Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
Vom Netzwerk:
gehabt.
    »Das wusste ich nicht, Sir. Ich bin nur deshalb gekommen, weil Sie der einzige Mensch in London sind, der mich fahren gesehen hat. Ich hatte gehofft, Sie wären vielleicht so nett, mich weiterzuempfehlen.«
    »Hat Ihre Frau Ihnen gesagt, dass Sie herkommen sollen?«
    »Nein, Sir. Ehrlich gesagt, sie war dagegen.«
    »Aha. Und wieso?«
    »Nun ja, Sir, sie dachte wohl, dass Ihnen die Sache peinlich sein könnte – und dass Sie möglicherweise Mr Withers Standpunkt einnehmen, Sir, und mir keine Referenz geben würden.«
    »Aber Sie haben das nicht gedacht, he?«
    »Nun ja, Sir, ich dachte, wenn ich mich nur als Chauffeur bei Ihnen vorstelle und Sie um eine Empfehlung bitte, dann würden Sie es wohl kaum für nötig halten zu behaupten, dass ich ein schlechter Chauffeur bin, bloß weil ich zufällig die Tochter meines alten Arbeitgebers geheiratet habe.«
    » Zufällig geheiratet! Das ist gut, das ist herrlich!« Und schon war’s wieder um Mr Spurrey geschehen. »Sie hoffen wohl noch auf was Besseres, wie? Dann können Sie zufällig noch mal heiraten, aber eine, die mehr Geld hat, wie?«
    Saxon grinste so lüstern und zynisch, wie Mr Spurrey es offenbar sehen wollte. Mr Spurrey machte sich auf seine Kosten über ihn lustig, das war ihm vollkommen klar.
    »Nun, die Sache ist die: Ich brauch’ selber einen. Einen Chauffeur«, fuhr der Alte fort. »Meinen letzten, Holt, hatte ich sechzehn Jahre lang, nein achtzehn, fast achtzehn. Aber der ist letzte Woche gestorben«, sagte Mr Spurrey empört. »Einfach so«, er schnippte mit seinen trockenen, nach Tabak riechenden gelben Fingern, »ohne Vorwarnung. Dabei hatte er sich schon wieder berappelt. Und das war noch nicht alles …«
    Saxon musste sich fünf Minuten lang anhören, in welche Unannehmlichkeiten Holts Tod Mr Spurrey gebracht hatte.
    Doch schließlich:
    »… und ich sehe nicht ein, wieso ich Sie nicht anstellen sollte, he? Was haben Sie vom alten W. gekriegt?«
    »Zwei Pfund pro Woche, Sir … und dafür hab’ ich mich auch noch um den Garten gekümmert.«
    »Ach was, hier gibt’s keinen Garten, keinen Garten, nichts dergleichen«, sagte Mr Spurrey so hastig, als befürchte er, Saxon könne es nicht ohne Blumenrabatten und Staudengebüsch aushalten. »Zwei Pfund, he? Nicht viel, oder? Will ja nichts gegen W. sagen, aber ein bisschen geizig ist er schon, he? Mehr als geizig. Also, ich werde Ihnen drei fünfzehn geben (fünfzehn Shilling mehr als Holt, aber Sie sind schließlich ein verheirateter Mann, hehe!), plus Unterkunft. Hinten, auf dem ehemaligen Kutschenhof«, er wies mit einer Kopfbewegung in die Richtung. »Zwei Zimmer mit Küche. Sie müssen allerdings das Badezimmer der Dienstboten benutzen.«
    »Hier wohnen, meinen Sie, Sir?«
    »Warum nicht? Holt hat auch hier gewohnt; hat sich richtig hübsch eingenistet. Mietfrei, natürlich. Withers Mädel können Sie natürlich mitbringen, Platz genug. Für ein Doppelbett.« Und wieder bekam Mr Spurrey einen seiner Gacker-Anfälle, die Saxon nun allerdings doch ein wenig auf die Nerven gingen.
    »Aber ich weiß von nichts, he?«, fügte Mr Spurrey hinzu. »Von Ihrer Heirat mit dem Mädel, he? Will nicht in irgendwelche Streitigkeiten mit reingezogen werden, nein, nein, so was will ich nicht haben. Ist besser, wenn sie mir aus dem Weg geht, ja? Hab nichts gegen sie, überhaupt nicht, nur zur Sicherheit, was sagen Sie?«
    »Das wäre vielleicht wirklich das Beste, Sir.«
    Saxon hatte das Gefühl, dass Tina ganz froh sein würde, den alten Spurrey nicht sehen zu müssen.
    Man vereinbarte daraufhin, dass er und Tina noch am selben Tag einziehen und dass er seine Stellung am nächsten Morgen früh um neun antreten würde. Er versicherte Mr Spurrey, ohne mit der Wimper zu zucken, dass er einen Rolls zu lenken verstehe und alles über diesen Wagen wisse. Das stimmte natürlich nicht, aber Saxon war zuversichtlich, dass er das hinkriegen würde.
    Er verabschiedete sich von Mr Spurrey und eilte zu Tina, die eher verloren in einem teuren kleinen Imbiss auf dem Markt um die Ecke saß. Ganz gelassen erzählte er ihr, dass er eine Stelle habe. Tina wünschte, es wäre nicht gerade bei Mr Spurrey, war aber klug genug, Saxon nicht die Freude zu verderben; und fünf Minuten später, nachdem er wie ein stolzer junger Kater um die neue Situation herumgestrichen war, sagte er selbst, wie dumm es war, dass es ausgerechnet Mr Spurrey sein musste, aber eine Stelle sei nun mal eine Stelle. Der Alte war ein fieser alter

Weitere Kostenlose Bücher