Der Sommer des glücklichen Narren
eingebrockt«, sagte ich nach einer Weile zu Dorian. »Ich glaube, wir müssen doch noch auswandern. Ich bin schließlich auch nur ein Mensch, nicht?«
Jetzt hatte ich mir Gwens ewiges ›Nicht?‹ auch schon angewöhnt. Außerdem war ich zornig auf Steffi. Wenn sie hier wäre, würde ich mich nicht in so großer Gefahr befinden. Am Mittwoch nachmittag schließlich raffte ich mich auf, bei ihr im Büro anzurufen. Sie war zweifellos böse mit mir und nicht ganz ohne Grund. Aber es war lächerlich, wenn wir alle beide nun bockig waren. Sollte sie sich wirklich mit Eberhard versöhnt haben, konnte sie mir das ruhig sagen. Ich wanderte also nach Unter-Bolching, trank im Gasthaus ein Bier und telefonierte.
Eine fremde Frauenstimme meldete sich und erklärte mir: »Fräulein Bergmann ist in Urlaub.«
»Oh! Danke sehr. – Für länger?«
»N-ja.«
»Vielen Dank.«
Nun konnte ich eigentlich keinen Zweifel mehr haben. Sie war in Urlaub, und sie war sicher mit Eberhard zusammen. Sonst wäre sie herausgekommen.
Es war alles so gekommen, wie ich es mir an jenem Nachmittag ausgemalt hatte. Nun, auch gut. Ich würde nicht mehr daran denken. Ein nasses Mädchen am Waldrand, ein paar Gespräche, eine Frau bei mir im Waldhaus, ein paar zärtliche Stunden. Alles in allem ein hübsches Erlebnis. Mein erstes Erlebnis als freier Mann. Und das nächste? fragte gleich darauf der Versucher in mir. Aber ich verbot ihm jedes weitere Wort. Ich war Manns genug, mich zu beherrschen. Der Zufall hatte es gewollt, daß sich jetzt wieder ein Mädchen häufig bei mir aufhielt. Früher, als ich noch mit Rosalind verheiratet war, hatte sich nie jemand hier eingefunden. Und jetzt – es war schon seltsam. Aber Gwen war zehn Jahre jünger als Steffi und die Tochter eines Fürsten. So etwas stand überhaupt nicht zur Debatte.
Das Wetter war im Laufe der Woche immer besser geworden, und nun auf einmal war der Sommer da. Es war richtig warm geworden, die Heuernte in vollem Gange, und Gwen und ich suchten uns die gemähten Wiesen für lange Galoppaden aus. Danach freuten wir uns auf ein Bad. Es war zur Gewohnheit geworden, daß Gwen nach dem Reiten mit mir im Weiher schwamm. Ihr kleiner Bikini hing als ständiger Gast auf meiner Leine.
An diesem Tag schwammen wir um die Wette, und im Wasser war ich schneller. Das ärgerte Gwen. Sie versuchte, mich zu tauchen, aber das bekam ihr schlecht. Ihre kurze Mähne war pudelnaß, als wir an Land stiegen.
»Das ist eine Gemeinheit«, japste sie. »Beinahe wäre ich ersoffen.«
»So schnell ersäuft man nicht«, erklärte ich gefühllos.
»Und in dem dreckigen Wasser.«
»Es ist nicht dreckig.«
»Ja, ich weiß, moorig. Aber ich habe viel davon geschluckt. Ich werde mich demnächst furchtbar rächen.«
Sie hatte schon kurz darauf Gelegenheit dazu. Denn als wir zum Waldhaus zurückkamen, erwartete mich eine Überraschung. Der Mercedes stand da, und Rosalind war gerade beim Ausladen.
Ihr Gesicht, als sie Gwen und mich kommen sah, hätte eigentlich fotografiert werden müssen. Zweifellos boten wir beiden auch ein sehenswertes Bild. Das heißt, weniger ich als Gwen mit den zwei putzigen Läppchen, die sie Badeanzug nannte. Lachend, uns auch jetzt verfolgend, kamen wir auf die Lichtung gelaufen, und Gwen erwischte mich, gerade als wir aus dem Wald kamen.
»Scheusal!« rief sie laut und sprang mit einem Satz auf meinen Rücken. Dazu sprang auch noch Dorian bellend an uns hoch, ich verlor das Gleichgewicht, wir purzelten ins Gras, die Pferde schnaubten erschrocken, und Gwen setzte sich rittlings auf mich und bearbeitete mich mit den Fäusten, fast nackt, wie sie war. Dorian stieß einen langgezogenen Heulton aus und sprang mir auch noch auf den Bauch. Ich konnte vor Lachen kaum piepsen und hatte alle Mühe, mich Ihrer Durchlaucht zu erwehren. Rosalind hatte ich aber auch schon gesehen.
Als ich schließlich wieder auf den Beinen stand, wozu ich allerhand Kraft hatte aufwenden müssen, und Rosalinds fassungslose Miene sah, mußte ich noch mehr lachen. Ich lachte albern wie ein Schulbub, und je länger ich Rosalind ansah, um so schlimmer wurde es.
Gwen hatte inzwischen die Besucherin auch gesehen.
»Deine Freundin ist gekommen!« rief sie juchzend. »Halleluja! Gleich wird sie mir die Augen auskratzen.«
»Sei still!« fuhr ich sie an und tat mein Bestes, um meine Gesichtszüge wieder einigermaßen in ihre vertrauten Bahnen zu lenken.
Rosalind starrte mich immer noch entgeistert an.
»Hallo!« sagte ich
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