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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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kein Trost zu wissen, dass es anderen noch schlimmer erging. Frank gab es auf, diese Frage beantworten zu wollen.
    »Mein Name ist Frank Farrelli. Mr und Mrs Perkins?«
    »Ja, das sind wir.«
    »Können wir hineingehen?«
    »Habt ihr Marion gefunden?«
    Der Mann legte seiner Frau eine Hand auf die Schulter.
    »Wir setzen uns ins Wohnzimmer. Das ist besser so.«
    Sie gingen mit Frank dorthin. Der Mann setzte sich aufs Sofa. Seine Frau blieb stehen, aber sie konnte nicht ruhig bleiben und redete in einem fort, es musste an der Stille liegen, die sie nicht ertrug. Frank ließ sie reden und versuchte sich in der Zwischenzeit ein Bild von der Familie Perkins zu machen. Es war einfach: Offensichtlich konnten sie einander nicht ausstehen.
    »Sie ist noch nie so lange weg gewesen. Sie ist immer pünktlich nach Hause gekommen. Immer. Sie ist ein ordentliches Mädchen. Sie …«
    »Margareth. Lass mal Herrn Farrelli …«
    »Sie will nächstes Jahr im College anfangen. Wenn nur diese Veronica nicht wäre. Immer ist etwas mit ihr los. Sie hat einen schlechten Einfluss. Ich habe dieses Mädchen noch nie gemocht. Sie ist …«
    Mr Perkins stand auf, müde und kurz vorm Platzen.
    »Kannst du nicht ausnahmsweise mal die Klappe halten? Es ist die Tochter unserer Freunde, von der du da redest! Es ist Marions beste Freundin! Und es geht auch um sie!«
    Es wurde ganz still. Mrs Perkins legte sich die Hand auf den Mund, als wollte sie den Wortschwall stoppen, oder vielleicht auch nur deshalb, weil ihr Mann so schroff mit ihr geredet hatte, was sie nicht gewohnt war. Es war alles zu viel. Sie fing an zu weinen.
    »Und jetzt lässt du Mr Farrelli zu Wort kommen. In Ordnung?«
    Alle drei setzten sich. Frank nahm sich viel Zeit.
    »Sie sind gefunden worden«, sagte er.
    Mrs Perkins ließ ihr Taschentuch auf den Boden fallen.
    »Gott sei Dank! Lieber Gott, du seiest gepriesen! Ich werde auch nicht böse auf sie sein. Ich verspreche es. Ich werde nicht böse auf sie sein …«
    Der Mann wartete dagegen erst einmal mit seinem Jubeln ab.
    »Wo sind sie gefunden worden?«, fragte er.
    »An der Bahnlinie.«
    »An der Bahnlinie? Was haben sie da gemacht?«
    Es kam ihnen nicht in den Sinn, dass etwas passiert sein könnte, nicht weil sie dumm waren, sondern weil das Schlimmstmögliche oft undenkbar ist. Sie waren mit dem Üblichen beschäftigt, eine ungehorsame Tochter, eine schlechte Freundin, wo war sie gewesen, solche Dinge, die ins Reine gebracht werden konnten, geregelt, Ereignisse, die vergessen wurden oder über die man nach einer Weile vielleicht sogar lachen konnte. Margareth Perkins wandte sich ihrem Mann zu, fast triumphierend:
    »Veronica hat sie dorthin gelockt! Habe ich es nicht gewusst! Marion würde nie aus eigenen Stücken dorthin gehen! Niemals! Wo ist sie? Warum ist sie nicht hier? Was ist passiert?«
    Frank wartete mit einer Antwort, bis das Wohnzimmer ohne jedes Geräusch war.
    »Sie sind vom Zug erfasst worden.«
    Mr Perkins beugte sich vor, und es schien, als bräche er in der Mitte durch.
    »Vom Zug? Es fährt nur ein einziger Zug hier durch, und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt sind sie auf den Schienen gelaufen?«
    Genau wie Frank es sich gedacht hatte. Alle wussten, dass der einzige Zug um 02.45 Uhr vorbeifuhr.
    »Ja. Um 02.45 Uhr.«
    »Ja, und? Wie ist das abgelaufen?«
    Der Mann war entweder dumm oder religiös. Was glaubte er denn? Begriff er nicht, wie es abläuft, wenn der Amtrak mit zwei Mädchen zusammenstößt, 300 Tonnen gegen dünne Haut und zerbrechliche Knochen? Das ist eine heftige Sache. Dennoch glauben einige an ein Wunder, und vielleicht war es sogar ein Wunder, dass ihre Tochter Marion den Zusammenstoß überlebt hatte. Frank begriff das.
    »Sie sind von dem Zug bis zur anderen Seite des Bahnhofs mitgeschleppt worden. Veronica Mills starb höchstwahrscheinlich auf der Stelle.«
    »Und Marion? Was ist mit unserer Marion?«
    Mrs Perkins sprach nur ganz leise. Sie saß steif und verwittert auf dem Sofa. Sie verwitterte direkt vor Franks Augen, und die Stimme war das Erste, das vom Wind der Angst gebrochen wurde. Frank stand auf und trat ans Fenster. Ein paar Wolken, fast gelb, trieben wie Farbflocken vorbei. Er sah es vor sich. Die Wagen, die aus der Dunkelheit hervorkommen, schnell und überraschend und vollkommen leise, als schluckte die Nacht alle Geräusche, das Licht ist so stark, dass sie nichts sehen, die Mädchen, die unter die Lokomotive gezogen und zwischen Eisen und Schwellen in Stücke gerissen

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