Der Sommernachtsball
Großteil seines Kapitals in diese Fabrik gesteckt, zusammen mit einem Partner, der auch ein wenig Kapital beisteuert. Man will dort preiswerte Kosmetikartikel herstellen, für die Kette von Schönheitssalons, die Saxon und sein Geschäftspartner in ganz England unter dem Namen »Glamour, Limited« eröffnen wollen. Seine bescheidenen Wurzeln, sein gesunder Menschenverstand und sein Ehrgeiz halten ihn entschlossen auf den konventionellen Pfaden, die andere erfolgreiche Männer vor ihm beschritten haben. Einst hat Tina gehofft, dass er mit seinen Talenten etwas Außergewöhnliches anstellen wird, aber mit den Jahren gewöhnt sie sich daran, dass er nichts weiter tut, als immer mehr und mehr Geld zu machen, das er nur mit Vorsicht und ohne große Freude ausgibt. Er ist ein gut aussehender, nüchterner, eher humorloser Mann, der sein gutes Aussehen zum Glück an Zoë, seine einzige Tochter, vererbt.
Zoë ist Tinas ganze Freude, umso mehr, als die Jahre vergehen. Sie bleibt ihr einziges Kind, weil die Schwangerschaft so hart gewesen ist und alle möglichen teuren Ärzte Tina abraten, weitere Kinder zu bekommen. Aber sie will auch eigentlich gar keine mehr. Zoë, die vom Aussehen her nach dem Vater kommt, aber den Mut und die Ehrlichkeit ihrer Mutter geerbt hat, soll alles werden, was ein Mädchen mit einer reichen, aber vernünftigen Mutter nur werden kann; und seltsamerweise wird sie das auch.
Saxon und Tina sind glücklich. Sie bleibt bis an sein Lebensende seine beste Kameradin. Aber je älter sie werden und je erfolgreicher Saxon als Geschäftsmann und Geldscheffler wird, desto seltener denken sie an ihre seltsame, zwielichtige Romanze oder reden darüber. Sind das wirklich wir gewesen?, denken sie und tauschen verstohlene Blicke, wenn etwas sie an die kleinen Straßen und Wege um Sible Pelden oder an die Abende im Rackwater erinnert.
Saxon wird immer unnötig hart arbeiten, und Tina wird nie ganz begreifen, warum. Es ist ihm selbst nicht bewusst, dass er deshalb so hart arbeitet, weil er das Gefühl hat, sein Vermögen nicht seiner eigenen Hände Arbeit, seinem Verstand und seiner Entschlusskraft zu verdanken, sondern der Wirkung seiner Schönheit auf eine nach Liebe dürstende Frau und auf einen einsamen alten Mann. Die feinere Seite seiner Eitelkeit, die bereit war, hart zu arbeiten, um sich zu beweisen, konnte nie richtig zum Zug kommen, und so hat er immer das vage Gefühl, irgendwie betrogen worden zu sein. Den Fettärschen hat er’s zwar gezeigt, aber alles, was die sagen, ist, dass manche einfach bloß Glück haben, und sie bewundern ihn überhaupt nicht. Noch viele Jahre, bis es einfach zu lange her ist, plagt ihn, wenn er und Tina zum Dinner ausgehen, der Gedanke, die Leute würden glauben, er sei Mr Spurreys Liebhaber gewesen.
Er und Tina und Zoë werden ein stilles, häusliches, zufriedenes, aber gesellschaftlich ereignisloses Leben führen. Tina wird manchmal schmunzeln, wenn sie daran denkt, dass sie einst befürchtet hat, er könne überschnappen. Saxon … dieser nette, anständige Junge, der, wie sie jetzt weiß, ebenso wenig ein junger Wolf oder ein Halbgott ist wie die Bank von England! Man lernt eben nie aus.
Mrs Caker sitzt ebenfalls hinten beim Ausgang, sie ist spät gekommen, und die vorderen Reihen waren schon besetzt. Sie und Tina lächeln einander scheu, aber freundlich zu. Mrs Caker glaubt, dass sie jetzt, wo sie in einem kleinen Apartmentblock in Chesterbourne lebt und sich von einer Reihe von vorlauten, flatterhaften Mädchen versorgen lässt, von denen sich keine lang bei ihr hält, »respektabel« geworden sei. Aber sie ist die Einzige, die das glaubt. Sie hat sich mit einigen verwitweten Wirtinnen angefreundet und mit mehreren zweifelhaften Strohwitwen in ihrem Alter und aus ihrer Schicht. Und wie viel Spaß sie haben! Sie sind in der ganzen Gegend bekannt und berüchtigt, und sämtliche Vertreter von ganz Essex gehen bei ihnen ein und aus. Auch kennt man sie natürlich in allen umliegenden Pubs und Wirtshäusern. Sie lassen sich mit dem Taxi kutschieren oder auch in den Automobilen der Vertreter, sie feiern ganze Nächte durch, bis sich die Nachbarn beschweren, hauen sich kreischend vor Lachen auf die Schultern und freuen sich, dass sie von sich reden machen. Chesterbourne wird lange brauchen, um sich von ihnen zu erholen.
Mrs Caker wird im Laufe der Zeit merken, dass sie von ihrem Sohn und von ihrer Schwiegertochter still und heimlich fallen gelassen wird. Da aber das Geld
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