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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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freigenommen.
    »Ich dachte, ihr macht Köln unsicher«, sagte sie.
    »Hatten wir auch vor.«
    Jette grinste wenig überzeugend, und Merle konnte erkennen, dass ihre Freundin den Tränen nahe war. Sie gab ihr einen kumpelhaften Klaps auf den Rücken und legte jede Menge Ungezwungenheit in ihre Stimme.
    »Katzen gucken oder quatschen?«, fragte sie.
    »Quatschen.«
    Wenn Jette darauf verzichtete, die Neuzugänge zu begutachten, besonders bei so vielen hinreißenden Jungtieren wie in diesem Jahr, dann war sie wirklich mies drauf. Merle hakte sich bei ihr ein und sie spazierten schweigend zum Büro.
    Das Türschloss klemmte seit einigen Wochen. Als hätte sich jemand daran zu schaffen gemacht, der dort nichts zu suchen hatte. Aber es waren keine Kratzer zu erkennen, deshalb hatten sie darauf verzichtet, die Polizei zu rufen.
    Merle ließ Jette den Vortritt. Die Unordnung im Büro spiegelte den chaotischen Alltag im Tierheim wider. Sie hatten selten das Glück, eine Arbeit in Ruhe zu Ende führen zu können. Immer kam etwas dazwischen. Kein Tag verlief ohne Notfall. Immer ging irgendwas schief. Und das Telefon nervte von morgens bis abends.
    Überall lagen Sachen herum. Prospekte, Zeitungen, Hundeleinen, Handschuhe, Post. Dann und wann platzte einem der Mitarbeiter der Kragen und er schaffte eine begrenzte Ordnung, doch sofort müllte alles wieder zu.
    »Du hast dir den richtigen Zeitpunkt ausgesucht«, sagte Merle. »Im Moment ist es ruhig. Möchtest du was trinken?«
    »Am liebsten Saft. Wenn welcher da ist.«
    »Machst du Witze? Der Kühlschrank geht kaum noch zu, so voll ist er. Du kannst wählen zwischen Orangensaft, Orangensaft und … äh … Orangensaft.«
    »Dann bitte Orangensaft.«
    Merle schmunzelte. Das war immerhin ein Anfang.
    »Der Kollege, der heute mit mir Dienst hat, ist gerade mit zwei Hunden bei der Tierärztin, und Frau Donkas hat einen Außentermin. Sie kommt erst spät zurück.«
    Das war günstig, denn die Leiterin des Tierheims sah Privatbesuche während der Arbeitszeit nicht gern.
    Jette räumte sich einen Stuhl frei und setzte sich an den Tisch, auf dem drei benutzte Tassen neben drei Tellern mit Kuchenkrümeln vor sich hingammelten. Merle stellte die Gläser dazu und rollte sich ihren Schreibtischsessel heran.
    »Schieß los.«
    Jette klammerte sich förmlich an ihr Glas. Sie hielt es mit beiden Händen umfasst, nippte daran und starrte in den Orangensaft, als versuchte sie, das erste Wort darin zu finden.
    »Irgendwas stimmt nicht mit Luke.«
    »Ach? Bist du auch schon darauf gekommen?«
    Merle hätte sich die Zunge abbeißen können. Sie hatte nicht vorgehabt, Jette zu provozieren. Ihre Freundin brauchte jetzt ihre volle Unterstützung und keine dummen Sprüche.
    »Entschuldige. Was stimmt nicht mit ihm?«
    Aber Jette hatte gar nicht hingehört. Grübelnd verrieb sie das Schwitzwasser auf ihrem Glas mit den Fingerkuppen.
    »Jemand hat ihn Alex genannt.«
    »Wer?«
    »Ein Typ, der uns in der Innenstadt entgegengekommen ist. Er hat sich irre gefreut, Luke zu sehen, und nannte ihn zuerst Alex, dann Alexej.«
    »Ja. Und?«
    »Findest du das nicht sonderbar?«
    »Nö. Verwechslungen passieren doch dauernd, vor allem in einer Großstadt wie Köln.«
    »Der Typ schien ganz sicher.«
    »Vielleicht hat Luke einen Doppelgänger. Ich hab mal gelesen, dass jeder Mensch sogar vier davon …«
    »Ich weiß.«
    Jette trank ihr Glas leer und stellte es auf den Tisch. Ihre Augen hatten sich verdunkelt. Sie schien gar nicht richtig hier zu sein.
    »Was genau beschäftigt dich dann so?«, fragte Merle.
    Es dauerte lange, bis die Freundin antwortete, und ihre Stimme war so leise, dass Merle sie kaum verstehen konnte.
    »Ich frage mich, wer Luke ist. Kannst du mir das sagen, Merle? In wen habe ich mich da verliebt?«
    Merle war nicht auf den Mund gefallen, doch darauf wusste sie keine Antwort. Sie fragte sich ja selbst, wer dieser Lukas Tadikken war, der vor vier Monaten Jettes Weg gekreuzt und alles durcheinandergewirbelt hatte.
    »Er hätte damals einfach weitergehen sollen«, murmelte sie schließlich.
    Jette sah sie verständnislos an. »Wie meinst du das?«
    »Schon gut.«
    Merle witterte Ärger auf zehn Kilometer Entfernung und das hier stank förmlich danach. Bitte nicht, dachte sie. Jetzt bitte keinen Streit.
    »Du magst Luke immer noch nicht.«
    Merle schwieg. Sie hatte ihre Freundin noch nie angelogen und wollte jetzt nicht damit anfangen.
    Jette erhob sich langsam. Sie hängte sich ihre Tasche über

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