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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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richt’ges Osterei.« Kichernd ging sie in die Küche und setzte noch einmal den Kessel auf.
    Ihren Streit hatten beide längst vergessen. Mrs Caker war zu sehr im Hier und Jetzt verhaftet, um nachtragend zu sein, und Saxon hatte jetzt weiß Gott was anderes im Kopf. Tina saß auf dem Sofa und hörte zu, wie Saxon oben packte und wie Mrs Caker in der Küche mit Kessel und Kanne hantierte. Sie fühlte sich miserabel. Gern wäre sie nach oben gegangen, um sich Saxons Zimmer anzusehen, wusste aber, dass ihm das nicht gefallen hätte. Er war sehr empfindlich, was die Armut und Schäbigkeit seines Zuhauses betraf.
    Bald kam er wieder herunter, einen billigen Koffer in der Hand. Er stellte ihn ab und starrte ihn einen Moment lang grimmig an. Dann hob er plötzlich den Kopf und strahlte Tina so glücklich an, dass sich ihre Stimmung sofort hob.
    »Tja, das wär’s dann wohl«, meinte er. »Wie steht’s jetzt mit dem Tee?«
    Sie hatten gerade noch Zeit, ihn im Stehen zu trinken, wenn sie den Bus noch erwischen wollten, der um Viertel nach sieben vom Green Lion abfuhr. Rasch schluckten sie ihn herunter, während Mrs Caker auf dem Sofa saß und ihren in Ruhe schlürfte. Aus der Ecke kam eine Stimme, die verkündete, dass Miss Rita Lambole nun einen Vortrag über persische Musik halten und dabei von Miss Deirdre Macdonnell auf der Zither unterstützt werden würde.
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte Saxon und schaltete das Radio aus. »Mum, hier hast du einen Zehner. Ich schick dir wieder regelmäßig was, sobald ich Arbeit gefunden hab. Du kommst doch zurecht, oder?«
    »Muss ich ja wohl.« Sie zwinkerte Tina erneut zu. »He, aber was is mit dem Radjo? Wie soll ich jetzt die Raten zahlen?«
    »Das würde ich gerne jetzt gleich für Sie erledigen«, meinte Tina, »wie viel ist es?«
    »Also, das nenn’ ich richtig nett. Er hat die Rechnungen irgendwo, nich?«
    Saxon betastete seine Jackentaschen. Er musterte Tina über den Rand seiner Tasse hinweg. Er war aufgeregt, froh und zuversichtlich. Endlich ging’s los! Endlich kamen sie von hier weg! Raus aus diesem elenden Nest. Auf einmal hasste er Sible Pelden mitsamt seinen Fettärschen, denen er es immer hatte zeigen wollen. Das war ihm jetzt schnurz. Das war sowieso kindisch von ihm gewesen. Unreif. Er war jetzt ein verheirateter Mann. Er musste jetzt vor allem Geld verdienen und ein Heim für Tina schaffen. Er wollte ihr und ihrer … Familie zeigen, dass er durchaus was taugte.
    Und so nahm sein Ehrgeiz eine ganz andere Form an. Aber das merkte er nicht.
    Man verabschiedete sich unbeholfen, dann eilten Tina und Saxon in die kalte, neblige Nacht hinaus. Mrs Caker blieb im Türrahmen stehen und schaute ihnen spöttisch, aber auch ein wenig sehnsüchtig nach. Sie hatte noch nie einen Pelzmantel gehabt. Und würde auch nie einen haben.
    Während sie unter der schwächlichen Lampe vor dem Green Lion, wo der Busfahrplan auf dem alten, verwitterten Nachrichtenbrett klebte, auf den Bus warteten, wies Saxon mit einer Kopfbewegung zumWirtshaus und sagte:
    »Ich würde ja mit dir reingehen, aber er sitzt jetzt da drin, dieser Mistkerl.«
    »Wer? Der Einsiedler? (Nein, ich will gar nicht reingehen; der Barmann schaut immer so grimmig drein, findest du nicht?)«
    »Das war übrigens der junge Heyrick von den Springs, der mir mit Falger geholfen hat. Der Alte hat wohl mal sein Mädchen angemacht, Gladys Davies, unten im Wäldchen. Heyrick war’s ganz recht, dass er’s dem alten Lüstling heimzahlen konnte. Gladys ist Zofe, oben bei den Springs«, fügte er hinzu.
    Du hättest besser eine Gladys Davies heiraten sollen , dachte Tina niedergeschlagen, ich werde dir wohl kaum was nützen . Sie hatte einen Kloß im Hals, sagte aber nichts.
    Er schob seinen Arm unter den ihren, beugte sich vor und spähte in ihr Gesicht.
    »Kopf hoch, es wird alles gut. Wirst sehen.«
    Tina hatte nicht das Gefühl, sagte aber tapfer:
    »Ja, ganz bestimmt. Du wirst sicher leicht eine neue Stelle finden, und Vater beruhigt sich auch wieder …«
    »Wir werden nicht von seinem Geld leben«, unterbrach er sie scharf.
    »Weiß ich, Schatz, aber es ist doch viel angenehmer, wenn wir diese dumme Fehde mit der Familie beilegen könnten. Und ich könnte mir ja auch was suchen.«
    »Von wegen! Nicht, solange ich arbeiten kann.«
    Die Scheinwerfer des Busses tauchten im Nebel auf. Saxon nahm beide Koffer hoch.
    »Aber Saxon, das ist so … so altmodisch.«
    »Kannste laut sagen. Prähistorisch sogar. Aber es ist trotzdem

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