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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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sach’ich’s. Ich jeh’ zu Mischter Wither, jetzt gleich, und ich schach zu ihm, Ihre Tochta, sachich, heut’ auch wieder. Ihre Tochta, Mischter Wischer, mit dem Schoffer, Mischter Wischer. Die treibt’s mit dem Schoffer. Ick hab’s jesehn, Tach für Tach seh ich’s«, er stieß Saxon über die Schwelle, »mit dem Schoffer. Unten im Wald« … Er gab Saxon einen Stoß, und der fiel rücklings in den Dreck wie ein Kind und nicht wie ein großer, ausgewachsener junger Mann. »Siehste? Schoo! Und jetzt jeh ick zu Mischter Wither.«
    Brüllend und grölend verschwand er im dunklen Nebel. Saxon rappelte sich auf und klopfte sich mit zittrigen, zerkratzten Händen die Uniform ab. Das Gebrüll des Einsiedlers, der wie ein wilder Stier durchs Wäldchen stürmte, verlor sich allmählich in der Ferne.
    »Mischter Wither! Mischter Wither!«
    »Da kannste mal sehen«, sagte Mrs Caker und nahm achselzuckend wieder am Tisch Platz. »Jetzt haste ihn aufgerecht. Du weißt doch, wie leicht er sich aufrecht, wenn er besoffen is’. Hättste ihn mal besser nich angefasst.«
    Sie selbst war in einer milden, angeheiterten Stimmung. Ihre Angst war verflogen, und in ihren schönen blauen Augen stand schon wieder der Schalk.
    »Wie siehste denn aus, Junge«, sagte sie und musterte seine verdreckte Uniform. Sie erhob sich schwankend. »Warte, ich werdse dir abbürsten.«
    Er sprang zornig zurück und starrte unschlüssig in den Nebel hinaus. Von der anderen Talseite hörte man immer noch schwach den Einsiedler. »Mischter Wither!«
    »Ich geh besser mal hin«, sagte er ängstlich, wie zu sich selbst. Dann lief er los. Seine Mutter schaute ihm nach, wie er zwischen den nebligen, dunklen Bäumen verschwand. Das Licht seiner Taschenlampe hüpfte über die Stämme, die auf einmal aussahen wie schwarze Steinsäulen, die aus dem Nebel aufragen. Dann verlor sie ihn aus den Augen.
    Sie wandte sich ab und setzte gähnend den Kessel auf, um sich eine Tasse Tee zu machen. Während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte, fiel ihr ein, die Scherben wegzukehren und das Bier aufzuwischen.

20. KAPITEL
    Auf The Eagles saß man um diese trübe Tageszeit, wenn die Teezeit längst vorbei, das Abendessen aber noch auf sich warten ließ, meist im Wohnzimmer zusammen. So auch heute. Eine idyllische Szene. Einen Kommunisten hätte sie zur Weißglut bringen können. Fünf unproduktive Angehörige der Bourgeoisie saßen in einem Raum von der Größe eines kleinen Saals zusammen, atmeten mehr Luft, als unbedingt nötig gewesen wäre, wärmten sich an einem unnötig großen Feuer und genossen die Bequemlichkeit der ebenso unnötig luxuriösen Raumausstattung. Unter ihnen in der Küche schufteten sich drei Mitglieder der Arbeiterklasse mit dem Abendessen für sie ab, das aus dem Erlös von Kapital finanziert wurde. Aber vielleicht ist das keine besonders interessante Art und Weise, den armen Mr Wither und seinen Anhang zu sehen.
    Mrs Wither strickte, Madge studierte ein Buch über die richtige Ernährung von Hunden, Mr Wither war über der MORNING POST eingedöst, Tina stickte, und Viola starrte, ihr Nähzeug müßig im Schoß, ins flackernde Kaminfeuer. Die einzigen Geräusche waren das laute Atmen von Mr Wither, das Klappern von Mrs Withers Stricknadeln und das feine metallische Surren, wenn Tina den Seidenfaden durchs Leinen zog. Ein kaum spürbarer Hauch von Bratenduft lag in der Luft. Auf einmal ertönte ein lautes Hämmern an der Haustür, so laut, dass es durch die solide Eingangstüre, die geräumige Diele und durch die Wohnzimmertür ins Wohnzimmer drang, wo es schließlich an die Ohren der fünf still Versammelten prallte.
    Mr Wither fuhr mit einem Ruck hoch und ließ die Zeitung vom Schoß rutschen.
    »Was um alles in der Welt soll das?«, rief er aus. Niemand kam auf die Idee, bei den Withers an die Tür zu hämmern – wofür hatten sie denn eine Klingel?
    Die vier Frauen starrten verdattert zur Wohnzimmertüre.
    Dann begann es zu klingeln. Jemand drückte seinen Daumen darauf.
    Mr Wither war inzwischen aufgesprungen.
    »Wer kann das sein?«, rief er aus.
    Mrs Wither erhob sich ebenfalls und läutete.
    Das Geklopfe wollte nicht aufhören, und jetzt konnte man auch eine laute Stimme hören.
    Irgendwann schob sich Annies ältliches Gesicht herein, ängstlich, aber dennoch um Korrektheit bemüht.
    »Sie haben geläutet, M’dam?«
    »Annie, was ist das für ein Krach an der Haustüre? Wo ist Fawcuss? Warum öffnet sie nicht?«
    »Ach, M’dam, es

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