Der Sommer des glücklichen Narren
Haus. Schreit das nicht zum Himmel?«
Ich hob die Schultern. »Daran wirst du dich wohl gewöhnen müssen. Ich glaube, so etwas ist ziemlich alltäglich. Ich meine, daß Generaldirektoren Verhältnisse mit ihren Sekretärinnen oder mit sonstwem haben. Man hört es jedenfalls immer. Das ist der Preis, den man unter anderem bezahlen muß, wenn man so einen Mann heiratet. Das einzige, was du tun kannst, ist, dafür zu sorgen, daß er eine ältere und weniger attraktive Sekretärin engagiert. Das dürfte dir doch eigentlich nicht schwerfallen.«
»Ich?« rief sie empört. »Du denkst doch nicht im Ernst, daß ich den Kerl noch heirate? Für mich ist er gestorben. Mit dem will ich nichts mehr zu tun haben. Nie!«
Hier hatten wir also wieder einmal Rosalinds berühmtes ›Nie!‹ Ich betrachtete sie eine Weile schweigend. Sie sah reizend aus wie immer. Das Drama, das sich da am Luganer See abgespielt hatte, war jedenfalls nicht so geartet, daß es ihrer Schönheit geschadet hätte. Sie war braungebrannt, ihre großen dunklen Augen spiegelten lebhaft wie eh und je jede Gemütsbewegung wider, sie war schlank und zierlich, anmutig in jeder Bewegung. Eine entzückende Frau, kein Zweifel. Sie war zu mir zurückgekehrt und, darüber ließ sie mich nicht im Zweifel, hatte die Absicht, wieder bei mir zu bleiben. Der Ausflug in die große Welt war zu Ende. Sie war auch bei mir nicht auf die Spielregeln dieser großen Welt vorbereitet worden. Ich hatte sie nie betrogen. Ich hatte keine andere Frau angesehen. Ich hatte sie täglich und stündlich merken lassen, daß ich sie liebte.
Aber das war einmal gewesen. Nicht nur sie hatte sich von mir entfernt. Auch ich war ein großes Stück auf dem Weg gegangen, der von ihr wegführte. Und wie es schien, war ich auf diesem Weg, mit Steffis Hilfe, ein gutes Stück weitergekommen als sie mit ihrem Konrad. Aber das nahm Rosalind einfach nicht zur Kenntnis. Sie sprach nicht von Steffi, jedenfalls nicht zu mir. Was sie aus Lix herausgeholt hatte, wußte ich nicht. Jedenfalls waren Mutter und Tochter ein Herz und eine Seele und eine verschworene Gemeinschaft, in dem Bemühen, mich zu sich zurückzuholen.
Ja, Rosalind war reizend zu mir. Und trotzdem – für mich war alles anders geworden. Ich dachte an Steffi. Ich radelte jeden Tag nach Unter-Bolching und rief sie an. Es störte mich nicht, daß Steffi von Tag zu Tag kühler wurde. Aber es machte mich immer zerfahrener und rastloser. Die Arbeit ruhte. Die Stimmung war weg. Und das trug nicht dazu bei, meine Laune zu verbessern. Ich glaube, manchmal war ich reichlich unausstehlich. Rosalind und Lix ertrugen es stumm und opferwillig. Sie zeigten mir ununterbrochen, wie gern sie mich hatten und daß sie bereit waren, alles für mich zu tun. Und wenn ich übler Laune sei, sagten ihre Märtyrergesichter, würden sie es still erdulden.
Es war alles in allem eine unhaltbare Situation. Aber ich wußte nicht, wie ich sie ändern sollte. Gelegentlich brachte ich das Gespräch auf Mr. Killinger, sprach in höchsten Tönen von dem wunderbaren Leben, das Rosalind an seiner Seite führen könnte.
Aber das schien Rosalind nicht mehr zu interessieren. Denn nicht nur die Tatsache, wie er sich betragen hatte, sprach gegen den guten Konrad, auch die Art und Weise, wie er sich aufgeführt hatte, als es wegen dieser Angelegenheit zu der großen Auseinandersetzung gekommen war. Tja, Konrad war eben nicht ich.
»Er ist ein ungebildeter, pöbelhafter Kerl«, sagte Rosalind wütend. »Bildet sich sonstwas ein auf sein dämliches Geld und glaubt, er kann mich behandeln, wie es ihm paßt. Nicht mich.«
Was er gesagt und getan hatte, erfuhr ich nie. Auf jeden Fall war er meiner süßen Rosalind nicht sehr zart begegnet, soviel stand fest. Daß der gute Konrad auch mal ganz gehörig aus den Pantinen kippen konnte, hatte ja Lix schon erfahren. Rosalind nun also auch. Aber wie sollte es weitergehen? Im stillen fragte ich mich, was eigentlich in dem Kopf des Herrn Killinger vorging. Erst nahm er mir die Frau weg, kaufte ihr teure Kleider, setzte einen Hochzeitstermin fest und mußte doch alles in allem die Rolle des Liebhabers und zukünftigen Ehemanns gespielt haben. Und dann auf einmal gab es Krach, er war ertappt auf einem quasi vorehelichen Seitensprung, Rosalind war Hals über Kopf weggefahren, ohne Geld sogar, war für ihn verschwunden, zerplatzt, hatte sich in Luft aufgelöst, und er – er fragte nicht einmal danach, wo sie abgeblieben war. Es mußte ihn
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