Der Sommer der Toten
ist.“
Er stemmte sich mühsam nach oben.
„Hilf mir mal bitte“, bat er Bianca. „Ich will zu Werner gehen.“
Bianca nickte und stützte ihn, während er zu der lebenden Leiche humpelte.
Werner starrte ihn aus seinen toten Augen unverändert an.
„Werner“, sagte Klaus und legte seine Hand auf die Schulter des Toten. „Ich weiß nicht, ob du es immer noch bist und ob du mich überhaupt verstehen kannst. Aber ich möchte dir dafür danken, dass du mir geholfen hast.“
Die Augen starrten unverändert. Aber der Tote bewegte sich. Sein rechter Arm hob sich ganz langsam und fiel schließlich auf Klaus’ Schulter. Nach kurzer Zeit fiel der Arm scheinbar kraftlos wieder nach unten.
Bianca starrte mit großen Augen abwechselnd auf Werner und auf Klaus.
Anna keuchte vor Überraschung.
Hinter ihnen fiel Kommissar Kellermann mit einem deutlich hörbaren Plumps ohnmächtig zu Boden.
„Ich glaube, hier haben wir es mit echter Freundschaft zu tun“, murmelte Anna verwirrt.
„Lass uns erst mal wieder diesen dämlichen Bullen wachbekommen“, murmelte Bianca unwillig. „Komm, Klaus, ich bring dich wieder zurück zum Unimog.“
Sie stützte Klaus, während er wieder zum Unimog humpelte und sich schließlich wieder auf das Trittbrett der geöffneten Tür setzte.
Dann ging sie zu dem ohnmächtigen Kommissar. Dabei musste sie auch an Werner vorbei gehen. Sie blieb vor ihm stehen.
„Danke, Werner“, sagte sie.
Werners starre Augen ließen keine Reaktion erkennen. Bianca hoffte darauf, dass ihr Dank angekommen war.
Dann kniete sie neben dem Kommissar nieder und drehte ihn grob um. Sie hatte immer noch nicht die Absicht, nett zu ihm zu sein, aber bewusstlos half er ihr wenig.
Auf seiner Stirn begann eine kleine Beule zu wachsen. Höchstwahrscheinlich war er auf einen Stein gefallen, als er ohnmächtig wurde.
Bianca machte nicht viel Federlesens und begann gleich damit, den Polizisten mit einer Reihe wohldosierter Ohrfeigen in die Wirklichkeit zurückzuholen.
„Aufwachen, Kommissar!“, rief sie. „Der Rentenbescheid ist da.“
Die Augenlider des Kommissars flatterten und schließlich schlug er die Augen auf. Er sah sich verwirrt um und schließlich trat wieder dieses schier unbändige Entsetzen in seine Augen.
„Jetzt wollen wir uns mal nicht so mädchenhaft anstellen“, sagte Bianca keck. „Sie tun fast so, als hätten Sie noch nie eine lebende Leiche gesehen.“
„Sie ... Sie haben es gewusst?“, fragte Kellermann verwirrt.
„Na klar“, antwortete Bianca, als hätte er lediglich gefragt, ob sie ein Bankkonto besitze. „Stellen Sie sich mal vor: Gestern hat mir einer von diesen untoten Brüdern doch glatt ’ne Rippe gebrochen. Mann, ich war vielleicht stinkig auf diesen Typen.“
„Das ist nicht witzig“, antwortete Kellermann stöhnend.
„Fand ich auch nicht“, bestätigte Bianca. Sie hob in dem vollen Bewusstsein, keinen BH zu tragen, ihr T-Shirt hoch und ließ Kellermann neben ihren Brüsten den Bluterguss bestaunen. „Sehen Sie? Der dunkle Fleck direkt unter meiner rechten Titte?“
„Bianca!“, rief Klaus vom Unimog in einer Mischung aus Entrüstung und Erheiterung aus.
Bianca zog ihr T-Shirt wieder herunter.
„Wieso?“, fragte sie so unschuldig, wie sie nur konnte. „Hat doch geklappt. Der Blutdruck stimmt wieder.“
Sie stand auf und reichte dem Kommissar ihre Hand.
„Los, kommen Sie.“
Kellermann ergriff ihre Hand – wenn auch spürbar widerstrebend. Bianca zog ihn mit einem kräftigen Ruck auf die Füße.
„Alles klar?“, fragte sie ihn.
Kellermann nickte.
„Also gut“, fuhr Bianca fort. „Ich weiß, dass Sie mich hassen. Ich nehme Ihnen das nicht übel. Ich habe auch alles dafür getan, aber jetzt sollten wir unser Kriegsbeil für eine Weile begraben. Was Sie hier sehen, ist eine Situation, die sehr wahrscheinlich demnächst zu eskalieren droht.“
„Und was schlagen Sie vor?“
„Wann kommen denn die Jungs mit dem Streifenwagen?“
Kellermann sah auf die Uhr.
„Wahrscheinlich in den nächsten fünfzehn bis zwanzig Minuten.“
„Dann schlage ich Folgendes vor: Sie rufen noch einen Krankenwagen für meinen Freund. Anna – das ist die andere bezaubernde junge Dame – nimmt unseren toten Freund mit und versteckt ihn. Wir sagen Ihnen auch wo. Nur in die Pathologie darf er nicht wieder zurück. Mich lassen Sie gleich wegen Leichenklau verhaften und bei Ihnen im Präsidium unterhalten wir uns dann noch mal – diesmal mit dem nötigen
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