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Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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Wasseroberfläche nicht zu verwirbeln. Das Wasser war klar, und er konnte bis zum Grund sehen. Dann entdeckte er den Stein. Wie ein Hühnerei sah er aus. Er vibrierte, und Bläschen stiegen von ihm auf. Rolo tauchte unter und hob ihn auf. Es war wirklich ein Stein. Er war oval wie ein Ei, seine Oberfläche glatt und hart. Dann vibrierte er in Rolos Hand. Das Geräusch klang an der Luft wie der Schrei einer Eule.
    „ Was zum Henker ist das?“ Rolo wischte sich die nassen Haare aus der Stirn, wobei er leicht die Beule streifte. Sie schmerzte. Im selben Augenblick durchzuckte Rolo die Erkenntnis: „Damit hat das Mistvieh mich umgehauen!“ Wie eine fette Spinne schleuderte er den Stein von sich. Er landete am Ufer und blieb im Gras liegen. Plötzlich begann er, golden zu leuchten. Symbole, wie Kritzeleien, erschienen auf seiner Oberfläche. Rolo dachte noch, dass manche aussahen wie auf den Kopf gestellte Buchstaben, als die Stimme erklang.
    „ Driftwood? Bist du da? Bitte kommen!“
    Rolo watete zum Ufer. Tropfnass stand er da, das sprechende Ei zu seinen Füßen. Die Helfer waren mit Hwarf verschwunden. Er war allein. Das funkelnde Licht wirkte nicht bedrohlich, und immer noch erklang die Stimme aus dem Inneren. Rolo beschloss kurzerhand, dass all das trotz allem nicht übermäßig gefährlich sein könne.
    „ Huhuu. Driftwood? Kotze?“
    Und in dem Moment, in dem er das Ei berührte, veränderte es seine Form. Aus der unteren Hälfte schob sich eine Art Sprechmuschel hervor.
    „ Driftwood? Ich mach mir Sorgen. Bist du da?“
    Der Anrufer schien langsam die Nerven zu verlieren. Seine glockenklare Stimme überschlug sich vor Aufregung. „Driftwood, bitte kommen. Bitte kommen!“
    „ Hallo?“, sagte Rolo zögerlich.
    „ Na endlich. Was ist denn da los bei euch? Geht’s dir gut? Und Kotze? Ist dein Pelz nass? Du erkältest dich doch so leicht.“
    Rolo stutzte. So ein Redeschwall. Er fand es eigentlich recht lustig. Und weil ihm nichts Besseres einfiel, sagte er nur „Ja“.
    „ Ja? Was ja? Also der nasse Pelz. Kennst du noch die Magusch, die den Pelz trocknet. Ich wette nicht. Hast du das Buch gefunden? Oder eine Spur?“
    „ Nein“, erwiderte Rolo.
    „ Wie schade. Wäre aber auch fast zu leicht gewesen. Der Meister hat sich auch nicht gemeldet. Wo bist du jetzt? Noch in der Stadt? Konntest du mit jemandem sprechen? Gab es Ärger? Ist wer verletzt?“
    „ Ja“, sagte Rolo wieder.
    „ Ich wusste es doch. Immer das Gleiche. Ich warne dich! Wenn es Tote gab, gibt es echt Ärger. So geht das nicht. Was ist denn passiert?“
    „ Ein Wächter“, sagte Rolo. Das war ja eigentlich die Wahrheit. Er wollte auch nicht zu viel sprechen, um sich nicht zu verraten.
    „ Oh nein. Ich hoffe nur, dass dich sonst niemand gesehen hat. Sonst geht der ganze Schlamassel von vorne los. Von wo sprichst du?“
    Rolo betrachtete den Stein in seiner Hand.
    „ Vom Ei.“
    „ Vom Ei! Na, das ist ja was. Dann ist es also ein Eiphon! Vielleicht finden wir ja noch raus, was wir sonst damit anfangen sollen. Kommst du bald zurück? Ich mach dann Frühstück. Pst! Da kommt jemand.“
    Rolo hörte einen Knall. Es klang, als hätte Socke den Hörer fallen lassen. Ein kurzer Moment der Stille, dann erklang die Stimme von weiter weg.
    „ Ach Drift, da bist du ja. Ich hab dich gerade hier am Baumfernphon.“
    Dann eine andere Stimme. Sie klang kratziger, dunkler. „Was? Du hast mich am was? Verdammt, Socke! Ich bin doch hier! Leg auf. Los leg auf!“
    Ein Knarren, dann war die Leitung tot. Das Leuchten erlosch und das Ei schloss sich. Schon sah es wieder aus wie ein Stein. Rolo steckte ihn in die Tasche. Rufe erschallten von der Brücke.
    „ Da ist noch einer. Hierher, schnell.“
    Vielleicht war es die Aufregung, vielleicht die Erleichterung, dass endlich Hilfe kam. Rolo schwanden die Sinne, und er fiel ohnmächtig zu Boden.
     
    Hallimasch hatte bis in die frühen Morgenstunden getrunken und gelacht. Als er bemerkt hatte, dass der Wein ihm zu sehr zu Kopf stieg, und weil er wusste, dass sein Amt als Lehrer eine gewisse Würde verlangte, war er nach Hause gewankt. Das war die beste Strategie, wenn man in einem kleinen Ort wie Neunseen bekannt war wie ein bunter Hund. Jeder Fehltritt hätte sich rasend schnell herumgesprochen und ihn dem Hohn und Spott seiner Schüler auf Wochen ausgeliefert. Er streckte sich und tastete auf dem Nachttisch nach seiner Brille. Auch einem älteren Herrn wie Hallimasch war sein Aussehen nicht egal, und

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