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Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
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einmal nach dem Mädchen sehen, das bei dem Anblick der lebenden Leiche einen hysterischen Anfall bekommen hatte, als er durch einen Schrei, der von der Straße in den Garten hallte, alarmiert wurde und nach draußen rannte.
    Am Straßenrand war der Leichenwagen geparkt, der die von der Wäschestange aufgespießte Frau Gmeiner abholen sollte.
    Die Heckklappe war geöffnet und der Zinksarg stand noch auf der Straße. Zwei Polizisten nahmen den Unfall auf und bevor nicht eindeutig klar war, dass es sich dabei um einen Unfall handelte, konnten die Sargträger noch nicht die Tote abtransportieren. Der Deckel des Zinksarges war geöffnet, damit die Polizisten die Leiche noch mal inspizieren konnten. Absolut falsch an diesem Bild war jedoch, dass die Leiche aufrecht im Sarg saß und ungelenk versuchte, aufzustehen.
    8.
Frau Seibert und Bettina trauten ihren Augen kaum. Herr Küllmer war ganz eindeutig tot. Dennoch stand er scheinbar unschlüssig im Gemeinschaftsraum des Seniorenstiftes herum und bewegte sich nur noch ab und an mit ungelenken Schritten auf den einen oder anderen Anwesenden zu.
    Auf Ansprache reagierte er überhaupt nicht und als Stefan, der zweite Zivildienstleistende versuchte, ihn sanft aus dem Gemeinschaftsraum zu geleiten, kassierte er einen Schlag in die Rippen, der ihn gegen eine Glasvitrine taumeln ließ und ihm schier den Atem raubte.
    Die Glasvitrine protestierte laut scheppernd, überstand den heftigen Aufprall aber unbeschadet. Danach traute sich niemand mehr in die Nähe des lebenden Toten.
    „Was sollen wir bloß machen?“, fragte Bettina entsetzt und hilflos zugleich.
    Auch Frau Seibert stand das Entsetzen im Gesicht geschrieben. Ganz offenkundig war sie auch außerstande, zu antworten. Sie zuckte gleichzeitig mit den Schultern und schüttelte ratlos den Kopf.
    „Ich habe den Eindruck, er wartet auf etwas“, vermutete Bernd leise flüsternd, um niemanden der noch anwesenden Bewohner zu beunruhigen.
    „Und worauf?“, fragte Bettina spitz, allerdings auch in einem gedämpften Tonfall.
    Auf diese Frage konnte Bernd auch nur mit einem hilflosen Schulterzucken antworten.
    Die Antwort sollte nur wenig später folgen. Die Glastür zu dem Gemeinschaftsraum, zuvor von Bettina geschlossen, wurde mit solch einer brachialen Wucht aufgestoßen, dass die Glasscheibe unter lautem Klirren zerbarst. Hereingetaumelt kam Frau Klüber, die ebenfalls in der vergangenen Nacht verstorben war.
    Frau Seibert starrte die zweite lebende Leiche an – ihre Augen schienen fast aus den Höhlen zu quellen. Die Leiche selbst gesellte sich unbeeindruckt zu dem anderen Toten und fortan standen sie zu zweit unschlüssig da.
    „Ich hoffe, jetzt kommt nicht, was ich vermute“, krächzte Bernd abgrundtief entsetzt.
    „Was denn?“, fragte Bettina, die mittlerweile nicht mehr die geringste Lust hatte, ihn abweisend zu behandeln.
    Bernd war nicht unbedingt der Mann ihrer Träume, um es mal vorsichtig auszudrücken. Der hielt sich für unwiderstehlich und hatte vom ersten Tag an erwartet, dass Bettina vor ihm auf die Knie fiel. Das tat Bettina nicht und servierte ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit ab. Teilweise so heftig, dass auch schon Frau Seibert einschreiten musste, obwohl sie vieles tolerierte und auch Bettinas Haltung verstehen konnte.
    Nun waren diese Rivalitäten in dieser Situation wie weggeblasen. Was sie einte, war das Entsetzen, das alle gleichsam durchleben mussten.
    „Ich fürchte“, sagte Bernd, um Bettinas Frage zu beantworten, „dass die beiden noch auch Frau Marazek warten.“
    Frau Marazek war die dritte Tote der letzten Nacht.
    Und Bernd sollte Recht behalten. Keine zehn Minuten später kam auch Frau Marazek durch die Trümmer der zerstörten Glastür in den Gemeinschaftsraum gewankt. Da sie im Bett gestorben war, hatte sie lediglich ein Nachthemd an und lief barfuss. So lief sie auch durch die Scherben der zerborstenen Glastür. Eine Scherbe steckte gar hochkant im Teppich fest. Sie trat dorthinein und Bettina beobachtete mit angehaltenem Atem, wie diese Scherbe durch ihren Fuß drang wie durch Butter und oben wieder heraus kam. Frau Marazek war bereits seit einigen Stunden tot. Daher war ihr Blut bereits geronnen und sie hinterließ keine Blutspur mehr.
    Nichts, aber auch rein gar nichts in ihren toten Gesichtszügen ließ darauf schließen, dass sie zur Kenntnis genommen hatte, dass sie sich dergestalt am Fuß verletzt hatte. Völlig unbeeindruckt wankte sie auf die beiden anderen Zombies zu

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