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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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schon mit zwölf alle auf den Busen starren, hegt man bald seine eigenen Wünsche und betet eher um Wespenstichbrüste wie die von Corinne.
    »Wir wollen dich ja nicht zur Exhibitionistin machen, Mia«, sagte Corinne mit freundlichem Lächeln. »Anstößiges Entblößen gehört ja nicht zwingend zu unseren Strandaktivitäten.«
    Ich schluckte die Demütigung hinunter. Ich wusste, dass Corinne nur nett sein wollte, aber das machte es irgendwie noch schlimmer. Ich wünschte mir nur noch, sie würden mich einfach vergessen und sich in Ruhe bräunen.
    »Dann lasse ich es diesmal aus«, sagte ich mit einem entschuldigenden Lachen, von dem ich hoffte, es würde das Thema ein für alle Mal beenden. Gen verdrehte die Augen, sagte aber nichts. Nach ein paar Minuten stand sie auf und spazierte geschmeidig wie eine Katze hinunter zum Wasser. Ihr langer, bronzefarbener Rücken verschwand in den Wellen.
    »Mach dir nichts draus, Mia«, sagte Corinne und schob ihre Sonnenbrille auf die Stirn, während sie Gen ins Wasser gleiten sah. »Sie hat vor kurzem in einer Nacktszene in einem Art-House-Film mitgespielt und hält sich jetzt für total verrucht.«
    »Ach, da ist doch nichts dabei …«, sagte ich leichthin, und Corinne legte sich lächelnd wieder hin und schloss die Augen.
    Ich versuchte, in meinem Buch über globale Erwärmung und die Weltmeere zu lesen, konnte mich aber mit der ausgestreckten Stacy neben mir nicht konzentrieren. Sie rauchte eine Zigarette und musterte mich unter ihren langen Wimpern hervor, auf und ab, auf und ab, ihre winzige Nase der Sonne zugewandt. Ich blätterte eine Seite um. Stacy war so dünn, dass ich wahrscheinlich eine Hirnblutung ausgelöst hätte, wenn ich ihr eine Packung Marlboro Lights an die Schläfe gehauen hätte. Das hätte sie gelehrt, andere nicht so unverschämt anzustarren.
    Doch natürlich unternahm und sagte ich nichts. Ich starrte nur die ganze Zeit auf denselben Satz, während die anderen in ein sonnenanbetendes Schweigen verfielen, reglos, dürr und braun wie Salzstangen. Als ich Stacy wieder dabei erwischte, wie sie mich anglotzte, starrte ich zurück. Rasch fragte sie mich über mein Buch aus, als hätte sie das angeschaut.
    »Es geht um globale Erwärmung«, erwiderte ich kühl. »Wusstest du, dass Quallen die Ozeane erobern?«
    »Ach, tatsächlich?«, kicherte Stacy und blickte in die Richtung einer übergewichtigen Frau, die gerade ins Wasser watete. »Und das vor unseren Augen.«
    Als die anderen lachten, beschloss ich, dieses eine Mal mich nicht zu verstellen, nur um dazuzugehören. »Sehr witzig«, sagte ich trocken zu Stacy und klappte mein Buch zu. Ich stand auf und ging zu Eva, die auf einer nahen Düne saß und schmollte. »Komm, lass uns ein Stück gehen, vielleicht finden wir ein angenehmeres Plätzchen.«
    Wir schlenderten am Strand entlang, und ich hielt nach Simon Ausschau, als wir an seinem Haus vorbeikamen. Ich sah hinauf zur großen, weißen Veranda und über die sanft abfallende Rasenfläche. Am unteren Ende des Hangs stand ein verlassener Pavillon wie ein riesiger Vogelkäfig auf dem grünen Gras. Doch es war keine Menschenseele zu sehen, und einen seltsamen Augenblick lang fragte ich mich, ob ich mir das Ganze nur eingebildet hatte: Vielleicht war Simon ein imaginärer Freund, den ich mir als Außenseiterin auf einer Party herbeigeträumt hatte …

    Später im Haus, in Corinnes Zimmer, fragte ich sie, ob sie die Nachbarn schon mal gesehen hatte.
    »Den nervigen Sohn sehe ich ab und zu«, antwortete sie. »Simon. Die Familie hat das Haus schon letztes Jahr gemietet, und er hat sich an uns geheftet wie eine Seepocke.«
    »Wirklich?«, fragte ich, gespielt gleichgültig, obwohl mich die Neuigkeit irgendwie enttäuschte.
    »Er war unsterblich in Stacy verknallt, aber die würde ihn nicht mal mit einer drei Meter langen Kneifzange anfassen.«
    »Warum nicht?«, fragte ich und spielte mit einer Flasche von Corinnes transparentem Chanel-Nagellack, obwohl ich die Antwort bereits kannte. Ein Snob wie Stacy hätte niemals jemanden beachtet, der nicht in ihren Kreisen verkehrte. Jemand, der von so weit außerhalb der New-England-Karte stammte wie Simon, war vollkommen inakzeptabel.
    Corinne zuckte mit den Schultern. »Er ist ein Loser«, fuhr sie fort. »Er wollte um jeden Preis bei uns Eindruck schinden, indem er mit den Rennpferden und Kunstwerken protzte, die sein Vater angeblich besitzt. Als würde uns das interessieren!«
    Ich hoffte, dass Simon nicht so war,

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