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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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Erfahrung. Lass dich einfach fallen.«
    »Das habe ich schon einmal getan und hatte nichts als Kummer davon«, erwiderte ich. »Das will ich nicht noch einmal erleben.«
    Meine Tante dachte einen Augenblick lang nach und erwiderte dann: »Der sicherste Weg, sich Kummer einzuhandeln, ist der, auf die Liebe zu verzichten, nur weil es beim ersten Mal nicht geklappt hat.« Sie sah mich an, ein sanftes Lächeln um die Mundwinkel. »Wenn ich dich so anschaue, würde ich sagen, dass dir der Nachbarsjunge sehr viel bedeutet.«
    Simon. Es war, als sei ein unauslöschliches Bild von ihm in meinen Hinterkopf tätowiert, das durch all meine Gedanken schimmerte und mein Herz zum Hüpfen brachte. Doch es machte mich zugleich nervös. Angenommen, Simon wachte heute auf und bereute den Kuss? Oder er bereute ihn zwar nicht, wollte ihn aber auch nicht überbewerten? Vielleicht war es nur eine spontane Geste gewesen? Schließlich war es nur ein Kuss. Ein Kuss hatte nichts zu bedeuten. Jedenfalls bedeutete er nicht alles.
    Doch, für ihn schon! Meine innere Stimme übertönte meine Zweifel. Für Simon hieß es immer: alles oder nichts. Er hätte mich nicht geküsst, wenn er mich nicht ehrlich mögen würde. Oder? Allerdings war ich danach davongerannt. Hatte das seine Meinung über mich geändert? Dachte er jetzt, ich sei einfach noch zu unreif, um mit ihm zusammenzusein?
    Was immer er dachte: Er kannte nicht die ganze Wahrheit über mich. Ich hatte ihm nie von Jake erzählt, dabei war er in meinem Unterbewusstsein die ganze Zeit da gewesen. Ich hatte solche Angst davor gehabt, Simon näherzukommen, mich ihm zu öffnen, ganz zu schweigen davon, ihn zu küssen. Doch etwas in mir hatte sich verändert. Seitdem ich Simon geküsst hatte, bedeutete mir Jake nichts mehr. Ich war nicht mal mehr sauer auf ihn. Ich fühlte nichts.
    Ich hatte mich von ihm gelöst.
    »Tante Kathleen, ich würde gerne rüber zu Simon gehen.« Ich musste ihn sehen – und zwar bei Tageslicht, wenn man den Blick in seinen Augen nicht verbergen und seine Gefühle nicht verheimlichen konnte.
    Die blauen Augen meiner Tante funkelten wie Saphire, als sie mich erfreut anlächelte. »Natürlich, das solltest du unbedingt.« Sie zwinkerte mir zu, und wir blickten uns beide zu dem Seetang-Herz um. »Was für eine romantische Geste!« Fast schien in ihrer Stimme Wehmut mitzuschwingen.
    »Allerdings auch eine etwas stinkende Geste«, scherzte ich und beobachtete, wie sich eine dicke schwarze Fliege auf einer Seetangblase niederließ.
    »Ich glaube, du hast doch noch die Aussicht auf ganz wunderbare Sommerferien, Mia.« Meine Tante hob das Kinn und sah mich halb scherzhaft, halb im Ernst an. »Und du solltest sie dir von nichts und niemandem verderben lassen.«

    Auf der Rasenfläche vor dem Haus der Familie Ross war niemand zu sehen, und auch im Pavillon war keine Spur von Simon zu entdecken. Unwillkürlich fragte ich mich, wie die Leute es schafften, hier in der Gegend Rasen anzulegen. Wie erreichten sie es, dass er hier am Strand Wurzeln schlug? Wie brachten sie dieses Rennbahnsmaragdgrün zustande? Doch vermutlich war für reiche Leute nichts unmöglich. Wenn der Himmel die Grenze war, konnten ein grüner Rasen nur eine Kleinigkeit sein.
    Ich setzte einen Fuß vor den anderen und versuchte, lässig auszusehen, doch je mehr ich mich anstrengte, desto nervöser wurde ich. Panik stieg in mir auf, während ich versuchte, meine Gesichtsmuskeln zu entspannen und meine Schritte zu verlängern. Ich stolperte auf dem Weg und wäre beinahe gefallen. Warum konnte ich nicht grazil einherschreiten? Warum konnte ich keine selbstbewusste Haltung bewahren wie Corinne oder Gen oder jedes x-beliebige andere Mädchen in dieser Gegend, anstatt ungeschickt einherzutapsen, ohne einen Funken Selbstvertrauen …
    Meine nervösen Gedanken huschten hierhin und dorthin. Einerseits hatte Simon mir die Seetang-Liebesbotschaft am Strand hinterlassen. Und er hatte mich geküsst. Andererseits war nachts alles anders, wie Simon selbst immer sagte. Ob er bei Tageslicht betrachtet sein Verhalten der letzten Nacht überstürzt finden und bedauern würde?
    Und selbst wenn Simon so empfand, wie ich es mir wünschte: Lohnte es sich, eine wahre Freundschaft zugunsten einer Sommerliebe aufzugeben? Zu einem Jungen, der meilenweit entfernt lebte und entweder auf eine Wirtschafts-Uni im Nordosten, oder, wenn Simon seinen Willen bekam, nach Europa gehen würde?
    Keine gute Idee. Das wird nur wieder weh tun.
    Aber

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