Der Sommer der Toten
dem Absatz herumwirbelte.
Was sie sah, raubte ihr schier den Verstand. Aus dem Tümpel hatte sich eine weitgehend verweste grünlichweiße, ehemals menschliche Hand erhoben. Sekunden später kam die andere Hand auch noch dazu.
Gleichzeitig schreiend, schluchzend und würgend rannte Anna rückwärts zu ihrem Wagen, konnte aber den Blick nicht von der makabren Szenerie lösen.
Die Hände bewegten sich zum Ufer und wenig später stemmte sich eine stark verweste und bis zur Unkenntlichkeit entstellte Wasserleiche aus dem Tümpel.
Das reichte. Laut schreiend sprangen die beiden in den Wagen. Anna startete den Motor, rammte den Rückwärtsgang hinein und wendete den Wagen dermaßen hektisch, dass sie beim Rangieren zwei Bäume rammte.
Als Anna endlich den Wagen gewendet hatte und mit einem Kavalierstart davon schoss, der jeden Golf-GTI-Idioten vor Neid hätte erblassen lassen, war die Wasserleiche aus dem Tümpel gekrochen und wankte mit ausgestreckter Hand hinter dem Mercedes her – freilich ohne Erfolg.
Es dauerte einige Zeit, bis sich die beiden von ihrem Schock erholt hatten.
„Gehört dieser Tümpel bereits zu Berghausen?“, erkundigte sich Bianca und brach damit das Schweigen.
Anna nickte nur.
Es entstand eine unangenehme Pause, ehe Bianca etwas darauf erwiderte.
„Dann geht es jetzt also los“, sagte sie schließlich.
19.
In Berghausen begann so langsam das Chaos auszubrechen. Bei nicht weniger als elf Familien herrschte helle Aufregung, weil die vor kurzem verblichenen Verwandten sich erhoben hatten und sich anschickten, die Kreise ihrer Familien zu verlassen.
Versuche, die lebenden Toten zurückzuhalten, endeten mit erheblichen Knochenbrüchen, und ein Mann, der seine tote und vermeintlich wieder zum Leben erwachte Frau voller Freude umarmen wollte, bezahlte seinen Irrtum gar mit dem Leben. Sein Körper war anschließend so zerschmettert, dass er auch als Zombie nicht mehr in der Lage war, sich fortzubewegen.
Aus allen Himmelsrichtungen wankten die lebenden Leichen herbei. Die meisten waren in Nachthemden und Pyjamas gehüllt. Auch die Bewohner des Seniorenstifts hatten darüber hinaus lediglich noch ihre Morgenmäntel an.
Meist liefen sie barfuss. Ihre Blicke waren starr geradeaus gerichtet. Oder sie starrten auf irgendeinen imaginären Punkt irgendwo am Himmel. Allesamt bewegten sie sich sehr steif. Tatsächlich erinnerten sie ein wenig an die Zombies aus George A. Romeros Filmklassiker - lediglich mit dem Unterschied, dass ihre Gesichter nicht grün eingefärbt waren.
Schnell wurde klar, dass sie sich an einem zentralen Punkt treffen würden. Klaus fragte sich, wo dieser Punkt liegen mochte und was danach geschehen würde.
Mehrere Streifenwagen waren mittlerweile eingetroffen. Die Polizisten versuchten erst gar nicht, die lebenden Toten in irgendeiner Form aufzuhalten. Vielmehr bemühten sie sich darum zu verhindern, dass es noch mehr Verletzte geben würde.
Die Zombies waren eigentlich vergleichsweise friedlich. Solange sich niemand ihnen in den Weg stellte, taten sie auch niemandem etwas. Das hatten die Polizisten schnell erkannt und richteten ihre Taktik darauf aus. Sie trennten einfach die Lebenden von den Toten und verhinderten so womöglich ein Blutbad.
Es verging viel Zeit, bis sich die Toten an dem zentralen Punkt getroffen hatten. Wer immer sich unter diesem zentralen Punkt etwas besonders Prägnantes vorgestellt hatte, wurde enttäuscht. Es war irgendwo an einer Straße, wo die Zombies erst einmal aufeinander zu wankten, dann ziellos auf der Stelle stolperten und sich schlussendlich als makabre Prozession auf den Weg zu ihrem Ziel machen, das jetzt im Augenblick niemand zu benennen vermochte.
20.
Anfangs fuhr Anna wie ein Berserker. Bei der engen Straße mit den unübersichtlichen Kurven und dem schlechten Gesamtzustand war dies ein mehr als waghalsiges Unterfangen.
Nach etwa zwei Kilometern kam eine Nothaltebucht, in die Anna hineinfuhr und so abrupt abbremste, dass Bianca schmerzhaft in den Sicherheitsgurt gedrückt wurde.
Dann lehnte sie sich im Sitz zurück, schloss die Augen und atmete tief durch.
„Soll ich fahren?“, erkundigte sich Bianca, nachdem sie ihr eine Weile wortlos zugesehen hatte.
Anna schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Das sollte noch einige Minuten andauern, ehe sie leise „Okay“ murmelte, den Wagen wieder anließ und weiter fuhr – diesmal im vernünftigen Tempo.
Bianca, die sehr gut nachvollziehen konnte, was in ihr vorging (ihr selbst
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