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Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
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andere Fragen, wie zum Beispiel die nach dem Verbleib der Köpfe der Rocker, würde sie lieber unbeantwortet lassen – obgleich sie wusste, dass dieser fromme Wunsch unerfüllt bleiben würde. Sie wusste nicht, was noch auf sie zukommen würde, auch wusste sie nicht, woher sie diese Erkenntnisse nahm, aber sie wusste sehr genau, dass noch Furchtbares auf sie zukommen würde – so sicher, wie es einmal in der Woche einen Sonntag gab.
    Nervös fuhr sie sich mit den Händen durch das Gesicht und hielt kurz darauf inne, als sie von den anderen entsetzt angestarrt wurde.
    „Stimmt was nicht?“, fragte sie nach einer kurzen verblüfften Pause.
    Niemand brauchte zu antworten, denn mit einem Mal spürte sie das leicht feuchte Gefühl im Gesicht. Nichts Gutes ahnend blickte sie auf ihre Hände und erkannte, dass auf ihren Handflächen tiefe schwärende Wunden prangten.
    „Geht es los?“, fragte Bianca sanft.
    Unfähig zu antworten nickte Anna, während ihr Tränen aus den Augen liefen.
    7.
Es war entsetzlich, aber Herr Gmeiner brachte es nicht über sich von seiner Frau wegzugehen.
    Obwohl sie schon längst tot war, hielt er immer noch ihre Hand, während Männer von der Feuerwehr die Wäschestange, auf der sie aufgespießt wurde, mit einem Winkelschleifer abschnitten.
    Als die Wäschestange fast durchtrennt war, musste ihn ein Feuerwehrmann mit sanfter Gewalt wegzerren, damit die Leiche geborgen werden konnte. Schließlich war die Wäschestange durchtrennt. Zu dritt hoben die Feuerwehrleute die Leiche samt abgetrennter Stange zur Seite und legten sie auf der Wiese ab.
    Als sie die Stange herauszogen, schoss zunächst aus dem offenen Brustkorb eine Blutfontäne. Dieser Anblick gab Herrn Gmeiner den Rest. Wenig später war er mit dem Krankenwagen auf dem Weg zur Notaufnahme des Krankenhauses, wo er wegen seines Nervenzusammenbruchs behandelt wurde.
    Man konnte es Gnade des Schicksals nennen, denn so blieb ihm das, was noch kommen sollte, erspart.
    Der Notarzt, der vor Ort geblieben war, brauchte nicht besonders lange, um eindeutig den Tod zu attestieren. Die Wäschestange hatte ihren Rücken durchbohrt und auf dem Weg durch den Körper bis zum Austritt aus dem Brustkorb viele innere Organe nebst einer Schlagader zerstört. Frau Gmeiner war innerhalb weniger Minuten verblutet.
    Der Notarzt hatte bereits seine Gerätschaften zusammengeräumt und schickte sich an, wieder zurückzufahren, als aus dem Haus der Gmeiners das hysterische Kreischen der jüngeren Tochter drang.
    Beunruhigt sah sich der Arzt um und stürmte in das Haus, um nach dem Mädchen zu sehen.
    Er folgte dem Kreischen in das oberste Stockwerk und fand sie schließlich vor einer geöffneten Zimmertür die Fäuste in das Gesicht gepresst.
    Er blickte in das Zimmer und erkannte das Sterbezimmer, aus dem die Frau gestürzt war. Er sah das Totenbett, er sah die Kerzen, die immer noch brannten und er sah die Leiche, die er auch als solche erkannte.
    Auch wenn sie am Fenster stand und sich gerade dort herausfallen ließ.
    Kurz darauf erkannte er an dem dumpfen Stöhnen, das von unten herauf drang, dass seine Dienste dort dringender benötigt wurden.
    Er beließ das völlig verstörte Mädchen in der Obhut seines nicht minder verstörten Bruders und stürmte wieder nach unten.
    Unten angekommen gewahrte er ein schier unglaubliches Bild. Der lebende Leichnam der Großmutter war bereits wieder aufgestanden und lief langsamen Schrittes davon. Die Bewegungen hatten die gleiche ungelenke Steifheit einsetzender Leichenstarre wie die der anderen Zombies, aber da der Notarzt von denen nichts wusste, fehlte ihm auch dieser Vergleich. Nichtsdestotrotz war überdeutlich erkennbar, dass sich die tote Großmutter bei dem Sturz aus dem Fenster eine schwere Schienbein-Fraktur zugezogen hatte, aber gerade die schien sie nicht erkennbar zu behindern, als sie langsam aus dem Garten wankte.
    Der Arzt gestattete sich nur einen kurzen Augenblick, um sich über diese abstruse Situation zu wundern, denn er hatte das Stöhnen genau richtig gedeutet. Die lebende Leiche war tatsächlich auf einen der anwesenden Feuerwehrleute gefallen, und dieser lag nun mit schweren Verletzungen auf dem Boden. Während er sich um den Verletzten kümmerte, bekam er am Rande mit, dass sein Kollege bereits einen weiteren Notarztwagen bestellt hatte.
    Dieser traf auch fünf Minuten später ein, bereit, den verletzten Feuerwehrmann aufzunehmen.
    Der Arzt wollte gerade etwas entspannen und anschließend noch

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