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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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sehen.«
    »Dann hängt es wohl zusammen.«
    »Es ist schön, sich mit dir zu unterhalten, Frank. Aber ich möchte keinen Mann, der seine Arbeit mit nach Hause bringt.«
    Das kam überraschend. War es schon so weit gekommen? Nur weil er sie eingeladen hatte. Waren sie bereits ein Paar, hatte sie das sozusagen beschlossen? So sollte es ja wohl nicht laufen.
    »Mit dir auch«, sagte er.
    »Mit mir auch?«
    »Es ist auch schön, sich mit dir zu unterhalten.«
    Sally kam mit Kaffee und setzte sich zu ihnen. Der Kaffee ging auf Rechnung des Hauses. Blenda zündete sich eine Zigarette an. Es wurde still. Nur der Ventilator war zu hören, der sich ganz hinten im Lokal immer langsamer drehte. Die Straßen draußen waren leer, nicht einmal ein Hund war in den Rinnsteinen zu sehen.
    »Warum hat Bill sein Geschäft geschlossen?«, fragte Blenda.
    »Er hat sich in den Finger geschnitten. Dann gab es irgendwelche Komplikationen. Entzündung oder Blutvergiftung.«
    Eine Weile blieben sie still beieinander sitzen. Jetzt war das Schweigen verdoppelt. Frank suchte nach Worten.
    »Wisst ihr, was Armstrong gesagt hat, als er auf dem Mond stand?«
    »Ein großer Schritt für die Menschheit«, antwortete Blenda.
    »Jetzt sind wir die Einzigen, die nicht zu Hause sind«, sagte Sally.
    Die Damen lachten. Frank wurde verlegen. Saß er doch da und erzählte alte Witze, Steves Witze.
    »Etwas in der Art«, murmelte er.
    »Wie geht es ihm eigentlich?«
    »Wem?«
    »Steve. Steve Miller. Der mit den Witzen.«
    »Er liegt immer noch da.«
    »Was glaubst du, wird er aufwachen?«
    »Wenn die Ärzte es nicht wissen, dann weiß ich es erst recht nicht. Aber wenn du mich fragst, dann ist die Antwort nein. Aber ich bin für ihn da. Trotz allem.«
    »Gibt es nicht einmal mehr Hoffnung?«
    »Sein Vater hofft. Deshalb sitzt er die ganze Zeit bei ihm, ohne dass es etwas bringt.«
    »Vielleicht bringt es ihm etwas, Martin, meine ich.«
    Blenda war einer Meinung mit Sally Smith.
    »Es liegt nicht an uns, darüber zu richten.«
    Frank wurde sauer. Hätte er das nicht sagen können?
    »Ich richte über niemanden«, sagte er. »Ich habe nur gesagt, dass man ebenso gut den Strom abschalten könnte. Je früher, desto besser.«
    Sally schenkte Frank frischen Kaffee ein.
    »Und wer sollte das tun? Martin?«
    »Nein, man sollte es ihm ersparen. Ich könnte das tun. Steve zuliebe. So ist das doch kein Leben.«
    »Findest du, das hier ist ein Leben?«
    »Was? Das hier?«
    »Findest du, hier in Karmack ähnelt irgendwas einer Art von Leben? Würdest du am liebsten bei uns allen den Strom abschalten?«
    Frank rührte lange in der Tasse und fühlte sich ungerecht behandelt.
    »So war das nicht gemeint«, sagte er.
    »Ich weiß. Ich habe es auch nicht so gemeint.«
    »Er hat hier öfters vorbeigeschaut, nicht wahr? Ich meine, Steve?«
    Sally Smith, die letzte Kellnerin, vergoss ein paar Tränen, und das grelle Licht der Leuchtstoffröhren an der Decke und das Neonschild über dem Tresen ließen sie wie Sand aussehen.
    »Haben das nicht alle? Hier vorbeigeschaut?«
    Es ergab sich, dass Frank Blenda nach Hause brachte. Der Mond war blau. Sie blieben stehen und schauten ihn an. Dann ergab es sich, dass Blenda Frank zu sich einlud. Sie wohnte direkt über dem Majestic, dem geschlossenen Kino. Von ihrem Schlafzimmer aus konnte Frank bis zum Grand Karmack Hotel sehen, wo seine Mutter bis zur Schließung vor sieben Jahren Zimmermädchen gewesen war. Er meinte, im Laufe der Nacht die Pfeife der Lokomotive zu hören, bedrohlich, lang gezogen und schwer, fiel dann aber wieder in den Schlaf. Als Frank morgens aufwachte, war Blendas Rücken das Erste, was er sah. Er war noch nie im Bett von jemand anderem aufgewacht. Da wurde ihm klar, dass er verliebt war. Frank Farrelli war verliebt. Er wurde verlegen, während er da noch lag, ein Kerl in seinem Alter, verliebt? Verliebt war etwas, das man sich unfreiwillig an der Schule einfing, solange man unreif und für alles offen war. Doch, er wurde geradezu verlegen. Ungefähr auf die gleiche Weise wie damals, als er seine Eltern überraschte, vielleicht an einem Samstagnachmittag in der Küche, während sie einander küssten, es war selten, dass sie das taten, und umso verlegener wurden sie alle zusammen. Der Vater fluchte und zog seine schmutzigen Hände zu sich und eilte hinaus zum Chevrolet, oder jedenfalls dorthin, wo er seine Ruhe vor aufdringlichen Kindern und perversen Weibsbildern hatte. Jetzt hatte Frank Farrelli sich unabsichtlich

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