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Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Haut fühlte sich schon wieder schweißnass an.
    Langsam ließ ich meine Finger über meinen Bauch nach unten zwischen meine Beine gleiten. Ich spürte, wie warm und feucht ich war. Während ich mich sanft streichelte, starrte ich zur Decke hinauf und fragte mich, wie es wohl wäre, von jemandem zum ersten Mal betrachtet zu werden. Welche Gefühle es in mir wecken würde, begehrt zu werden. Von lustvollen Blicken verfolgt zu werden.
    Angesehen zu werden. Geliebt zu werden.

    6. KAPITEL
    ch verstehe mich aufs Packen. Jedes Mal, wenn Clive für ein paar Tage wegmuss,
    I
    packe ich seine Sachen für
    ihn. Männer haben zwei linke Hände, wenn es darum geht, ihre Hemden richtig zusammenzulegen. Diesmal packte ich für die Jungs, die für drei Wochen ins Sommercamp in die Wildnis von Vermont durften. Wir hatten vor Jahren über den Freund eines Freundes eines Kollegen von Clive davon erfahren. Drei Wochen Zeit, um zu klettern, zu surfen, abends am Lagerfeuer zu sitzen und, in Joshs Fall wahrscheinlich, mit hübschen jungen Mädchen in knappen Shirts Blicke zu tauschen. Ich machte ihm gegenüber eine diesbezügliche Bemerkung, während ich sorgfältig die TShirts, Shorts, Schwimmsachen und Hosen in seinen Koffer legte. Er wirkte niedergeschlagen. »Du willst uns doch nur loswerden«, murmelte er.
    Zurzeit murmelt er nur noch vor sich hin, sodass ich die Hälfte von dem, was er sagt, nicht verstehe.
    »Aber Josh, letztes Jahr hat es dir doch so gut gefallen!
    Harry findet auch nicht, dass drei Wochen zu lang sind.«
    »Ich bin aber nicht Harry!«
    »Nun sag bloß nicht, dass du Sehnsucht nach mir hast«, meinte ich neckend.
    Er starrte mich an. Josh hat große, dunkelbraune Augen, mit denen er einen unglaublich vorwurfsvoll ansehen kann, fast wie ein beleidigter Esel. Mir fiel auf, wie dürr und bleich er war: Seine Schlüsselbeine ragten wie Griffe hervor, und seine Handgelenke schienen nur aus Knochen und Sehnen zu bestehen. Als er sein Shirt auszog, um in saubere Sachen für den Flug zu schlüpfen, zeichneten sich seine Rippen deutlich an seinem mageren Körper ab.
    »Die frische Luft wird dir gut tun. Diesem Zimmer könnte ein bisschen Frischluft übrigens auch nicht schaden. Machst du eigentlich nie die Fenster auf?«
    Er gab mir keine Antwort, sah bloß verdrossen auf die Straße hinunter. Ich klatschte in die Hände, um ihn aus seiner Lethargie zu reißen. »Josh, ich bin in Eile! Euer Vater wird euch in etwa einer Stunde zum Flughafen bringen.«
    »Immer bildest du dir ein, in Eile zu sein.«
    »Ich habe nicht vor, mich kurz vor deiner Abreise noch mit dir zu streiten.«
    Er drehte sich um und sah mich an. »Warum suchst du dir keinen richtigen Job?«
    »Wo ist dein Deo? Ich habe einen Job. Als eure Mutter.
    Du wärst bestimmt der Erste, der sich beschweren würde, wenn ich plötzlich aufhören würde, euch zu euren Partys und Clubs zu kutschieren, Essen für euch zu kochen und eure Klamotten zu waschen.«
    »Und was tust du, während Lena deine Arbeit macht?«
    »Ich kümmere mich um die Renovierung dieses Hauses, in dem du dich ja recht wohl zu fühlen scheinst. Also, was machst du mit dem bisschen Zeit, das dir vor eurer Abreise noch bleibt? Wie wär’s, wenn du noch zu Christo hineinschaust? Ihr werdet ihm bestimmt fehlen.«
    Josh ließ sich an seinem Computer nieder. »Ja, gleich.
    Ich möchte mir bloß noch schnell dieses neue Spiel ansehen. Es ist ganz neu.«
    »Genau aus dem Grund ist es gut, dass du mal hier rauskommst. Sonst würdest du nämlich drei Wochen lang im Dunkeln vor deinem Bildschirm hocken. Hör mal, wenn du sowieso noch hier bleibst, könntest du genauso gut dein Bett abziehen und Mary die schmutzige Bettwäsche rauslegen.« Schweigen. Ich wandte mich zum Gehen, überlegte es mir dann aber anders.
    »Josh?« Schweigen. »Wirst du Sehnsucht nach mir haben? Ach, Josh, nun mach endlich den Mund auf!«
    Inzwischen schrie ich ihn schon fast an.
    Er drehte sich schmollend um. »Was ist denn?«
    »Ach, nichts.«
    Als ich schließlich das Zimmer verließ, war er bereits in das neue Computerspiel, eine Art Nahkampf ohne Waffe, vertieft.

    Ich nahm Harry in den Arm, auch wenn sich sein Körper dabei wie üblich versteifte. Er scheint der Meinung zu sein, dass man mit elf viel zu alt ist, um sich noch umarmen zu lassen. Ansonsten aber ist er Gott sei Dank ein fröhlicher Junge, der nichts von Joshs Launenhaftigkeit hat. Er ist wie ich, ein Typ, der nicht zum Trübsalblasen neigt. Harry hat braunes,

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