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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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Alte«, gab er zurück und schlürfte seinen Tee aus. »Iss sowieso ’n Dreckloch hier. Trink aus, Nellie.«
    »Im Winter war’s gut genug für dich, das ›Dreckloch‹, du undankbarer Mistkerl. Und ich trink meinen Tee aus, wenn ich es will. Und jetzt verschwinde, ich will deinen Dreck wegputzen.«
    Aber der Einsiedler ließ sich nicht hetzen. In aller Ruhe trank er noch eine Tasse, während Mrs Caker mürrisch in ihren kalt werdenden Tee starrte. Ihre Brust tat weh, da wo er sie geschlagen hatte. Draußen im Wald waren die Bäume so frisch und schön, die Luft war so klar, dass ihr der Mief und der Dreck im Haus aufstieß. Sie schämte sich, auch für ihr dreckiges Kleid und für den Landstreicher (mehr war er nicht, ein armseliger Landstreicher), der hier rumstand und seinen Tee schwenkte, als ob er der Herr im Hause wäre. Dabei hatte sie einst neben ihrem Vater auf dem Pony-Gig gesessen, in einem schönen weißen Musselinkleid und einem Strohhütchen mit Mohnblumen drauf. Kein Wunder, dass ich so schlampig geworden bin, bei dem Leben, das ich führen muss. Sie nahm seufzend einen Schluck Tee.
    Der Einsiedler wischte sich den Mund ab.
    »Also dann …« Er beugte sich vor, als wolle er sich von ihr zum Abschied küssen lassen. Mrs Caker duckte sich weg und gab ihm einen kräftigen Stoß, der ihn jedoch nicht mal ins Schwanken brachte. Sein Hieb dagegen fegte sie vom Stuhl.
    Die warme, dunkle, pulsende Intimität des Winters hatte offenbar weder Sympathie noch Wertschätzung zwischen beiden entstehen lassen.
    Der Einsiedler röhrte: »Jeschieht dir recht, du …«, und machte sich dann fröhlich auf und davon zu seiner alten Beatty, mit einem kleinen Abstecher ins Pub. Im Koffer befanden sich sein Schnitzmesser, eine alte Hose von Saxon, ein Bündel schmutziger, vergilbter Visitenkarten mit den Namen Alma-Tadema, J. McNeill Whistler (der Schmetterling in der Ecke war schon fast ganz verwischt), Edward L’Estrange und Holman Hunt. Auch seine BÄRENMUTTER MIT JUNGEN hatte er dabei sowie drei Schilling und zwei Penny, vormals im Besitz von Mrs Caker.
    Es war drei Uhr Nachmittag. Eine geschäftige Stille lag über dem Wald, erfüllt vom Gezwitscher der Vögel, die gelegentlich aus ihren Nestern aufstoben. Mrs Caker rappelte sich bitterlich weinend vom Fußboden hoch und setzte sich wieder an den Tisch. Sie rieb ihren Bluterguss. Sie, die immer sorglos in den Tag hineinlebte, hatte sich nie schlechter gefühlt. Die Hiebe des Einsiedlers (und die herzlose Art seiner Abreise) hatten einen schlummernden weiblichen Stolz in ihr geweckt, vergraben unter ihrer großzügigen Natur und ihrer Schlampigkeit und Trägheit. Ich werd’ bald sechzig, dachte sie. Sechsundfünfzig und hab nichts und niemanden. Ich werd’ im Armenhaus enden, so wird’s kommen. Ach, was soll’s … deswegen iss trotzdem bald Ostern.
    Draußen war ein Geräusch zu hören; jemand kam aufs Haus zu.
    Sie hob widerwillig den Kopf. Es war Mrs Fisher vom Green Lion, adrett und mit missbilligend gespitzten Lippen. Sie trug ein großes Paket, das sie hielt, als ob es eine Giftschlange enthielte.
    »Tach, Mrs Fisher«, sagte Mrs Caker matt, rang sich aber doch ein Lächeln ab. »Was schleppense denn da an?«
    »Das ist für Sie, Mrs Caker.« Mrs Fisher stellte das Paket mit spitzem Mund vorm Haus ab. »Der Postbote war vor ’ner Weile da, aber Sie waren weg. Da ist er zu uns gekommen und hat uns rausgeklingelt; wollte das Paket nicht einfach vor der Tür stehen lassen, es könnte ja gestohlen werden. Von irgendwelchen Landstreichern, das hat er wohl gemeint«, sagte Mrs Fisher mit bedeutungsvoller Miene.
    »Wenn Sie den Dick Falger meinen, der ist weg, und der klaut nicht«, rief Mrs Caker aus (von den drei Shilling und zwei Penny wusste sie ja noch nichts). »Ist das wirklich für mich? Diese Riesenschachtel?«
    Ihre Augen funkelten, Mattigkeit und Niedergeschlagenheit waren wie weggeblasen. Sie kam aus dem Haus gestürzt, packte die Schachtel und trug sie hinein. Dabei verzog sie kurz das Gesicht, denn das Paket drückte gegen ihren schmerzenden Bluterguss. »Schwer isses ja nicht grade.«
    »Was, ist der Alte wirklich weg?«, rief Mrs Fisher.
    »Aye. Is vorhin abgehauen«, antwortete sie gleichgültig, »Luftveränderung oder so was. Ach, helfen Sie mir doch mal, Mrs Fisher, ich krieg diese verflixte Paketschnur einfach nich auf.«
    Nachdem sie eine Weile an den Knoten herumgepult hatten, konnte es Mrs Fisher vor Neugierde nicht mehr aushalten und

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