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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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Simon ausstieg und seine Segeltuchtasche von der Rückbank nahm.
    »Ich gehe nicht zurück nach Hause. Ich übernachte am Strand.«
    »Quatsch. Du kannst doch bei uns schlafen.«
    »Na klar«, erwiderte Simon mit sarkastischem Grinsen. »Deine Familie wird begeistert sein, wenn sie mich morgen früh in deinem Zimmer findet.«
    »Du kannst auf dem Sofa im Wohnzimmer schlafen«, erwiderte ich. »Da ist Platz genug.«
    Simon schwieg einen Augenblick lang. »Nein«, sagte er schließlich mit tiefer, ruhiger Stimme. Er trat einen losen Stein weg, und wir hörten ihn in der Ferne wegspringen. Dann war alles still. »Mir wäre lieber, wenn niemand sehen würde, dass …« Er hielt inne und deutete in der Dunkelheit vage auf sein Gesicht.
    »Simon«, sagte ich leise. »Bitte …«
    »Hey!«, unterbrach er mich, laut und vorsätzlich, und zeigte auf eine Einfahrt zu seiner Linken. »Da ist der Drachenbau!« Das Haus lag verborgen hinter einer gewundenen Einfahrt und dichten Hecken, doch der Briefkasten in Form eines Drachenkopfs verriet, dass es dort sein musste. »Los, wir gehen durch den Garten an den Strand«, sagte Simon und winkte mir zu. »Komm schon!«
    Wir gingen die dunkle Auffahrt entlang. Unter unseren Füßen knirschte Kies. »Unbefugte werden gefressen«, scherzte Simon, als wir die letzte Biegung der Zufahrt umrundeten. Das schlossähnliche Gebäude erhob sich vor dem Nachthimmel, hoch und immer höher. Seine Proportionen erinnerten eher an eine Filmkulisse als an ein Wohnhaus, das einem echten Menschen gehörte. Weit oben in einem gespenstischen Turm brannte Licht hinter einem quadratischen Fenster.
    »Ich glaube, die Wasserspeier kriechen von den Türmen herunter«, flüsterte Simon.
    »Und ich glaube, dass du dieses Haus insgeheim toll findest. Du willst es nur nicht zugeben, weil es gegen deine eisernen Geschmacksprinzipien verstößt«, neckte ich ihn mit leiser Stimme, während wir die Fassade anstarrten.
    »Stimmt, es hat etwas bizarr Cooles«, gab Simon zu. »Es strahlt irgendwie surreale Macht aus.«
    »Ich finde es unheimlich«, murmelte ich und zog an Simons Hand. »Komm, lass uns runter zum Strand gehen, bevor uns jemand entdeckt.«
    Simon sah mich mit funkelnden Augen an. »Nein, noch nicht«, erwiderte er leise. »Lass uns einbrechen.«
    »Einbrechen?«, wiederholte ich skeptisch. »Warum?«
    »Warum nicht? Das ist die Frage, Mia. Wann verstehst du das endlich?«, entgegnete Simon fröhlich.
    »Also warum nicht nicht nach Ärger suchen? Hast du daran schon mal gedacht?« Doch ich hatte inzwischen genügend Zeit mit Simon verbracht, um zu wissen, dass es von vornherein sinnlos war, ihn von einer Idee abbringen zu wollen, wenn er sie sich einmal in den Kopf gesetzt hatte. In dieser Hinsicht war er wie sein Vater.
    »Wir können uns die Haifischbecken anschauen. Und die Unterwassergrotte. Nachsehen, ob es all das wirklich gibt. Komm schon! Das macht sicher Spaß.«
    »Aber es sind doch Leute im Haus«, entgegnete ich. »Da oben brennt Licht.«
    »Du hast mir doch selbst erzählt, dass das Haus in diesem Sommer nicht vermietet, geschweige denn verkauft werden konnte«, argumentierte Simon. »Das weißt du von deiner Tante, oder?«
    »Es muss einen Verwalter geben«, spekulierte ich.
    »Ein erleuchtetes Fenster. Das muss nicht bedeuten, dass jemand da ist.«
    »Wie sind wir noch mal Freunde geworden?«, scherzte ich, als mich Simon in Richtung des Gebäudes zog. Doch obwohl ich alles andere als scharf darauf war, in dieses Haus einzudringen, freute ich mich andererseits darüber, dass es schien, als sei Simon nach den schrecklichen Ereignissen dieses Abends wieder zu sich gekommen.
    »Ich wette, der Verwalter schläft tief und fest in einem Häuschen auf dem Grundstück«, sagte Simon, als wir auf der Suche nach einem Eingang um die Steinfassaden herumschlichen.
    »Ich wette, der Verwalter schläft im Haus«, erwiderte ich.
    »Probieren wir es einfach aus.«
    Simon trat vor die imposante Eingangstür. Sie bestand aus Metall, wie ein Überbleibsel aus dem Mittelalter. Vielleicht war sie das auch. Natürlich hing ein wuchtiger Klopfer in Form eines – was sonst? – Drachenkopfs daran. Und in dem Drachenkopf leuchtete ein roter Knopf.
    »Ich nehme an, das ist die Klingel.« Simon drückte darauf, und tief im Inneren des Hauses ertönten Orgelklänge wie gregorianischer Mönchsgesang.
    »Allerliebst«, bemerkte Simon.
    »Gute Idee!«, flüsterte ich sarkastisch. »Und jetzt?«
    »Wenn jemand kommt,

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