Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman
sagte der Arzt.
Beide wandten sich Frank zu.
»Hat er nicht bei seinem Vater gewohnt?«, fragte der Sheriff.
Frank stand auf.
»Doch, ja. Es gibt nur noch seinen Vater, der lebt. Sonst hat er keine Verwandten oder unehelichen Balgen. Hat gewohnt?«
»Er ist jetzt wohl ein für allemal von zu Hause ausgezogen«, sagte der Arzt.
Der Sheriff legte erneut seine Hand Frank auf die Schulter, dem diese schlechte Angewohnheit so langsam auf die Nerven ging.
»Du kennst ihn, nicht wahr? Den Vater. Steves Vater.«
»Das kann man wohl sagen. Dass ich ihn kenne. Martin Miller.«
»Und es macht die Sache nicht leichter, Frank, wenn du das denkst. Es macht sie nur schwieriger.«
Frank erinnerte sich an das, was der Sheriff über schlechte Neuigkeiten gesagt hatte, dass schlechte Neuigkeiten gern warten konnten.
»Kann er nicht noch eine Nacht für sich haben? Steve kommt auch sonst nie früh nach Hause.«
»Ich würde Miller gern eine oder zwei Nächte geben, aber die Gerüchte, Frank. Das Railway Rest ist schlimmer als ein Nähclub.«
»Ich kann direkt zu ihm fahren.«
»Und glaube nicht, dass es irgendwie leichter wäre, weil du ihn kennst. Ganz im Gegenteil.«
»Ich werde es mir merken.«
Der Sheriff hielt Frank zurück.
»Und sag Martin, dass er derjenige ist, der entscheidet, wann wir den Stöpsel ziehen.«
Als Frank am Fluss entlangfuhr, fühlte er sich plötzlich ganz beschwingt. Vielleicht lag es am Geräusch des Wassers, das in die gleiche Richtung floss. Er fuhr mit dem Strom um die Wette. Der Fluss würde letztendlich gewinnen, aber es war gut, solange es dauerte. Er dachte an das, was der Sheriff gesagt hatte, den Stöpsel ziehen. Er sah es vor sich.
Das, was von dem Menschen Steve noch übrig ist, rinnt in einen Abfluss, ungefähr so, als wollte man eine Badewanne leeren, und hinterher sind nur ein paar Haare und ein Schmutzrand übrig. Kein schönes Bild. Leg den Schalter um, das klang besser. Dann konnte Frank Steve wie ein Haus vor sich sehen, in dem in einem Zimmer nach dem anderen das Licht ausgeschaltet wurde, bis die Fenster eins wurden mit der Dunkelheit und dem Himmel. Er bog vom Fluss ab, parkte an einem Zaun und ging hoch zu dem Haus, das auf einem kleinen Hügel lag und in dem Steve sein ganzes Leben lang gewohnt hatte. Martin Miller, Steves Vater, ein Sturkopf und Griesgram, saß wie üblich auf der Veranda mit einem Getränk in der Hand und einer glimmenden Zigarette im Aschenbecher, den er auf einem Knie balancierte. Er roch immer noch nach Schmieröl und Diesel, und den Dreck unter den Fingernägeln würde er auch niemals loswerden. Die Arbeit klebt an dir, solange du lebst. Wie würde Frank riechen, wenn er aufhörte? Nach Tränen? Es knackte eklig in den wackligen Stufen, gebaut aus alten Eisenbahnschwellen, und in dem Moment schien ihm ein grelles Licht direkt ins Gesicht. Das war natürlich Martin, der eine Taschenlampe eingeschaltet hatte, auf der Hut wie immer. Als er erkannte, wer es war, löschte er die Lampe und zeigte auf einen Hocker, er wollte, dass Frank sich auf ihn setzte. Frank blieb am Geländer stehen.
»Welch seltener Gast«, sagte Martin.
»Ja, ist jetzt schon eine Weile her.«
»Steve sagt, du hast Arbeit gefunden. Dass du dich im Rathaus verlaufen hast?«
»Stimmt schon. Nicht, dass ich mich verlaufen haben, das andere.«
»Was bist du jetzt?«
Die Frage kam so plötzlich, dass Frank fast die Antwort schuldig blieb.
»Übermittler.«
»Übermittler? Nie gehört. Was macht ein Übermittler? Geht rüber oder in die Mitte?«
Martin lachte und trank einen Schluck.
»Ein Übermittler bringt Bescheide«, sagte Frank.
»Und jetzt kommst du mit deinen Bescheiden zu mir? Bist du ein Laufbursche geworden, Frank?«
»Frierst du nicht?«
Martin schenkte sich mehr ins Glas ein und sah verärgert aus.
»Bist du hergekommen, um zu fragen, ob ich friere? Würde ich frieren, dann wäre ich schon lange reingegangen und hätte die Tür hinter mir zugemacht, meinst du nicht?«
Frank lachte. Martin war immer noch der Alte. Martin würde sich nie ändern. Deshalb mochte Frank ihn. Wenn sich auch alles änderte, Martin saß immer noch auf der Veranda, ein Glas in der Hand und den Aschenbecher auf dem Knie, mürrisch und voller bissiger Bemerkungen wie eh und je.
»Auf jeden Fall«, sagte Frank. »Dann wärst du reingegangen und hättest den Kamin angemacht.«
»Bist du besoffen, Farrelli? Oder nur blau?«
»Steve ist gestern Abend niedergeschlagen worden, Martin. Im
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