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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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behaupten wir, wir wollten zu einer Party und hätten uns in der Adresse geirrt. Wenn keiner kommt, wissen wir, dass niemand zu Hause ist.«
    Niemand kam, und wir verbrachten die nächste halbe Stunde damit, nach einem Weg hinein zu suchen.
    »Sesam, öffne dich.« Simons Augen leuchteten auf, als er ein halboffenes Kellerfenster entdeckte.
    Er kletterte hinein und blieb einen Augenblick lang still stehen. »Siehst du?«, flüsterte er triumphierend. »Keine Alarmanlage. Die Besitzer wissen, dass keiner etwas von ihrem Zeug stehlen will. Wahrscheinlich würde es nicht mal jemand geschenkt wollen, und sie hoffen sogar auf einen Einbrecher.«
    »Ich glaube eher, dass sie einen ausgeklügelten stillen Alarm haben«, grummelte ich und kletterte vorsichtig hinter Simon her durch das Fenster. »Zum Beispiel Laserstrahlen.« Doch Simon schien mich gar nicht zu hören.
    »Gib mir mal deine Taschenlampe.« Er ließ den Lichtstrahl durch den Raum wandern, beleuchtete drei große Waschmaschinen und drei Trockner und bemerkte: »Interessant. Ich nehme an, Drachen produzieren einen Haufen Schmutzwäsche …«
    Nachdem wir ein paar Minuten lang den Wäschekeller erkundet hatten, fanden wir den Weg die Treppe hinauf in einen Flur.
    »Da siehst du’s«, murmelte Simon, als wir durch große, hallende Räume wanderten. »Ich habe dir doch gesagt, dass keiner da ist.«
    Mit vor Erstaunen offenem Mund spazierten wir durch das höhlenartige Innere des Drachenbaus. Unsere Taschenlampe beschien entweder leere, an Gewölbe erinnernde Zimmer oder gespenstisch mit weißen Laken verhüllte Möbelstücke. Es war, als besichtigten wir ein Grabmal oder ein Museum, das wegen Renovierung geschlossen war.
    »Komm«, flüsterte Simon.
    Ich blieb vor den großen, dunklen Umrissen einer Tür stehen. Noch immer befürchtete ich, dass uns jeden Moment jemand entdecken würde. Ich wollte nicht noch weiter in das Haus eindringen. Angenommen, wir fanden nicht mehr heraus? Doch Simon stieß gegen die Tür, und sie schwang auf wie in einem Saloon.
    »Bingo!« Simon richtete den Strahl der Taschenlampe geradeaus. Er fiel auf eine Art Felswand und eine langgestreckte, tiefe, wellige Grube, die sich in einem weiten Kreis unterhalb der Felswand erstreckte.
    »Wir brauchen mehr Licht«, sagte Simon und tastete um die Ecke an der Wand herum. »Vielleicht hier … Abrakadabra!« Mit dem Klicken eines Schalters wurde der Raum in ein unheimliches, fluoreszierendes Licht getaucht, das aus der Grube selbst zu kommen schien. Jetzt konnten wir die Beschaffenheit dessen erkennen, was die Innenlagune gewesen sein musste, die in künstliche Felsen eingelassen war. Allerdings war jetzt kein Wasser darin, und die Unterwasserbeleuchtung erhellte keine tropischen Fische und aquariumsblaues Wasser, sondern nur grauen Beton.
    »Wow …« Simon schüttelte den Kopf, verzog das Gesicht und murmelte: »Grotesk!«, die Hände in einer übertriebenen Geste des Horrors vor das Gesicht geschlagen.
    »Oh, Simon, das ist doch genau dein Geschmack! Bist du nicht begeistert?«, witzelte ich.
    Simon spielte mit und wandte sich an einen imaginären Makler. »Welch originelles Ausstattungselement!«, posaunte er und deutete auf die »Lagune«. »Was sollte das Haus gleich noch kosten? … Nur zwanzig Mille? Okay, wir nehmen es.«
    Simon umrundete die Lagune und hockte sich an den Rand. Dann sprang er hinein.
    Ich rannte hin, als er auf dem Betonboden aufkam. »Alles klar bei dir?«
    »Ich bin der König des Schlosses!«, rief er im Aufstehen mit einer weiten Armbewegung. »Und du, meine Liebe, bist die Königin!«
    Ich kicherte, hockte mich vorsichtig an den Rand der Lagune und ließ die Beine ins Leere baumeln. Wir blickten die riesige Felswand hinauf. Ich stellte mir einen Wasserfall vor, dessen Rauschen den ganzen Raum erfüllte.
    Doch als ich eine Weile auf dem Rand des trockenen Beckens gesessen hatte, erstarb mein Lachen. Diesen seltsamen Raum unvollendet und verlassen zu sehen stimmte mich traurig. »Du musst zugeben, dass der Bauherr Phantasie hatte«, sinnierte ich. »Eine potthässliche, aber seine ureigene.«
    Während ich sprach, erkundete Simon die Lagune. Er berührte die Wände, rannte mit Anlauf ein paar Schritte daran hinauf, sprang wieder ab und versuchte, an den Biegungen emporzuklettern. Seine blasse Haut leuchtete im neonblauen Swimmingpoollicht.
    »Er hatte Mut«, fuhr ich nachdenklich fort. »Auf jeden Fall wusste er, was er wollte, egal, was irgendjemand sonst davon

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