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Der Sommer, der nur uns gehoerte

Titel: Der Sommer, der nur uns gehoerte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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dass Joy enttäuscht war. Vielleicht hatte ja auch sie gedacht, wir könnten dicke Freundinnen werden, und überlegte sich das nun noch einmal.
    Aus Höflichkeit kicherte Anika leise, dann ging die Flasche reihum. Anschließend begann Joy mit der nächsten Runde: »Ich habe noch nie nackt im Meer gebadet. In einem Pool allerdings schon!«
    Fehlanzeige, wieder etwas, was ich nie getan hatte. Einmal, mit fünfzehn, fast. Mit Cam Cameron. Aber »fast« zählte nicht.
    Am Ende musste ich doch einen Schluck trinken, ein einziges Mal, als nämlich Molly sagte: »Ich bin nie mit zwei Leuten aus derselben Familie zusammen gewesen.«
    Â»Mit zwei Brüdern?«, fragte Joy und sah auf einmal ganz interessiert aus. »Oder mit Bruder und Schwester?«
    Ich musste ein bisschen husten, dann sagte ich: »Brüdern.«
    Â»Zwillingen?«, fragte Shay.
    Â»Gleichzeitig?«, wollte Molly wissen.
    Â»Nein, nicht zur selben Zeit«, sagte ich. »Und sie sind ganz normale Brüder, ein Jahr auseinander.«
    Â»Ganz schön frech«, meinte Joy und sah mich anerkennend an.
    Dann ging es weiter. Als Shay sagte, sie habe noch nie gestohlen, und Joy die Flasche nahm, sah ich Anikas Miene und musste mir innen auf die Wangen beißen, um nicht zu lachen. Sie merkte es, und wir beide tauschten heimlich einen Blick aus.
    Wenn ich Joy danach traf, in den Waschräumen oder im Lesesaal, redeten wir zwar miteinander, doch enge Freundinnen wurden wir nie. Auch Jillian und ich wurden nicht wirklich warm miteinander, aber als Mitbewohnerin war sie schließlich doch ganz okay.
    Von all den Mädchen, die an jenem Abend dabei waren, war Anika diejenige, mit der ich mich am engsten anfreundete. Obwohl wir gleich alt waren, nahm sie mich unter ihre Fittiche, als wäre ich ihre kleine Schwester, und zum ersten Mal hatte ich gar nichts dagegen. Anika war so cool, dass ich mich unmöglich daran stören konnte. Sie duftete so, wie ich mir vorstellte, dass Wildblumen im Sandboden rochen. Irgendwann fand ich heraus, dass das von dem Öl kam, das sie sich in die Haare rieb. Anika tratschte so gut wie nie, sie aß kein Fleisch, und sie tanzte. All das bewunderte ich an ihr.
    Ich fand es schade, dass wir beide nun nie zusammenwohnen würden. Von jetzt an würde es für mich nur noch einen Mitbewohner geben – Jeremiah, meinen künftigen Ehemann.

17
    Am nächsten Morgen wachte ich früh auf, duschte, warf meine Badeschuhe in den Müll und machte mich ein letztes Mal in meinem Wohnheimzimmer fertig. Meinen Ring nahm ich vorsichtshalber ab, steckte ihn in das kleine Innenfach meiner Handtasche und zog den Reißverschluss zu. Für alle Fälle, auch wenn Dad normalerweise keinen Blick für irgendwelche Accessoires hatte, sodass ihm wahrscheinlich nichts aufgefallen wäre.
    Um zehn kam er mich abholen. Auch Jeremiah kam, um zu helfen. Ich musste ihn nicht einmal telefonisch wecken, wie verabredet; um halb zehn erschien er mit Kaffee und Donuts für meinen Dad.
    Ich schaute noch bei ein paar Mädels vorbei, umarmte sie und wünschte ihnen einen schönen Sommer. Lorrie sagte: »Wir sehen uns im August«, und Jules sagte: »Nächstes Jahr müssen wir unbedingt mehr zusammen machen.« Als Letztes verabschiedete ich mich von Anika, und dabei kamen mir die Tränen. Sie nahm mich in den Arm und sagte: »Nun beruhige dich mal. Wir sehen uns bei der Hochzeit. Sag Taylor, ich schreib ihr ’ne Mail wegen der Brautjungfernkleider.« Ich musste laut lachen. Taylor wäre begeistert! Haha!
    Als wir das Auto fertig beladen hatten, lud uns Dad zum Mittagessen in ein Steakrestaurant ein. Es war nicht superschick, aber gemütlich, ein typisches Familienlokal mit Lederbänken und mit Zahnstochern auf den Tischen.
    Â»Bestellt euch, was ihr mögt«, sagte Dad, während er auf der einen Seite des Tisches Platz nahm.
    Jeremiah und ich setzten uns auf die Bank gegenüber. Ich las die Speisekarte und wählte ein Rumpsteak, das war am billigsten. Mein Dad war zwar nicht arm, aber reich war er definitiv auch nicht.
    Als die Kellnerin kam, um die Bestellung aufzunehmen, orderte Dad Lachs und ich das Rumpsteak. Jeremiah sagte: »Ich nehme das Rinderfilet aus der Hochrippe. Medium.«
    Das Filet war das teuerste Essen auf der Karte, es kostete achtunddreißig Dollar. Ich warf Jeremiah einen Blick zu. Vermutlich hatte er gar nicht auf den Preis geachtet.

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