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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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war.« Sie küsste mich auf die Wange, stand auf und ging zur Tür.
    »Mom?«, sagte ich, als sie sich entfernte.
    »Ja?«
    »Danke.«
    »Wofür?«
    Ich hatte einen Kloß im Hals, als hätte ich ein Vogelei verschluckt. »Ich weiß nicht.« Ich wusste es wirklich nicht genau. Doch ich dachte daran, wie Dad mir erzählt hatte, dass Mom für ihn alles hatte stehen- und liegenlassen. Und dass sie traurig darüber gewesen war, dass ich ihr das mit Simon nicht anvertraut hatte. Lange Zeit, so empfand ich, sah ich meine Mutter an, ihre klaren blauen Augen, die kleinen Fältchen, die sie umgaben. Sie legte den Kopf schief, eine Hand auf der Klinke.
    »Du bist sicher müde. Ich lasse dich jetzt allein.«
    »Ich freue mich, dass du Simon magst«, sagte ich leise.
    Mom hielt inne, drehte sich noch einmal zu mir um und winkte mir dann einen Gutenachtgruß zu. Leise schloss sie meine Tür, und ich lauschte ihren Schritten, die sich klackernd den Flur hinunter entfernten und dann verstummten.
    Ich legte mich zurück aufs Bett. Wenn es Hoffnung für meine Mutter und mich gab, dann würden sich vielleicht auch Corinne und ihre Mutter irgendwann wieder versöhnen. Ich atmete tief ein und aus, ließ alle negativen Gefühle aus mir herausfließen. Doch ich wurde die Befürchtung nicht los, dass Corinne eine Art Zusammenbruch erleiden würde. Oder dass ihre Familie zerbräche. Ob dies das letzte Mal war, dass unsere Familien Zeit miteinander verbrachten?
    Dieser Gedanke war zu beunruhigend. Ich ließ ihn einfach treiben, davontreiben …

    Ein leises, aber hartnäckiges Klopfen an meinem Fenster. Die Flamme eines Feuerzeugs – an-aus, an-aus, an-aus. Ein rötlicher Schein hinter der Scheibe.
    Mit müden Augen tappte ich zum Fenster und lächelte schläfrig Simons Gestalt an, die sich draußen abzeichnete. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war. War ich nur ein paar Minuten eingenickt, oder war schon der Morgen angebrochen?
    »Psst!«, kicherte ich, als ich das Fenster weiter öffnete, so dass er hineinklettern konnte. »Sonst weckst du die anderen.«
    »Ich bin gekommen, um dir auf Wiedersehen zu sagen«, sagte Simon in der Dunkelheit meines Zimmers. »Ich haue ab.«
    »Wie bitte?« Ich schaltete die Nachttischlampe ein und warf einen Blick auf den Wecker. Ein Uhr morgens. Inzwischen war ich hellwach. »Was hast du denn da im Gesicht?«
    »Ich gehe weg von hier«, sagte Simon leise.
    »Weg? Wohin denn? Was ist passiert?« Ich hob die Hand, um seine Wange zu berühren. Über dem Wangenknochen hatte er eine knallrote Schwellung. Seine Unterlippe war aufgeplatzt.
    Simon hielt meine Hand fest. »Nicht!«, sagte er heftig.
    »Egal, wo du hingehst, ich komme mit«, sagte ich entschlossen und zog im schwachen Licht eine Jeans an.
    »Das musst du nicht«, brummte Simon. »Du musst nicht …« Er hielt inne und ich sah Tränen in seinen Augen glitzern.
    Ich presste ihm die Hand auf die Brust. »Scht«, sagte ich beruhigend. »Geh wieder raus. Ich komme.«
    Mit klopfendem Herzen zog ich ein Sweatshirt über, griff nach meiner Taschenlampe und kletterte aus dem Fenster. Ich wusste nicht, was schlimmer war – Simons Wange und die aufgeplatzte Lippe oder die Tränen in seinen Augen. Ich balancierte über das Dach, plötzlich wacklig auf den Beinen. Meine Kehle fühlte sich so trocken wie Schmirgelpapier an, als ich hinunterkletterte. Unten wartete Simon auf mich, die Hände in den Hosentaschen.
    »Was ist denn los?«, fragte ich besorgt.
    Simon nahm meine Hand, führte mich aber nicht hinunter an den Strand, wie ich gedacht hatte, sondern um das Haus herum nach vorne und die lange Kiesauffahrt hinunter. Das gelbe Auto seines Vaters stand nachlässig vor den Toren von Wind Song geparkt, halb am Straßenrand, halb auf der Straße.
    »Wo fahren wir hin?« Gehorsam rutschte ich auf den Beifahrersitz, wobei ich einen Blick auf eine Segeltuchtasche erhaschte, die auf der Rückbank stand.
    »Ich weiß nicht. Irgendwohin.« Simon fuhr sich grob über die Augen und blickte starr geradeaus, als er den Motor anließ.
    Mir schnürte sich die Kehle zu. Im Licht der Außenbeleuchtung auf der Auffahrt erkannte ich die Umrisse seiner geschwollenen Wange. Sein Mundwinkel war zu einer leuchtend roten Ecke hochgezogen, seine Augen blickten wild und unstet.
    »Hat dein Vater …?« Ich beendete meine Frage nicht. Simons Schweigen war Antwort genug. Wut durchfuhr mich wie ein greller Blitz. Also war meine Beobachtung bei meiner ersten Begegnung mit Mr Ross

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