Der Sommer des glücklichen Narren
schwach.
Gwen, ein mokantes Lächeln im Gesicht, schob langsam hinter mir her, den Blick nicht von Rosalind lassend.
»Nett, daß du wieder mal kommst«, sagte ich nonchalant. »Kann ich dir was abnehmen?«
»Haben Sie was zu essen mitgebracht?« fragte Gwen girrend, ihren schlanken, nackten Körper dicht an meinen schiebend. »Ich sterbe vor Hunger. Dolfilein, du auch?«
Ich konnte mir nicht helfen, das alberne Gelächter stieg mir unwiderstehlich noch einmal in die Kehle. Gwen lachte mit. Rosalind hingegen schien die Situation gar nicht komisch zu finden. Einen Moment lang glaubte ich, sie würde mir ihre Päckchen und Flaschen, die sie in der Hand hielt, kurzerhand an den Kopf werfen. Zuzutrauen war ihr so etwas.
Ich rettete mich in Formalitäten. »Das ist Gwen«, sagte ich. »Meine Frau.«
»Deine Frau?« rief Gwen erstaunt. »Ich denke, du hast keine.«
»Meine geschiedene Frau.«
»Ah so!« Gwen lächelte freundlich. »Wie reizend, gnädige Frau, daß Sie uns besuchen. Dolfilein hat mir schon so viel von Ihnen erzählt.«
Nicht ein einziges Mal hatte ich mit dem Fratz über Rosalind gesprochen.
»Dolfilein!« wiederholte Rosalind im Ton höchsten Abscheus. »Hat man so was schon gehört!«
Ich nahm ihr auf alle Fälle die Flaschen aus der Hand. Was ich sagen sollte, wußte ich auch nicht. Schließlich konnte ich in aller Eile keine Erklärung geben, wer und was Gwen war und wieso sie hier war. Der äußere Anschein, das Bild, das wir boten, war zweifellos dazu angetan, Rosalind zu entsetzen.
Sie ignorierte Gwen, sah mich mit blitzenden Augen an und sagte: »Dodo! Schämst du dich nicht?«
»Dodo!« jauchzte Gwen. »Hat man so was schon gehört!« Das waren eben Rosalinds Worte gewesen. »Ist das auch noch ein Name für einen Mann?«
Ich hielt es für das beste, erst mal ins Haus zu marschieren, lud die Flaschen ab, holte mir dann meinen Bademantel und hüllte mich hinein. Nach mir die Sintflut! Vielleicht fuhr Rosalind gleich wieder ab, und anschließend würde ich Gwen energisch an die Luft befördern. Fürstin hin und Fürstin her, das ging zu weit. Aber sie folgten mir alle beide ganz friedlich ins Haus, Gwen trug eine Sektflasche, reckte sie mir triumphierend entgegen und rief: »Sieh mal! Wieder ein Bügeltrunk für uns.«
Rosalind sah sich indigniert im Zimmer um, wo Gwens Reithose mitten auf dem Boden lag, das weiße Blüschen auf dem Sofa und der Büstenhalter und ein kleines Höschen über einer Sessellehne. Ohne Zweifel, ein seltsamer Anblick. Flüchtig schoß mir der Gedanke durch den Kopf, was wohl der fürstliche Vater sagen würde, falls er eben jetzt diesen Raum betreten hätte.
»Willst du dich nicht anziehen?« fragte ich Gwen.
»Nö. Warum denn? Es ist doch warm.« Sie lümmelte sich in ihrem paradiesischen Zustand in einen Sessel und sagte: »Gib mir was zu trinken.«
»Hol dir selber was«, brummte ich. »Und zieh dir gefälligst was an.«
»Geniert es Sie, gnädige Frau, wenn ich im Badeanzug bleibe?« fragte sie liebenswürdig zu Rosalind gewandt.
Die gab ihr keine Antwort. Sie sah mich nur an. Fast tat sie mir leid. Sie war ganz blaß geworden, und ihre Nasenflügel bebten. Gleich mußte etwas Furchtbares geschehen. »Eine gute Idee«, rief ich mit forcierter Heiterkeit. »Trinken wir etwas. Was möchtest du. Rosalind? Einen Campari? Oder lieber Wermut Soda?« Alles war da. Und Nachschub war auch gekommen. Allerdings, wie ich annahm, zum letztenmal.
»Es schreit zum Himmel!« sagte Rosalind mit zitternder Stimme. »Beinahe hätte ich Lix mitgebracht. Wenn sie dich in diesem Zustand gesehen hätte!«
Unwillkürlich blickte ich an mir hinunter. Ich war von Kopf bis Fuß in meinen Bademantel gehüllt. Aber das meinte sie ja nicht.
»Lix?« fragte ich dämlich. »Hat sie denn keine Schule?«
Rosalind gab keine Antwort. Sie stand und blickte mich an. Ich glaube, ich hatte sie nie im Leben so fassungslos gesehen.
Besser, ich holte wirklich etwas zu trinken. Ich holte also die Flaschen aus dem Kühlschrank, etwas Eis und mixte drei Campari. Rosalind war mir nachgekommen.
»Kannst du mir erklären, was das bedeuten soll?«
»Wieso?«
»Sag nicht wieso!« fuhr sie mich böse an. »Wer ist dieses halbwüchsige Kind?«
»Ein junges Mädchen, das hier in der Nähe seine Ferien verbringt. Wir reiten zusammen.«
»So! Ihr reitet zusammen. Das schreit ja zum Himmel!«
»Warum denn? Sie ist eine sehr gute Reiterin.«
»Dodo!« Sie hatte wirklich Tränen in den Augen.
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