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Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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tatsächlich etwas frustrierend«, antwortete Stadler und fuhr sich dabei mit den Fingern durchs Haar.
    Ein gut aussehender Mann – und er weiß es, wie meine Großmutter immer missbilligend über solche Männer zu sagen pflegte. »Ist Ihnen jemand aufgefallen, der sich dem Haus genähert hat?«
    »Heute haben sich ständig irgendwelche Leute dem Haus genähert. Ganze Horden sind herein- und hinausgetrampelt.«
    »Sie haben Lieferungen bekommen?«
    »Ja, eine ganze Menge.«
    »Können Sie die Leute beschreiben, die die Sachen gebracht haben?«
    »Ich habe keinen von ihnen zu Gesicht bekommen.
    Darüber müssen Sie mit Lena reden.«
    Während ich geschäftig in der Küche herumlief, saß Stadler mit finsterer Miene am Tisch. Der Ärmste.

    »Verraten Sie mir doch bitte mal, was Sie in der ganzen Sache tatsächlich unternehmen!«, fuhr ich ihn an.
    »Unternehmen?«, wiederholte er, als hätte ich ihm eine völlig unnötige Frage gestellt.
    »Ja. Entschuldigen Sie, dass ich so dumm bin, aber Sie müssen mir das wirklich mal erklären.«
    Ich setzte mich wieder zu ihm an den Tisch. Er legte seine heiße, schwere Hand auf meine. »Mrs. Hintlesham, Jenny, wir tun alles in unserer Macht Stehende. Wir lassen sämtliche Briefe im Labor untersuchen, wir versuchen herauszufinden, wo das Papier herkommt, wir sehen uns die Fingerabdrücke in Ihrem Haus an, für den Fall, dass er hier eingebrochen ist. Und wie Sie wissen«, fügte er mit einem zerknirschten Lächeln hinzu, das gar nicht zu ihm passte, »durchforsten wir Ihren ganzen Freundes- und Bekanntenkreis, überprüfen alle Ihre Kontakte, alle Leute, die für Sie arbeiten oder gearbeitet haben, um herauszufinden, ob eine Verbindung besteht zwischen Ihnen und der … ähm, den anderen Leuten, die Briefe von diesem Kerl erhielten. Und bis wir ihn gefasst haben, sorgen wir natürlich dafür, dass Ihnen nichts passiert.«
    Ich entzog ihm meine Hand. »Hat es denn wirklich einen Sinn, mit all dem fortzufahren?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Dieses ganze lächerliche Theater. Dass Sie meine Briefe öffnen und Lynne hier im Haus rumhängt.«
    Stadler schwieg eine ganze Weile. Offenbar wusste er nicht so recht, was er darauf antworten sollte. Schließlich blickte er auf und sah mich mit seinen dunklen, fast schon schwarzen Augen an. »Die Sache ist ernst«, sagte er. »Sie haben die Briefe gelesen. Der Mann hat damit gedroht, Sie umzubringen.«
    »Stimmt, die Briefe sind ziemlich übel«, räumte ich ein,

    »aber mit solchen Dingen muss man in London nun mal leben, genauso wie mit obszönen Anrufen, Verkehrslärm und Hundedreck auf dem Gehsteig.«
    »Vielleicht«, meinte Stadler. »Trotzdem müssen wir die Sache ernst nehmen. Ich habe gleich eine Besprechung mit Detective Links, und bei der Gelegenheit werde ich ihn darauf hinweisen – und er wird mir bestimmt beipflichten
    –, dass wir dieses Haus noch sicherer machen müssen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sämtliche Arbeiten, die zurzeit hier im Gange sind, müssen sofort abgebrochen werden. Zumindest für ein paar Tage.«
    »Sind Sie verrückt?« Ich starrte ihn entsetzt an. »Die Baufirma hat eine sechsmonatige Warteliste. Jeremy muss in ein paar Tagen nach Deutschland. Anfang nächster Woche kommen die Stuckateure. Wollen Sie meine Mappe sehen? Man kann so was nicht einfach abbrechen und wieder anfangen, wenn einem danach ist.«
    »Es tut mir Leid, Mrs. Hintlesham, aber ich halte diese Maßnahme für dringend erforderlich.«
    »Dringend erforderlich für wen? Für Sie, weil Sie Ihren Job nicht richtig machen?«
    Stadler stand auf. »Tut mir Leid«, sagte er. »Tut mir Leid, dass wir diesen Irren noch nicht geschnappt haben.
    Aber so was ist nun mal schwierig. Normalerweise gibt es eine klare Vorgehensweise: Man klopft an Türen und sucht nach Zeugen. Aber wenn sich ein Irrer willkürlich jemanden herauspickt, gibt es keine normale Vorgehensweise. Da muss man einfach hoffen, dass sich irgendwas ergibt.«
    Obwohl ich am liebsten losgelacht hätte, starrte ich ihn weiter aus kalten Augen an, ohne ein Wort zu sagen.
    Dieser lächerliche Kerl wollte doch tatsächlich mein Mitgefühl. Er wollte von mir tröstende Worte hören, weil er es als Polizist so schwer hatte. Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle rausgeworfen, ihn und den Rest der Bagage.
    »Wir dürfen nicht außer Acht lassen«, fuhr er fort, »dass der Kerl eine ernsthafte Drohung ausgesprochen hat.
    Natürlich ist es unser Ziel, ihn zu schnappen, aber oberste

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