Der Sommer der Toten
schon zum Pfarrhaus fahren lassen, aber Bianca bestand darauf, dass er direkt zu Annas Pension fuhr und dort auf sie wartete. Klaus willigte widerstrebend ein und nahm sich im Stillen vor, die Erdproben, die er am Vorabend angelegt hatte, auszuwerten.
Bianca versprach, zu ihm zu stoßen, sobald sie eine Möglichkeit gefunden hatte, wie sie die lebenden Leichen verstecken konnte. Danach war das Gespräch beendet. Klaus steckte seufzend das Handy in die Tasche.
Als er den merkwürdigen Seitenblick des Fahrers gewahrte, überlegte er, ob er trotz aller Vorsicht etwas Verdächtiges gesagt hatte, kam aber nach kurzer Überlegung zu dem Schluss, dass, wenn dem so sei, es dann ohnehin schon zu spät wäre.
Nach einer halben Stunde Fahrt erreichte das Taxi das gewünschte Ziel. Klaus bezahlte die verheerend hohe Rechnung, die er durch ein eher mageres Trinkgeld aufrundete, stieg aus und wartete, bis der Wagen aus seinem Blickfeld verschwunden war. Danach humpelte er zu dem Laborwagen, stieg in den Container und holte die Erdproben aus dem Brutschrank.
Als er die Nährböden begutachtete, auf denen er Proben der Erde verteilt hatte, runzelte er die Stirn. Auch die flüssigen Nährmedien, in denen er weitere Proben angereichert hatte, sahen nicht unbedingt so aus, wie er es erwartet hätte.
Er griff zu seinem Handy und rief zum zweiten Mal Bianca an.
„Ich sitze gerade im Laborcontainer“, erklärte Klaus, nachdem Bianca abgehoben hatte. „Ich schaue mir gerade die Erdproben an.“
„Und?“
„Nix und“, sagte Klaus. „Wenn ich die Dinger nicht höchstpersönlich verarbeitet hätte, würde ich jetzt glatt behaupten, jemand hätte sie klammheimlich sterilisiert.“
„Also nichts?“
„Rein gar nichts. Noch nicht mal in den Anreicherungen ist was gewachsen. Bakteriologisch und mykologisch ist in diesen Proben absolut tote Hose.“
„Das ist ungewöhnlich ...“, murmelte Bianca.
„Nenn mir mal etwas auf diesem komischen Friedhof, was nicht ungewöhnlich ist“, meckerte Klaus. „Es ist auch ungewöhnlich, dass mir lebende Tote über die Füße stolpern, wenn ich dort Proben nehme.“
„Stimmt“, gab Bianca leise kichernd zu. „Lass uns die Dinger trotzdem noch mal einen Tag bebrüten. Vielleicht wächst doch noch was.“
„Mach ich“, stöhnte Klaus. „Wie lange braucht ihr noch da oben?“
„Nicht mehr lange“, antwortete Bianca. „Wir müssen uns nur noch etwas einfallen lassen, wie wir die Haushälterin vom Pfarrer loswerden können. Die ist gerade aus der Stadt zurückgekommen und veranstaltet ein Riesengeschrei.“
„Das ist in der Tat schwierig“, antwortete Klaus.
14.
Als Bianca am Telefon von „Riesengeschrei“ sprach, hatte sie noch gewaltig untertrieben.
Als sie vom Einkaufen zurück in das Pfarrhaus kam und als Erstes den untoten Werner erblickte, reagierte sie noch relativ unspektakulär. Sie fiel lediglich leise seufzend in Ohnmacht.
Nachdem sie erwacht war, verlangte sie sofort eine Erklärung vom Pfarrer. Dieser antwortete ihr aus nachvollziehbaren Gründen nicht. Bianca und Anna versuchten sie davon zu überzeugen, dass auch der Pfarrer tot sei. Das wollte sie nicht so ganz glauben.
Resolut, wie sie nun mal war, eilte sie zu dem untoten Priester und versuchte, ihn von seiner auf dem Boden sitzenden Position aufzuhelfen. Erst so nach und nach wurde ihr klar, in welch ungeheuerliche Situation sie blindlings hineingestolpert war.
Entsetzt nahm sie vom Pfarrer Abstand, indem sie zwei plump anmutende Sätze nach hinten machte. Sie starrte abwechselnd zwischen den beiden Zombies hin und her und begann schließlich mit ihrer schrillen Stimme hysterisch zu kreischen.
Bianca schüttelte sie, um sie zu beruhigen. Als das nichts nützte, verpasste sie ihr zwei, drei schallende Ohrfeigen, die ihre gewünschte Wirkung ebenfalls verfehlten.
Schließlich hatte Bianca die Nase voll und schlug die Haushälterin mit einem wohl gezielten Kinnhaken K.O.
Es dauerte gut eine Viertelstunde, ehe die Haushälterin wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte. Sie bekam zwar keinen hysterischen Schreikrampf mehr, aber auf Bianca war sie nicht mehr gut zu sprechen. Sie warf ihr wutentbrannt alles an den Kopf, was sie zwischen die Finger bekam.
Die Sofakissen waren das kleinste Problem, aber als Irmhild zu den schmerzhafteren Wurfgeschossen wie zum Beispiel zu der Bleikristallvase, die auf dem Wohnzimmertisch stand, überging, griff Kommissar Kellermann ein und fesselte ihr die Hände mit
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