Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)
Bart.
Adalar betrachtete ihn nachdenklich. „Bibliothekar sagtest du.“ Er reichte ihm die Hand und zog ihn hoch.
Grellon wollte gerade etwas erwidern, als Blair zurückkam. Der schweigsame Neolinga war von Adalar vorausgeschickt worden, die nähere Umgebung zu erkunden.
Er musterte Grellon abschätzig. „Alles in Ordnung“, sagte er, an Adalar gewandt. „Hier ist nichts und hier war auch seit Längerem niemand.“
„ Danke, Blair“, sagte Adalar. „Kilian, hier lang. Wir gehen erstmal in Richtung Farralot. Natürlich erst, wenn Grellon seinen Schuh gefunden hat.“
Driftwood war sehr niedergeschlagen. Seine langen Arme baumelten kraftlos an ihm herab wie Schnürsenkel. Nicht mal die Füße bekam er richtig hoch.
„ Drift, jetzt reiß dich doch mal zusammen“, mahnte Socke.
„ Mah“, erwiderte Driftwood schlaff.
„ Wir sollten jetzt nicht trödeln. Wir nähern uns der Stadt. Und ich bin mir sicher, dass jemand nach Rolo sucht.“
„ Mah“, wiederholte Driftwood. Mehr war für den Moment nicht aus ihm raus zu kriegen.
Socke zuckte ratlos mit den Schultern. „Lass uns gehen. Der kommt schon nach.“
Sie durchquerten einen lichten Teil des Streuners. Rolo fühlte sich mies. Socke hatte das Herz am rechten Fleck. Sogar Driftwood hatte seine guten Momente. Aber mit den Alben das Tal verlassen, um ihnen bei ihrem aberwitzigen Vorhaben zu helfen? Ich enttäusche sie, dachte er. Kotze wich nicht von seiner Seite. Mühelos hielt der magische Hund mit seinen kurzen vier Beinchen mit Rolo Schritt. Dabei schaute er sehr ernst drein. Der Abstand zu Driftwood vergrößerte sich.
„ Wollen wir nicht lieber warten, bis es dunkel ist?“, fragte Rolo. „Am helllichten Tag so nah an Neunseen ist doch nicht ungefährlich für euch.“
„ Wir gehen nur bis zum Rand des Furtenlandes. Wo bleibt Driftwood denn nur?“
Das Gelände veränderte sich. Vor ihnen lag eine tiefe Senke. Sie zu umgehen, wäre ein großer Umweg gewesen. Frösche quakten in den schilfigen Ufern des Tümpels. Socke schaute über die Schulter, bevor er hinabstieg. Rolo folgte ihm. Kotze zögerte.
„ Brrr?“, fragte er.
„ Frösche, Kotze, Frösche“, erklärte Socke.
Als sie am anderen Ende wieder hinaufstiegen, sahen sie Driftwood, der gerade den Abstieg begann. Völlig kraftlos torkelte er den Hang hinab.
„ Du gute Güte.“ Socke war nervös.
Im gleichen Augenblick, als die Frösche ihr Quaken einstellten, entfachte Kotze sein freundliches Feuer. Driftwood erreichte den Grund der Senke. Er schlurfte am Ufer des Tümpels entlang, als es geschah. Ein Pfeil schlug nur eine Handbreit neben seinem Kopf in einen Baumstamm. Schlagartig verschwand seine Lethargie. „Hallo! Geht’s noch?“, protestierte er.
Rolo erstarrte vor Schreck. Aber nicht so Socke. In einem aberwitzigen Tempo stürzte er sich in die Senke. Er überschlug sich, landete am Grund auf den Füßen und spurtete los. Mit einem beherzten Sprung riss er Driftwood von den Füßen. In dem Moment schlugen weitere Pfeile da in den Baum, wo eben noch Driftwoods Gesicht gewesen war.
Rolo konnte nicht entdecken, von wo die Pfeile kamen. Doch dann bewegte sich etwas im Gebüsch. Vier Männer kamen zum Vorschein. Sie schlichen an den Rand der Senke. Ihre Gesichter waren unter Kapuzen verborgen, aber Rolo erkannte die Capes. Das waren Neolinga. Drei hatten Pfeile schussbereit auf den Bögen. Da unten saßen die Alben in der Falle. Er musste handeln.
„ Hey! Hier bin ich!“ Rolo winkte mit beiden Armen. „Nicht schießen. Es ist alles in Ordnung.“
Endlich wurden die Männer auf ihn aufmerksam. Doch dann hoben sie ihre Bögen und legten auf ihn an. Rolo hörte das Sirren der Bogensehnen, als sie schossen. Er warf sich hinter einen Busch. Die Pfeile flogen ins Dickicht. Kotze schaute ratlos hinterher.
„ Hilf ihnen!“, hauchte Rolo.
Die Alben hatten sich wieder aufgerappelt. Driftwood war verschwunden. Socke rannte die Böschung hinauf. Die drei Schützen nahmen ihn ins Visier. Der Neolinga, der seinen Bogen noch über der Schulter trug, rief Rolo etwas zu. Dann rammte er seine drei Begleiter mit aller Kraft. Der Erste wurde von der Wucht der Attacke von den Füßen gerissen und stürzte gegen den Zweiten. Der geriet aus dem Gleichgewicht und rutschte kopfüber den Hang hinab. Nur der Dritte reagierte schnell genug. Noch in seiner Ausweichbewegung richtete er seinen Bogen auf den Angreifer. Doch da war Kotze zur Stelle. Mit wildem Kampfgeheul sprang er in
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