Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
Vom Netzwerk:
durcheinander. Du solltest es dir nicht zu Herzen nehmen.« Sie gab mir einen Klaps auf die Schulter, der sich eher wie ein Kniff anfühlte, und ging hinein, bevor ich etwas sagen konnte.
    Du solltest es dir nicht so zu Herzen nehmen. Warum tat ich das überhaupt? Corinne hatte sich das alles selbst eingebrockt. Ihre Probleme hatten nichts mit mir zu tun. Aber ich nahm es mir zu Herzen, viel zu sehr sogar, und ich sorgte mich nicht nur um Corinnes Zustand. Irgendwie war es mir noch nicht gelungen, gelassener auf ihre wechselnden Launen zu reagieren. Ich freute mich, wenn sie plötzlich nett zu mir war, und litt, wenn sie mich aus heiterem Himmel unfair behandelte. Aus irgendeinem Grund war mir noch immer an ihrer Meinung über mich gelegen, obwohl ich wusste, dass meine Meinung über sie im breiten Spektrum ihres Lebens keine Rolle spielte, einem Leben, das so anders war als meines. Ein Leben, in dem kein Platz mehr für mich war.
    Du solltest es dir nicht so zu Herzen nehmen. Möglicherweise. Trotzdem brannte mein Gesicht vor Tränen, und ich fühlte mich so einsam und dumm wie schon lange nicht mehr. Ja, weine nur!, befahl ich mir. Das war der Lohn dafür, dass ich mich zu sehr bemüht hatte. Das war der Lohn dafür, dass ich zu lange auf etwas und jemanden gewartet hatte, der längst verschwunden war.
    Ich trank den letzten Rest Kaffee und schaute hinüber zu dem Haus, in dem Simon wohnte. Ich wusste, wohin ich gehen musste.
    Nur dass Mom ausgerechnet in diesem Moment auf der Veranda auftauchte.
    Sie blickte mich finster an, so bedrohlich wie die Kaltfront, die vor der Küste lauerte. »Ihr Mädchen habt uns wirklich schwer enttäuscht. Ehrlich, Mia, ich hätte gedacht, wenigstens du wärst so vernünftig gewesen, die Gäste ein bisschen zur Ordnung zu rufen.«
    »Ich habe mich bereits entschuldigt«, gab ich zurück.
    »Offenbar können wir dir nicht in dem Maße vertrauen, wie wir geglaubt haben«, fuhr Mom resigniert fort. »Ich muss mich wirklich über dich wundern. Dein Atem hat nach Whiskey gerochen. Aber ich werde es nicht deinem Vater erzählen. Er ist ohnehin schon enttäuscht genug.«
    »Warum erzählst du es ihm nicht einfach?«, fragte ich kalt und sah ihr dabei in die Augen. Darin lag eine Missbilligung, die praktisch radioaktiv strahlte. Und ich wusste, sie würde sich dort für sehr lange Zeit halten, unmittelbar neben der Enttäuschung, die permanent im Blick meiner Mutter zu liegen schien, wenn sie mich ansah. »Erzähl’s ihm«, wiederholte ich. »Ich weiß doch, wie gerne du es möchtest.«
    »Was soll das denn heißen?«
    Ich zog mich aus der Konfrontation zurück, wandte den Blick ab und sah in die Ferne. »Nichts«, sagte ich. Wollte sie wirklich, dass ich deutlicher wurde? Ich wusste, dass meine Mutter es genießen würde, meinem Vater zu berichten, was für eine fehlerhafte Tochter ich war. Dad und ich waren uns immer so einig, und er schützte mich stets vor ihrer Kritik. Dass ich Alkohol getrunken hatte, bot ihr eine Möglichkeit, einen Keil zwischen uns zu treiben.
    »Habe ich irgendetwas verpasst?« Mom erhob empört die Stimme. »Ich habe gesagt, ich werde es deinem Vater nicht erzählen!«
    Sie wollte also einen Orden. Das musste es sein. Wahrscheinlich würde sie mich von nun an über Jahre hinweg daran erinnern, was für eine verständnisvolle Mutter sie gewesen war, weil sie bei meinem Vater nicht gepetzt hatte, dass ich auf einer bescheuerten Party etwas getrunken hatte. Auf ewig würde sie mir unter die Nase reiben, dass sie auf eine strenge Bestrafung dafür verzichtet hatte, dass ich auf einer Party keine Grenzen gesetzt hatte, für die ich gar nicht verantwortlich gewesen war.
    Ich starrte weiterhin in die Ferne. Ich spürte, wie sie neben mir stand und darauf wartete, dass ich mich reumütig, ja, dankbar zeigte. Aber etwas Hartes drängte sich tief aus meinem Inneren empor. Und es drängte sie weg. »Du kannst es ihm verraten oder es bleiben lassen«, sagte ich, mit gleichgültiger Stimme. »Ist mir egal.«
    Mom schnappte nach Luft. Jetzt saß ich richtig in der Tinte. Ich wartete darauf, dass sie die Beherrschung verlor. Doch sie schwieg. Und dann drehte sie sich plötzlich um und ging weg. Warum?
    Ist mir egal, wiederholte ich im Stillen. Worauf sie auch hinauswollte, sie verdiente es, dass ich ihr die kalte Schulter zeigte. Es war mir egal … aber woher kamen auf einmal die Schuldgefühle? Ich legte das Gesicht in die Hände. Seitdem ich in Wind Song angekommen war,

Weitere Kostenlose Bücher