Der Sommernachtsball
rief:
»Ach Sch… blöde Knoten! Haben Sie kein Messer? Das kriegen wir sonst nie auf.«
»Is nich Saxons Schrift«, murmelte Mrs Caker und säbelte an der Paketschnur herum. Dann hoben sie zusammen den Deckel hoch. Mrs Fisher vergaß in der momentanen Aufregung, dass sie Mrs Caker ja verachtete.
Rosa Seidenpapier. Jede Menge rosa Seidenpapier.
»Ach, mein Gott, was ist es bloß?«, rief Mrs Fisher und hopste aufgeregt auf und ab.
»Vielleicht ’n paar alte Klamotten von meiner Schwiegertochter …«, begann Mrs Caker, doch dann verstummte sie. Geschockte Stille. Langsam, ganz langsam, mit ausgestreckten Armen, hob Mrs Caker einen umwerfenden dunkelgrauen Eichhörnchenpelzmantel heraus, mit einem prächtigen, breiten Kragen aus rauchgrauem Fuchspelz.
»Allmächtiger«, stieß Mrs Fisher flüsternd hervor und vergaß ganz, missbilligend die Lippen zu spitzen. Sie streckte langsam eine raue, abgearbeitete Hand vor und berührte den Pelz. Dann sagte sie in vollkommen überzeugtem Ton:
»Das muss ein Irrtum sein, Mrs Caker. Ganz sicher.«
»Aber er is in meiner Größe, schau’n Sie doch! Haben Sie so was Schönes – Mann, ist der was schön! Ich muss ihn einfach anprobieren.«
»Lieber nicht, Mrs Caker«, krächzte Mrs Fisher, die den Mantel wie eine misstrauische Krähe umkreiste. »Sie machen ihn noch schmutzig.«
Aber Mrs Caker schlüpfte mitsamt ihrer verdreckten, löchrigen Bluse ins Seidenfutter des Mantels. Dann wickelte sie sich darin ein. Wie herrlich weich sich dieser Kragen am Hals anfühlte! Entzückt starrte sie an dem silbergrauen Wunderwerk hinab.
»Steht er mir?«
»Bisschen komisch, so ohne Hut.«
»Ach was, den kauf ich mir nächste Woche.«
»Nellie Caker! Sie wollen den Mantel doch nicht etwa behalten?«
»Und ob, Mrs Fisher!«
»Moment mal – da ist ein Brief.«
Mrs Fisher hatte im Seidenpapier gewühlt, als hoffe sie, doch noch einen Hut zu entdecken, und hielt nun einen Brief hoch.
»Her damit«, sagte Mrs Caker und riss ihn an sich. Sie machte ihn auf und las.
Und plötzlich sah sich Mrs Fisher beim Arm gepackt und aus dem Häuschen gezerrt. Mrs Caker, die mit der freien Hand ihren Mantel zusammenhielt, hetzte den Weg entlang und rief dabei:
»Er ist für mich, Mrs Fisher, für mich! Saxon hat ihn mich gekauft! Er hat ’n bisschen Geld geerbt, sachter, und der is jetzt für mich! Los, kommen Sie schon.«
»Ja wohin denn?«, keuchte Mrs Fisher.
»Na zu Ihnen. Sie haben doch einen großen Spiegel, oder? Oh Mrs Fisher, ich und ’n Pelzmantel! Oh Mrs Fischer, ein Pelzmantel! Oh Mrs Fisher! Ein Pelzmantel!«
Violas erster Gedanke, als sie von Saxons Erbschaft erfuhr, war, dass er nun ja vielleicht Catty helfen könne. Sie setzte sich sofort hin und schrieb einen Brief an Tina, in dem sie sie bat, ihm von Catty zu erzählen und wie dankbar sie, Viola, wäre, wenn er vielleicht helfen könnte.
Die Neuigkeit hatte sich mittlerweile im ganzen Dorf herumgesprochen. Mrs Cakers Mantel war der Bote, unterstützt von Mrs Caker selbst. Man wusste zuerst nicht, wie viel Saxon jetzt hatte. Mrs Caker war überall zu sehen und prahlte einmal sogar (dem realistischen Barmann gegenüber), dass es so viel wie tausend Pfund sein könnten. Aber das hielten alle für übertrieben, selbst angesichts des Pelzmantels. Sible Pelden hielt sich den Bauch vor Lachen und sagte: »Ach ja?« Dann lief Viola auf der Post Mrs Caker über den Weg, und weil sie sich wegen ihrer Pläne für Catty gut mit Saxons Familie stellen wollte, machte sie sich schüchtern mit Mrs Caker bekannt. Im folgenden, verlegenen Gespräch gab Viola die genaue Summe bekannt, die Saxon geerbt hatte. Und Mrs Caker rannte sofort davon, um es im Green Lion auszuposaunen.
Sible Pelden lachte lauter denn je. So was glaube man schon gar nicht – und man tippte sich vielsagend an die Nase. Bis Tina ihrer Schwiegermutter einen Zeitungsausschnitt schickte, in dem die Summe schwarz auf weiß genannt wurde. Da war selbst Sible Pelden überzeugt.
Nun zog sich das ganze Dorf verbissen und vergrätzt vor den Cakers zurück. Wie alle anderen, so war auch Sible Pelden der Meinung, dies sei des Guten zu viel. Man wollte nicht mehr darüber reden. Mrs Caker musste feststellen, dass keiner mehr mit ihr schwatzen und tratschen wollte. Das Ereignis wurde mit keinem Wort mehr erwähnt und falls doch, dann boshaft und gehässig. Der Pelzmantel war eine Augenweide, und die von The Eagles hatten geschrieben und sie zum Tee eingeladen, aber
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