas. »Ich würde gern einen Toast aussprechen«, sagte er.
Meine Mutter rollte ganz leicht mit den Augen. Mr. Fisher war berühmt für seine Reden, doch der heutige Tag verlangte tatsächlich nach einer.
»Ich möchte euch allen danken, dass ihr heute hierhergekommen seid, um Susannah zu feiern. Es ist ein besonderer Tag, und ich freue mich, dass wir ihn gemeinsam begehen können.« Mr. Fisher hob sein Glas. »Auf Suz.«
Meine Mutter nickte und sagte: »Auf Beck.«
Wir stieÃen an und tranken, und noch bevor ich mein Glas abgestellt hatte, warf Jeremiah mir einen Blick zu, der so viel bedeutete wie: Pass auf, jetzt gehtâs los.
Mir drehte sich der Magen um. Schnell trank ich noch einen Schluck und nickte.
»Ich habe euch etwas mitzuteilen«, sagte Jeremiah.
Während alle darauf warteten, was Jeremiah zu berichten hatte, sah ich unauffällig zu Conrad hinüber. Er hatte einen Arm über Stevens Stuhllehne gelegt, seine Miene war entspannt. Die beiden hatten gerade über irgendetwas gelacht.
Ich hatte den wilden Impuls, Jeremiah aufzuhalten, ihm den Mund zuzuhalten, damit er nicht weitersprach. Alle waren gerade so glücklich. Wir würden die Stimmung ruinieren.
»Aber ich warne euch â es sind extrem gute Nachrichten.« Jeremiah strahlte alle am Tisch an, und ich wappnete mich innerlich. Jeremiah war zu locker, dachte ich. Meiner Mutter würde das nicht gefallen. »Ich habe Belly gebeten, mich zu heiraten, und sie hat Ja gesagt. Sie hat Ja gesagt! Noch diesen August heiraten wir!«
Es war, als wäre es im ganzen Restaurant plötzlich still geworden, als wäre all das Geklapper und Gerede mit einem Mal hinausgesogen worden. Als wäre alles zum Erliegen gekommen. Ich sah meine Mutter auf der anderen Seite des Tisches an. Ihr Gesicht war aschgrau. Steven verschluckte sich an dem Wasser, das er gerade trank. Noch hustend sagte er: »Was zum �« Conrads Miene war völlig ausdruckslos.
Es war ein absolut unwirklicher Moment.
Der Kellner erschien mit den Vorspeisen â Calamari und Cocktailshrimps und ein Berg Austern. »Dürfte ich dann die Bestellung für die Vorspeisen aufnehmen? Wären Sie so weit?«, fragte er, während er auf dem Tisch Platz schaffte.
»Ich glaube, wir brauchen noch ein paar Minuten«, sagte Mr. Fisher mit einem Blick auf meine Mutter.
Sie wirkte wie weggetreten. Sie öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Dann sah sie mir ins Gesicht und fragte: »Bist du schwanger?«
Ich fühlte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. Jeremiah neben mir schien die Luft wegzubleiben.
Mit schriller, bebender Stimme sagte meine Mutter: »Ich fasse es nicht. Wie oft haben wir beide uns über Empfängnisverhütung unterhalten, Isabel?«
Eine peinlichere Situation hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich sah erst Mr. Fisher an, der mit puterrotem Gesicht dasaÃ, dann den Kellner, der am Nebentisch Wasser einschenkte. Unsere Blicke trafen sich, und ich war mir sicher, dass wir uns vom College kannten. »Mom, ich bin nicht schwanger!«
»Laurel, ich schwöre dir, es ist nichts dergleichen«, sagte Jeremiah.
Meine Mutter beachtete ihn gar nicht, sondern sah nur mich an. »Kannst du mir sagen, was das dann soll? Wie kommt ihr bloà auf so eine Idee?«
Plötzlich waren meine Lippen ganz trocken. Für den Bruchteil einer Sekunde ging mir durch den Kopf, was zu Jeremiahs Antrag geführt hatte, doch ebenso schnell verflog dieser Gedanke auch wieder. Nichts von alldem war noch wichtig. Worauf es ankam, war, dass wir uns liebten. »Wir wollen heiraten, Mom«, sagte ich.
»Du bist zu jung«, sagte sie
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