Der Sommermörder
ein kühles, frisch bezogenes Bett gelegt. Allein, versteht sich.
Zur Suppe trank ich sprudelndes Mineralwasser, aber zum Fisch gönnte ich mir ein Glas von dem guten Chardonnay, zum Brie einen roten Bordeaux und zum Nachtisch einen ziemlich guten Dessertwein. Zwischen all dem Alkohol wirkte der Kaffee wie ein kleiner Schock, der in meinem Kopf zumindest kurzfristig wieder für Klarheit sorgte.
»Was für ein raffiniertes Frauenzimmer«, sagte ich hinterher zu Clive, während ich mich mit einem Wattebausch abschminkte. Clive putzte sich gerade die Zähne.
Nachdem er sich gründlich den Mund ausgespült hatte, kniff er ein Auge zu und musterte mich mit dem anderen kritisch.
»Du bist ja betrunken!«, stellte er fest.
Ich verspürte plötzlich unbändige Lust, ihm ins Gesicht zu schlagen und meine Nagelschere in seinen Bauch zu rammen.
»Unsinn!«, erwiderte ich lachend. »Ich bin bloß ein bisschen beschwipst, Liebling. Ich finde, es ist alles recht gut gelaufen, meinst du nicht auch?«
7. KAPITEL
ein großes Laster sind Versandhauskataloge. Das ist irgendwie verrückt,
M
weil es mir im Grunde
überhaupt nicht ähnlich sieht. Wenn es etwas gibt, woran ich wirklich glaube, dann daran, dass die Dinge, mit denen man sich umgibt, genau passen müssen. Der Gedanke, sich für das Zweitbeste entschieden zu haben, nur weil es ein bisschen – oder viel – billiger war, und dieses Ding dann Jahr für Jahr in einer Ecke stehen zu sehen – das ist meine Vorstellung von Folter. Bevor man sich etwas kauft, muss man die Dinge anfassen, um sie herumgehen, ein Gefühl dafür bekommen, wie sie sich an der Stelle machen würden, die man für sie vorgesehen hat.
Aus diesem Grund sollte ich mich mit Katalogen eigentlich gar nicht befassen. Die Handtücher, die auf dem Bild so flauschig aussehen, können sich in Natura wie Kratzwolle anfühlen oder eine Spur von der abgebildeten Farbe abweichen, sodass sie nicht mehr zum Holzrahmen des wundervollen Spiegels passen, den man letzten Sommer auf einem Markt entdeckt hat. Das Salatbesteck kann im Katalog schön massiv aussehen, sich dann aber als billiges Plastik entpuppen. Natürlich weiß ich, dass man theoretisch alles zurückschicken kann, aber in der Praxis schafft man das irgendwie nie. Es ist wirklich nicht zu entschuldigen, und Clive äußert sich immer ziemlich verächtlich darüber, wenn er es zufällig mal mitbekommt, aber selbst brütet er schließlich auch bis tief in die Nacht über seinen blöden Weinkatalogen.
Jedes Mal, wenn so ein Versandhauskatalog eintrifft, kann ich einfach nicht widerstehen, ich muss ihn rasch durchblättern, und immer ist irgendwas drin, das mir ins Auge sticht: Turnschuhe oder Baseballjacken für die Jungs, ein praktischer Bleistifthalter, ein hübscher Zuckerlöffel, ein witziger Wecker oder ein Papierkorb, der sich oben im Arbeitszimmer gut machen könnte. Oft landen die Sachen dann im Speicher oder in der hintersten Ecke im Schrank, aber manchmal erweisen sie sich auch als Spitzenklasse. Das ist dann fast wie ein zusätzlicher Geburtstag. In mancher Hinsicht vielleicht noch besser.
Wollte man sarkastisch sein, könnte man sagen, dass gewisse Jungs – und auch gewisse Männer, deren Namen besser ungenannt bleiben –, durchaus mal einen Geburtstag vergessen, während ein Versandhaus es hingegen niemals versäumt, den bestellten Lampenschirm zu liefern, auch wenn er einem letztendlich gar nicht so gut gefällt, wie man gedacht hat.
Dreisterweise geben solche Versandhäuser die Namen ihrer Kunden an andere Firmen weiter, insbesondere dann, wenn ihre Computer dahinter gekommen sind, dass man dazu neigt, sich Dinge zu kaufen, die man eigentlich gar nicht braucht. Es hat ein bisschen was von dem Gefühl, das beliebteste Mädchen der Schule zu sein. Alle möchten mit dir befreundet sein, auch wenn du das nicht willst.
Also ehrlich, manchmal bekomme ich von den seltsamsten Leuten Prospekte zugeschickt. Erst kürzlich kam eine Broschüre von einer Firma, die Ponchos aus Lamahaar herstellt. So ein Ding kostet neunundzwanzig Pfund neunundneunzig, und für neununddreißig neunundneunzig bekäme man einen Doppelpack. Als ob irgendein halbwegs vernünftiger Mensch, der nicht zufällig in den Anden lebt, auch nur einen einzigen solchen Poncho gebrauchen könnte. Ich dachte nicht mal eine Sekunde lang darüber nach.
Das alles ist lediglich die Vorgeschichte zu dem, was am Montag passierte, als ich irgendwann am Vormittag die Treppe herunterkam
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