Der Sommernachtsball
gestritten.
Wie beiläufig sagte Viola:
»Wirst du dein Zimmer behalten?«
»Wir werden sehen«, antwortete Miss Cattyman ein wenig scharf, »die Dinge werden sich jetzt natürlich ändern, aber«, fuhr sie unbekümmert fort, »ich komme schon irgendwie zurecht!«
»Hör mal, Catty«, zwang sich Viola zu sagen, »ich will mich ja nicht einmischen, sag’s ruhig, wenn du mich für unverschämt hältst, aber ich will dir nur helfen, also nimm’s mir bitte nicht übel, wenn ich frage … aber hast du eigentlich was gespart?«
Miss Cattyman senkte den Blick auf ihren grünschwarzen Schoß und schwieg einen Moment. Dann sagte sie leise: »Nein, Vi, äh, nein, nicht sehr viel. Ich meine, ich hatte schon was, aber dann ist meine Mutter gestorben, und ich musste die Beerdigung bezahlen, und dafür sind irgendwie meine ganzen Ersparnisse draufgegangen, und danach hab ich’s irgendwie nicht mehr geschafft, wieder richtig damit anzufangen. Aber natürlich«, fuhr sie fort, sich empört aufrichtend, »hab ich immer erwartet, hinter der Ladentheke zu sterben. Und das wäre auch so gekommen, wenn es sich bestimmte Leute nicht in den Kopf gesetzt hätten, alles durcheinanderzubringen, als ob sie der Duke of Windsor wären (obwohl, für mich wird er immer der Prince of Wales bleiben, als König fand ich ihn sowieso nicht gut; er hätte sich sofort einen Bart stehen lassen sollen, dann wäre all das nie passiert); wo war ich stehen geblieben? Ach ja, mach dir keine Sorgen, meine Liebe. Ich werde schon zurechtkommen.«
Viola verabschiedete sich hastig von Catty, denn Mr Burgess konnte jeden Moment zurückkommen, und er war mittlerweile nicht mehr so freundlich zur Tochter seines alten Geschäftspartners wie früher. Sie gab Catty einen Kuss und tätschelte ihr die Schulter und versprach, bald wiederzukommen. Insgeheim jedoch war sie sehr besorgt, so besorgt, dass ihr eigener Kummer für den Moment vergessen war.
Er meldete sich kurz zurück, während sie die Zeitungen bestellte, in denen möglicherweise Fotos von der Spring-Barlow-Hochzeit sein würden, und als sie zu dem Zeitungshändler sagte, sie wolle sie selbst abholen. Auf dem Heimweg jedoch konnte sie nur noch an Catty denken. Sie zerbrach sich den Kopf darüber, was man für sie tun könnte.
Sie stellte sich vor, wie sie Mr Wither ihr Herz ausschüttete und wie er sich dann kräftig in ein Taschentuch schnäuzte, so wie die Leute in Romanen, und sagte, er würde Miss Cattyman hundert pro Jahr geben, auch wenn er ein ausgesprochener Narr sei … aber als die Eingangstür von The Eagles hinter ihr zufiel, zerstob dieser schöne Traum, außerdem kam Mrs Wither plötzlich mit einem Brief in der Hand aus dem Wohnzimmer geschossen und stürzte sich auf Viola.
»Viola, was hältst du davon?«, rief sie aufgeregt und auch ein wenig empört. Sie redete zur Abwechslung mal ganz normal mit Viola, als ob sie zur Familie gehöre, so dringend brauchte sie jemanden zum Reden. »Der alte Herr, für den Saxon arbeitet, weißt du – es ist Mr Spurrey.«
»Was? Der alte Mr Spurrey? Mr Withers Freund, der im Sommer zu Besuch war? Meinst du den?«
»Es gibt nur einen Mr Spurrey, Liebe«, rügte Mrs Wither sie milde. Sie starrte noch immer den Brief an. »Ja, bei dem ist er schon die ganze Zeit.«
»Aber warum um alles in der Welt hat Tina nichts gesagt?«
»Das versteh ich ja auch nicht, Viola. Und dass Mr Spurrey nichts gesagt hat! Wie seltsam das alles ist!« Die arme Mrs Wither schaute ganz verwirrt von dem Brief auf. »Warum ein Geheimnis draus machen? Natürlich überrascht mich nichts mehr, was Tina macht, nach allem, was passiert ist; aber man möchte doch meinen, dass Mr Spurrey es erwähnt hätte. Wie unfreundlich. Er und Mr Wither kennen sich schon so lange, sind praktisch Jugendfreunde. Wie komisch von ihm – schreibt, wie zufrieden er mit seinem neuen Chauffeur ist, und fragt, wie es Tina geht und wie leid es ihm tut zu hören, dass sie ausgezogen sei, dabei hat er es die ganze Zeit gewusst – findest du das nicht auch komisch, Viola, geradezu unnatürlich ?«
»Das will ich verdammt noch mal meinen (entschuldige, ist mir so rausgerutscht)«, sagte ihre Schwiegertochter vehement. Sie freute sich, durch diese Krise wieder Aufnahme in die Familie zu finden. Für Viola war fast jede Art von Zuwendung besser als gar keine. »Weiß es Mr Wither schon?«
»Nein. Madge hat ihn heute Vormittag nach Lukesedge rausgefahren. Sie sind früh aufgebrochen, und die erste Post war
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