Der Sommer des glücklichen Narren
absteigen können. Das tat Rosalind nicht. Und bei der Fahrkarte hatte sie zweifellos erster Klasse berechnet.
»Wieso bist du eigentlich nicht am Luganer See?«
»Nicht einen Tag länger wäre ich dort geblieben. Mit diesem Herrn Killinger bin ich fertig.«
»So.«
»Stell dir vor …«
»Rosalind«, unterbrach ich sie, »besser, du erzählst mir das hier. Sonst wird das Gespräch zu teuer.«
»Aber – na gut. Gott, Dodo, werde ich froh sein, wenn ich wieder bei dir bin.«
Kleine Pause auf meiner Seite. »Ja«, sagte ich dann. Was sollte ich denn sonst sagen?
»Wann kriege ich das Geld?«
»Ich denke, daß du es morgen vormittag haben wirst.«
»Warum kommst du denn nicht selbst?«
»Weil es dann doppelt soviel kostet, mein liebes Kind. Ich bin kein Krösus wie dein Bräutigam, das weißt du ja.«
»Du bist gemein, mich auch noch zu verhöhnen.«
»Das liegt mir fern.«
»Holst du mich wenigstens am Bahnhof ab, ja? Ich kann am frühen Nachmittag hier abfahren, ich hab' mich schon erkundigt. Dann bin ich so gegen zehn in München.«
»Und wenn du in München bist? Wo gehst du dann hin? Soviel ich weiß, hast du deine Wohnung doch aufgegeben.«
»Zu dir natürlich. Ich komme mit hinaus ins Waldhaus. Lix ist doch noch da?«
»Ja. Aber morgen abend kommen wir nicht mehr hinaus, das ist dir ja klar.«
»Dann übernachten wir eben in der Stadt.«
»Bei Muni?«
»O nein, Dodo, bitte nicht. Das ist mir so unangenehm. Miete für mich bitte ein Hotelzimmer. Es muß ja nicht so teuer sein.«
»Keine Bange«, sagte ich grimmig, »ich habe nicht die Absicht, dich im Bayerischen Hof einzuquartieren.«
Rosalind schluckte auch dies ohne Widerspruch.
»Bis morgen, Liebling«, sagte sie sanft. Und dann hängte sie ein.
Steffi zu berichten, was wir gesprochen hatten, fiel mir schwer. Sie zog ein wenig die Mundwinkel hoch und sagte: »Siehst du.«
»Was siehst du?« fragte ich gereizt.
»Sie kommt zurück, als wenn nichts gewesen wäre.«
»Es ist aber einiges gewesen. Ich werde ihr schon klarmachen, daß sie bei mir nicht bleiben kann.«
»Wo soll sie denn hin?«
»Das weiß ich auch noch nicht. Und es soll auch nicht meine Sorge sein. Darüber soll sie sich gefälligst selbst den Kopf zerbrechen.«
Steffi erwiderte nichts darauf. Sie lächelte nur skeptisch.
Und – sie ist da!
Und damit hatte sie natürlich recht gehabt. Rosalind kam mit ins Waldhaus und richtete sich dort wieder häuslich ein, als sei nichts geschehen. Der einzige Unterschied bestand darin, daß Mutter und Tochter im Schlafzimmer nächtigten und ich in der Kammer blieb.
»Na ja«, hatte Rosalind so nebenbei gesagt, »zunächst können wir es ja so belassen.«
Ich reagierte nicht auf das Zunächst. Aber es änderte nichts an der Tatsache, daß sie wieder da war und ihre Rechte und Pflichten als Hausfrau wahrnahm wie früher auch.
Steffi war in München geblieben. Wenn ich an sie dachte, und ich dachte weiß Gott viel an sie, wurde mir ganz elend zumute. Ich hatte das Gefühl, mich schofel und gemein benommen zu haben. Obwohl ich doch an der neuen Situation ganz unschuldig war. Was sollte ich schließlich mit Rosalind anfangen? Ihr eine Wohnung in der Stadt zu mieten, wie es Konrad getan hatte, dazu fehlte mir das Geld. Bei Muni wollte sie nicht bleiben, vor ihr schämte sie sich. Verständlich. Es ist ja nur vorübergehend, tröstete ich mich. Irgendwie müssen wir die Lage klären. Und zwar bald.
Aber ich hatte keine Ahnung, wie das vor sich gehen sollte. Und was hatte sich nun ereignet zwischen Konrad und ihr? Weiter gar nichts Weltbewegendes. Nur daß Rosalind dahintergekommen war, daß er mit Fräulein Behrends, seiner jungen hübschen Sekretärin, ein Verhältnis hatte. Schon eine ganze Weile. Und daß er in diesem Frühjahr, als er sich angeblich auf einer Geschäftsreise in der Schweiz befand, mit Fräulein Behrends einen Urlaub in eben dem niedlichen Häuschen am Luganer See verbracht hatte, in das Rosalind soeben als Hausherrin eingezogen war.
»Im Mai«, sagte Rosalind empört. »Stell dir vor, noch diesen Mai. Ich bin kurz zuvor unten gewesen und habe dort Ordnung gemacht. Und dann fährt er mit dieser Person hin. Blamiert mich vor allen Leuten. Ich wollte damals mitfahren in die Schweiz, und er sagte, er hätte viel zu tun, immer Besprechungen und Konferenzen und was weiß ich noch. Und dann war ja auch gerade die Scheidung. Und während ich das durchmachen mußte, fährt er mit der Person in Urlaub. In unser
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