Der Sommer des glücklichen Narren
Eindruck?«
»Findest du mich so häßlich?«
Ich seufzte nur.
»Du bist ganz schön in der Klemme, nicht?« fragte sie genüßlich. »Drei Frauen auf einmal.«
»Du bist überhaupt keine Frau.«
»Was bin ich denn?«
»Ein ungezogener Fratz. Wenn ich dein Vater wäre …«
»Bist du aber nicht, ätsch! Möchte ich auch gar nicht.« Und plötzlich schmiegte sie ihre Wange an meine Schulter und bat ganz kindlich: »Schick die beiden fort. Es ist viel netter, wenn wir allein sind.«
»Mußt du nicht nach Hause zum Mittagessen?«
»Du schickst mich fort?« rief sie enttäuscht.
Wie unschuldig die braunen Augen blickten! Sie waren feucht und klar wie die Augen eines jungen Tieres.
»Ich schicke dich nicht fort. Ich frage mich nur, was der Graf sagt, wenn du stundenlang nicht nach Hause kommst.«
»Er weiß, daß ich bei dir bin. Und er hat auch nichts dagegen.«
Ich seufzte wieder. »Wenn du noch hierbleiben willst, dann zieh dich jetzt an.«
»Ja«, sagte sie gehorsam.
»Du mußt doch einsehen, daß du aufreizend wirkst in diesem Aufzug.«
»Auf dich?«
»Auf meine Gäste.«
»Das macht doch nichts. Die ärgern sich bloß. Du, deine Frau, die liebt dich immer noch. Das kann man deutlich merken.«
Ich sah ihr nach, wie sie langsam zum Haus ging. Barfuß, mit langen Schritten. Der Mann, der sie einmal bekam, war zu beneiden. Immerhin, soviel stand fest, dieser Mann war nicht ich. Und ich tat besser daran, diese neue Freundschaft wieder etwas abzubauen.
Nur noch eine
Eine halbe Stunde später saßen wir alle vier friedlich um den Tisch und verspeisten die Steaks, die Rosalind mitgebracht hatte. Sie waren etwas klein ausgefallen, denn aus zweien mußten vier gemacht werden. Gwen unterhielt uns dabei mit Geschichten aus ihrer Pensionatszeit. Sie sah jetzt wieder einigermaßen manierlich aus in Hosen und Bluse. Ich hatte mich auch angezogen, während Rosalind und Steffi gemeinsam das schmackhafte Mittagessen bereitet hatten.
Rosalind war entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit ziemlich schweigsam. Einige Male traf ich auf ihren nachdenklichen Blick. Ich lächelte ihr dann möglichst harmlos zu. Aber sie lächelte nicht zurück. Sie sah ganz so aus, als hätte sie wichtige Probleme zu bedenken.
Steffi sagte auch nicht viel. Immerhin war es mir gelungen, während Gwen sich anzog, ihr ein paar Worte allein zu sagen.
»Ich freue mich, daß du da bist. Bitte, bleib hier. Die Kleine reitet dann gleich nach Hause. Und Rosalind fährt auch bald. Ich denke, wir hätten einiges miteinander zu reden.«
»Und wer ist«, sehr betont, »die Kleine?«
»Eine Nichte vom Grafen Tanning. Ein Kind noch, du siehst es ja. Wir reiten manchmal zusammen.«
»Ein Kind, so! Ein ziemlich munteres Kind würde ich sagen.«
Steffi blieb wirklich. Gwen sattelte nach dem Essen ziemlich unlustig ihre Jessica. Sie fand es offenbar bei mir heute sehr unterhaltend.
Aber ich sagte: »Du wirst so lange machen, bis dich Onkel Franz postwendend deinem Vater zurückschickt. Was ich ihm nicht verdenken würde. Ein wenig solltest du dich nach der Hausordnung in Tanning richten.«
»Du willst mich ja bloß los sein«, grollte sie. »Das verzeihe ich dir nie.« Aber als sie fortritt, fragte sie: »Morgen um neun wieder bei der Brücke?«
Ich nickte. Was sollte ich tun? Und der lächerliche Bikini hing auch wieder auf meiner Leine.
Wir tranken Kaffee, wobei die beiden übriggebliebenen Damen eine sehr gepflegte Konversation machten. Beide fühlten sich etwas unsicher. Zu meiner Überraschung machte ich die Entdeckung, daß ich auf einmal Oberwasser hatte. Ich hatte Rosalind noch nie so kleinlaut gesehen. Ich wußte, daß sie mich für ihr Leben gern allein gesprochen hätte, aber das war glücklicherweise nicht möglich.
»Vielen Dank für alles«, sagte ich, als ich sie zum Wagen brachte. »Kommst du nächste Woche wieder?«
»Das bezweifle ich«, sagte sie spitz. »Ich habe das Gefühl, ich störe hier nur.« Aber dann änderte sich ihr Tonfall, fast beschwörend sagte sie: »Dodo, ich mache mir Sorgen um dich. Ernste Sorgen.«
»Aber warum denn, um Himmels willen?«
»Du verkommst.«
Ich mußte lachen. »Davon habe ich noch nichts gemerkt.«
»Ich muß dich allein sprechen. Hier ist es ja offensichtlich nicht mehr möglich. Kannst du in die Stadt kommen? Bitte. Wir treffen uns in einem Lokal. Oder ich komme zu Muni.« Sie zog die Brauen zusammen und fragte streng: »Weiß Muni eigentlich, was du hier treibst?«
»Was treibe ich
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