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Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
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schloss sie die Tür, ging um den Wagen herum und stieg ein.
    Sie steckte den Schlüssel ins Zündschloss, startete den Motor und fuhr los.
    Nach wenigen hundert Metern kam ihr der Streifenwagen mit blinkendem Blaulicht entgegen. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als ihr die Polizisten per Lichthupe ein Zeichen gaben, anzuhalten.
    Anna stoppte und kurbelte die Seitenscheibe herunter.
    „Ja?“, fragte sie, als der Polizeiwagen auf ihrer Höhe angehalten und der Fahrer ebenfalls das Seitenfenster herunter gelassen hatte.
    „Was machen Sie hier?“, fragte der Polizist.
    „Ich hatte gerade ein nettes Rendezvous mit Ihrem lieben Kommissar Kellermann.“ Anna deutete aus dem Fenster und zeigte in der Richtung, aus der sie gekommen war. „Dort hinten endet die Piste. Danach müssen Sie durch diesen schmalen Waldpfad gehen und nach etwa zweihundert Metern finden Sie ihn.“
    „Und Sie hat er davon geschickt?“, fragte der Polizist misstrauisch.
    „So weit ich weiß, hat er ein Funkgerät“, entgegnete Anna schnippisch. „Fragen Sie ihn doch.“
    Der Polizist starrte sie einen Augenblick an, dann nahm er tatsächlich Funkkontakt mit Kellermann auf. Kellermann bestätigte wohl Annas Angaben, denn der Polizist gab ihr ein kurzes Zeichen und fuhr weiter.
    Anna atmete erleichtert auf. Das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war, dass sie einem Polizisten erklären musste, wie eine entschwundene Leiche in ihren Wagen kommen konnte und dabei noch unerwartet lebendig war.
    Sie fuhr weiter und steuerte auf den direktesten Weg Berghausen an.
    Sie bekam ein schlechtes Gewissen, als sie sich bei dem Gedanken ertappte, dass sie heilfroh war, dass Werner nicht neben ihr saß. Eine lebende Leiche transportieren zu müssen, war schon gruselig genug. Wenn diese noch direkt neben ihr sitzen würde, dann wäre es sicherlich eines jener berühmten Erlebnisse, die man nicht so schnell vergessen würde. Hinzu kam, dass dies eine Erfahrung war, auf die sie liebend gerne verzichtete.
    Die Fahrt verlief ohne weitere Zwischenfälle. Sie erreichte Berghausen und steuerte ohne Umschweife den Ortsausgang am anderen Ende und die Zufahrt zum Hexenhügel an.
    Am Parkplatz am Fuße des Hügels stand bereits Pfarrer Schuster und wartete auf sie.
    Er eilte zu ihrem Fahrzeug, bevor sie überhaupt zum Stehen gekommen war. Anna kurbelte die Seitenscheibe herunter.
    „Wo ist er?“, fragte der Pfarrer aufgeregt.
    „Hinten im Kasten“, erklärte Anna knapp. „Wie sieht es auf dem Friedhof aus?“
    „Leer“, antwortete der Pfarrer. „Ich mache mir aber dennoch Sorgen, dass uns jetzt noch jemand beobachten kann.“
    „Das untere Drittel des Weges kann notfalls noch befahren werden“, sagte Anna. Ich werde versuchen, rückwärts so weit wie möglich hinaufzufahren.“
    Pfarrer Schuster nickte kurz und eilte voran.
    Anna wendete auf dem Parkplatz und fuhr rückwärts auf den Fußweg zu, der zum Friedhof und zur Kirche hinaufführte.
    Was danach kam, war Millimeterarbeit. Der Weg war kaum breiter als Annas Kastenwagen. Zur Seite des Hügels hin begrenzte eine Sandsteinmauer den Weg, zur anderen Seite bewahrte ein schmales Eisengeländer potentielle Besucher vor dem Sturz in die Tiefe.
    Bereits nach zehn Metern konnte ein Sturz nach unten gefährlich werden.
    Anna fuhr langsamer als Schritttempo. Dabei konzentrierte sie sich vor allem auf das Geländer. Wenn sie mit der Sandsteinmauer in Konflikt geriet, dann wäre das nur ein weiterer Kratzer im Lack, der bei der ohnehin recht ramponierten Karosserie kaum noch auffiel. Das Geländer vermochte hingegen einem Auto nicht viel entgegenzusetzen, und einen Sturz aus welcher Höhe auch immer wollte sie nicht riskieren.
    Dabei ging es ihr noch nicht einmal um das Auto. Diese alte Karre musste ohnehin bald ersetzt werden – spätestens dann, wenn die TÜV-Prüfer mit Lachtränen in den Augen die Kennzeichen entstempeln würden. Aber das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war, dass sie in irgendeiner Form mehr Aufsehen erregte als unbedingt nötig.
    Es knirschte mehr als einmal vernehmlich, wenn sie mit dem Fahrzeug an der Mauer entlangschrammte. Dennoch kam sie gut voran. Die erste Kehre war eine besonders kollisionsfreudige Angelegenheit. Danach kam ein langgezogenes gerades Stück, dem eine weitere Kehre folgte. Nach weiteren hundertfünfzig Metern kamen die ersten Stufen. Anna hielt an und überlegte, ob sie versuchen sollte, die Stufen mit dem Wagen zu überwinden. Eigentlich waren nach ihrer

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