Der Sommermörder
könnte sie umgebracht haben?«
»Zumindest ist er das einzige Bindeglied, das wir gefunden haben.«
»Aber das kann nicht sein. Ich weiß, dass ich ihn nur ungefähr acht Sekunden gesehen habe, aber er ist mir völlig normal erschienen.«
»Und wenn schon? Ich habe mit der Psychologin gesprochen, die sich auf diesem Gebiet auskennt. Sie hat gesagt, dass solche Typen oft einen ganz normalen Eindruck machen. Ich hoffe jedenfalls, dass es dieser Morris ist. Wenn sie ihn doch einfach wegsperren würden, sodass ich in Ruhe weiterleben könnte!«
Ich griff nach Zachs Hand. »Weißt du, ich war ganz und gar davon überzeugt, dass ich sterben würde. Die Polizei hat schließlich auch versucht, die beiden anderen Frauen zu beschützen, und es ist ihnen nicht gelungen. Sie sind beide ermordet worden. Ich muss die ganze Zeit ans Sterben denken. An den Tod. Ich habe solche Angst gehabt!«
Die Tränen begannen mir übers Gesicht zu laufen. Es war weder der richtige Zeitpunkt noch der optimale Ort für einen Heulanfall. Ständig schoben sich Leute mit Einkaufstüten an uns vorbei. Zach nahm mich in den Arm und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Manchmal konnte er richtig nett sein. Er zog ein paar halbwegs saubere Taschentücher aus seiner Jacke und reichte sie mir. Ich wischte mir das Gesicht ab und putzte mir die Nase.
»Warum hast du mich nicht um Hilfe gebeten?«, fragte er.
»Was hättest du denn tun können?«
»Irgendwas wäre mir schon eingefallen«, antwortete er.
»Wir hätten zusammen übers Totsein sprechen können.
Denk an die Zeit, bevor du auf die Welt gekommen bist.
Da warst du Millionen und Billionen von Jahren tot.
Dieser Gedanke macht dir doch auch keine Angst, oder?«
»Doch, und wie!«
Plötzlich berührte mich jemand am Ellbogen. Lynne.
»Ich habe für Sie eine Nachricht von DCI Links. Er möchte, dass Sie sofort aufs Revier kommen.«
»Was ist passiert?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Er hat nur gesagt, dass er mit Ihnen sprechen möchte.«
Auf dem Revier waren alle unheimlich nett zu mir. Ich wurde sofort in Empfang genommen und in ein luxuriöses Büro geführt, das von dem Großraumbüro abgetrennt war.
Dann forderte man mich auf, in dem Sessel vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen, versorgte mich mit Tee und Keksen auf einem kleinen Tablett und sagte mir, Links werde gleich kommen. Ich hatte kaum an meinem Tee genippt und den ersten Keks eingetunkt, als Links und Cameron schon den Raum betraten. Sie hatten beide eine ernste, offizielle Miene aufgesetzt. Cameron ließ sich auf dem Sofa nieder, das an einer Seite des Raums stand, und Links nahm hinter dem Schreibtisch Platz. Demnach war es also sein Büro.
»Hat man Ihnen Tee gebracht?«, fragte er.
Statt einer Antwort hielt ich meine Tasse hoch.
»Ich wollte Sie so schnell wie möglich informieren«, erklärte er. »Wir haben Morris Burnside verhört und von der Liste der Verdächtigen gestrichen.«
Der Raum schien sich um mich zu drehen. Benommen starrte ich ihn an.
»Was?«
»Seien Sie versichert, dass es sich dabei durchaus um einen positiven Schritt handelt.«
»Aber wie konnten Sie ihn so schnell von der Liste streichen?«
Gleich zu Beginn unseres Gesprächs hatte er angefangen, mit einer Büroklammer herumzuspielen.
Zuerst hatte er sie auseinander gebogen. Jetzt versuchte er gerade, ihr wieder die alte Form zu geben. Ich hatte das auch schon mal probiert. Man bekommt die Klammer nie mehr so hin, wie sie war. Immerhin hatte er auf diese Weise etwas zu tun und brauchte mir nicht in die Augen zu sehen.
»Wie Dr.
Schilling mir mitgeteilt hat, haben Sie erfahren, dass zwei weitere Frauen ermordet worden sind, nein, ich wollte sagen, dass wir in unsere Ermittlungen zwei Mordfälle mit einbeziehen. Unsere Dokumentenanalysen haben mit hundertprozentiger Sicherheit ergeben, dass dieselbe Person, die Ihnen Drohbriefe geschickt hat, auch in die Ermordung von Zoë Haratounian und Jennifer Hintlesham verwickelt ist. Dafür gibt es außer den Briefen noch weitere eindeutige Hinweise.«
Inzwischen machte Links ein Gesicht, als würde ihm das Sprechen große Schmerzen bereiten. »Wir wissen, dass sich der Mörder die Mühe gemacht hat, einen Gegenstand aus Mrs. Hintleshams Besitz in der Wohnung von Miss Haratounian zu deponieren … wahrscheinlich in der Absicht, ähm … alles noch ein wenig verwirrender zu machen.« Er bog die Büroklammer wieder auseinander.
»An dem Morgen, als Zoë Haratounian ermordet wurde, befand sich
Weitere Kostenlose Bücher