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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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sich nach einem Schurken, der es geradewegs verkündete: Ich bin schuldig. Ich war’s. Ihr habt gewonnen. Der Sheriff wusste, dass die Ermittlungen sowieso eingestellt werden würden. Ganz Karmack war eingestellt worden. Er lief doch nur zur Dekoration hier herum. Er konnte ebenso gut seinen Stern gegen einen Kronkorken austauschen. Dann drehte er sich zu Steve um, der in aller Hast hinausgerollt und in den Krankenwagen gehoben wurde, der dann mit Blaulicht und Sirene davonraste, die den Rest dieses elenden Abends in Fetzen rissen. Wieder winkte der Sheriff Frank zu sich.
    »Warum hast du nicht gesagt, dass dein Freund gegen die Jukebox getreten hat?«
    »Ich dachte, es spielt keine Rolle.«
    »Du bist hier kein Übermittler, Frank. Du bist ein Zeuge, das ist etwas anderes.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Als Übermittler kannst du entscheiden, was du sagen willst. Als Zeuge hast du nur eine Wahl. Die Wahrheit.«
    Der Sheriff hörte selbst, was er da sagte, und glaubte nicht eine Sekunde daran.
    »Ich verstehe, Sir«, sagte Frank. » Steve ist mit der Fußspitze gegen die Jukebox gekommen, als er Geld reingesteckt hatte und nichts passiert ist.«
    »Wusste er denn nicht, dass die nicht geht? Die funktioniert doch schon seit Elvis nicht mehr.«
    »Vielleicht hatte er es vergessen. Dass sie nicht funktioniert, meine ich.«
    »Und dann?«
    »Und dann?«
    »Was ist passiert, nachdem er getreten hat, Frank? Nun sei du nicht auch noch so schwer von Begriff.«
    »Bob Spencer ist zu Steve gegangen und hat ihn zu Boden geschlagen.«
    »Einfach nur so?«
    »Vorher haben sie sich gegenseitig beschimpft. Bob hat Steve einen Idioten genannt. Steve hat Bob ein Pickelgesicht genannt.«
    »Pickelgesicht? Das war aber nicht besonders nett.«
    »Aber es ist ja wohl nicht erlaubt, jemanden deshalb niederzuschlagen, oder?«
    Der Sheriff seufzte und kratzte sich im Nacken.
    »Es gibt vieles, was nicht erlaubt ist, Frank. Öffentlich zu pissen. Ohne Kennzeichen zu fahren. In der Kirche zu fluchen. Bei Rot über die Straße zu gehen. Und dann gibt es noch viel mehr, was erlaubt ist. Bahnhöfe zu schließen. Schulen zu schließen. Straßenlaternen auszuschalten. Geburtsabteilungen zu schließen. Solche Kleinigkeiten.«
    »Verdammt«, sagte Frank.
    Der Sheriff senkte seine Stimme.
    »Was macht Mrs Stout hier?«
    »Trinken.«
    »Das sehe ich auch, Farrelli. Danke für die Hilfe.«
    Er ging zu ihr. Sie schaute zu ihm auf.
    »Wollen Sie mich verhaften, Sheriff?«
    »Das habe ich nicht vor, Mrs Stout.«
    »Aber Sie finden, es schickt sich nicht, dass ich hier sitze, nicht wahr?«
    »Das geht mich nichts an. Ich wollte nur wissen, ob Sie etwas gehört oder gesehen haben?«
    Mrs Stout zündete sich eine Zigarette an.
    »Jetzt können Sie mich verhaften, Sheriff. Ich habe das Gesetz gebrochen.«
    Der Sheriff setzte sich und ließ sie rauchen.
    »Mrs Stout, ich weiß, Sie machen gerade eine schwere Zeit durch, aber Sie müssen es deshalb doch nicht auch noch für mich schwer machen.«
    Sie lachte und blies einen Ring am Sheriff vorbei.
    »Haben Sie es schwer?«
    »Ich weiß, dass sich meine Probleme nicht vergleichen lassen mit …«
    Sie unterbrach ihn.
    »Jimmy ist nicht im Krieg gefallen, sondern hier, ins Wasser.«
    Der Sheriff schaute zu Boden, er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann es ihm das letzte Mal so gegangen war. Häufig genug war er wütend geworden, verärgert, resigniert und sauer, das brachte der Job sozusagen mit sich, aber jetzt fühlte er sich einfach nur unwohl.
    »Ich kann Sie nach Hause fahren«, sagte er.
    Mrs Stout ließ die Zigarettenkippe auf den Boden fallen und trat sie mit der Hacke aus.
    »Ich habe angefangen.«
    »Ach ja. Und wie?«
    »Ich habe Steve gebeten, die B 12 zu drücken.«
    »Keine schlechte Wahl, Mrs Stout.«
    Die Kerle um den Billardtisch verteilten die Kugeln auf dem Filz. Der Barkeeper wischte das Blut auf. Bob Spencer leerte sein Glas und bat um Nachschlag. Langsam wurde der Abend wieder zusammengeschraubt und in Schwung gebracht, wie ein schweres Rad. Der Sheriff ging zu Frank und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Hast du etwas getrunken?«
    »Nein. Nur Canada Dry.«
    »Gut. Dann fahr ins Krankenhaus und erkundige dich, wie es um deinen Kumpel steht.«
    »Und was ist mit Bob Spencer?«
    »Um den kümmere ich mich, Farrelli.«
    Frank holte den Chevrolet in der April Avenue und fuhr zum St. Mary’s Hospital. Er pries sich glücklich, dass er sich nicht hatte

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