Der Sommermörder
stellen.«
»Lieber Himmel, nicht schon wieder!«
Inzwischen weiß ich, dass die Polizei durchaus für ein paar Dinge zu gebrauchen ist: Polizisten bringen es beispielsweise fertig, dass man trotz der langen Warteschlange auf der Unfallstation sofort drankommt.
Sie fahren einen zum Krankenhaus und zurück und kochen Tee. Das Problem ist eher der Rest – das, was sie nicht zuwege bringen.
»Mir ist klar, dass das alles für Sie sehr schwierig ist.
Trotzdem brauchen wir Ihre Hilfe.«
»Warum? Ich habe genug von Ihren Fragen. Aus meiner Sicht ist die Sache ganz einfach: Da draußen gibt es einen Mann, der immer wieder an meine Haustür kommt.
Können Sie ihn nicht einfach verhaften, wenn er das nächste Mal einen Umschlag durch den Briefschlitz wirft?«
»So einfach ist das nicht.«
»Warum nicht?«
Links holte tief Luft. »Wenn sich jemand etwas wirklich in den Kopf gesetzt hat, dann –« Er brach abrupt ab.
»Dann was?«
»Wir würden gern ein paar Namen mit Ihnen durchgehen.«
»Meinetwegen. Möchten Sie Tee? Die Kanne ist voll.«
»Nein, danke.«
»Stört es Sie, wenn ich eine Tasse trinke?« Nachdem ich mir eingeschenkt hatte, schaffte ich es irgendwie, die Kanne auf dem Rand eines Tellers abzustellen, sodass sie ganz langsam kippte und dann auf den Steinboden krachte, wo sie in tausend Scherben zerbarst. Kochend heißer Tee spritzte durch die ganze Küche.
»Tut mir Leid, es muss an meiner Hand liegen. Wie ungeschickt von mir!«
»Lassen Sie mich helfen.« Links begann, Porzellanscherben aufzusammeln. Lynne machte sich ausnahmsweise auch mal nützlich, indem sie mit einem Mopp die restlichen Scherben zusammenfegte. Dann nahmen wir wieder am Küchentisch Platz. Lynne reichte Links eine Aktenmappe, die er sofort öffnete. Sie enthielt eine Liste von Namen, neben die in den meisten Fällen Fotos geheftet waren. Unter den Personen befanden sich mehrere Lehrer, ein Gärtner, ein Immobilienmakler, ein Architekt, die unterschiedlichsten Typen, in Anzügen, Jeans und T-Shirt, sauber rasiert oder mit Bartstoppeln.
Die Tabletten hatten mich in einen leicht benebelten Zustand versetzt, und mir war, als würde ich mich in Zeitlupentempo bewegen; das konnte aber auch an den Schmerzen oder am Schock liegen. Irgendwie fand ich es fast lustig, diese Auflistung langweiliger Leute durchzusehen, denen ich noch nie begegnet war.
»Was sind das für Leute? Kriminelle?«
Links schien sich ziemlich unbehaglich zu fühlen. »Aus rechtlichen Gründen«, antwortete er, »darf ich Sie nicht in alle Einzelheiten einweihen, aber ich kann immerhin so viel sagen, dass wir herauszufinden versuchen, ob möglicherweise Verbindungen bestehen zwischen Ihnen und, ähm …«, er schien nach den richtigen Worten zu suchen, »… Bereichen, in denen ähnliche Probleme aufgetreten sind. Sollte Ihnen eine dieser Personen auch nur vage bekannt erscheinen, könnte uns das weiterhelfen.
Vielleicht dieser Immobilienmakler, Guy Brand, um nur ein Beispiel zu nennen. Ich will ihm gar nichts unterstellen, aber ein Immobilienmakler hat nun mal Zutritt zu vielen Grundstücken und Wohnungen. Und Sie sind erst kürzlich umgezogen, nachdem Sie in vielen Teilen Londons nach einem Haus gesucht hatten.«
»Ja, ich habe Hunderte von Immobilienmaklern kennen gelernt. Leider habe ich, was Gesichter angeht, ein ganz fürchterliches Gedächtnis. Warum fragen Sie nicht ihn?«
»Das haben wir schon getan«, antwortete Links. »Ihr Name war nirgendwo aufgeführt. Allerdings schien in der Kundenkartei ein ziemliches Chaos zu herrschen.«
Ich sah mir das Foto noch einmal an. »Er kommt mir tatsächlich bekannt vor. Andererseits – Immobilienmakler sehen alle irgendwie gleich aus, finden Sie nicht?«
»Sie meinen also, dass Sie ihm möglicherweise schon mal begegnet sind?«
»So weit würde ich nicht gehen«, entgegnete ich. »Falls Sie aber herausfinden sollten, dass ich ihn tatsächlich schon mal getroffen habe, dann würde ich sagen, möglich wäre es.«
Mit dieser Antwort schien Links nicht sehr zufrieden zu sein.
»Ich kann Ihnen die Fotos dalassen, wenn Sie wollen.«
»Warum hat er das wohl getan?«, fragte ich unvermittelt.
»So viel Mühe, nur um etwas so Gemeines zu tun?«
Unsere Blicke trafen sich, und zum ersten Mal war er nicht in der Lage, seine Besorgnis zu verbergen. »Ich weiß es nicht.«
»Tja, das ist mir inzwischen auch schon klar geworden«, gab ich bissig zurück. Momentan krochen etwa acht von ihnen wie Ameisen im Haus
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